Kapitel 17

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Ins Ungewisse

Die Fahrt wird lang. Wir sind gerade erst los gefahren. Ich hoffe mein Arsch macht diese Fahrt mit. In meinem Kopf schwirren so viele Gedanken, manche schöne und gute und andere die ich gar nicht erst auffassen will.

Wir fahren jetzt schon seit Stunden und meine Tankanzeige will mir verklickern, dass ich Tanken muss, aber ich will noch nicht absteigen. Ich fahre zwar schon lange im stehen, aber bloß nicht stehen bleiben. Ich fahre vor, zum Fahrerfenster zu Daniel. Ich zeige erst auf das Motorrad und tue dann so als würde ich etwas trinken. Er hat es verstanden, er nickt und zeigt mir Daumen hoch. Bedeutet er hält an der nächsten Tankstelle.

Nach mich vielen Kilometern halten wir an einer. Ich stehe, genau dass was ich nicht machen wollte, aber dafür bleibe ich noch kurz auf der Maschine sitzen, bevor ich den Tankrüssel in den Tank stecke. Erst als wieder aufgetankt ist, stehe ich auf zum Bezahlen. Ich kaufe direkt noch zwei Eis und Wasser. Eine Pause, wenn wir schon mal stehen. Daniel tankt auch direkt. Er freut sich genauso, auf etwas zwischen den Zähnen wie ich. Wir fahren auf die Seite, um die Zapfsäulen nicht zu belegen.

„Es fühlt sich irgendwie komisch an. Wie viele Stunden sind es noch, bis wir bei der Wohnung von deinem Bruder ankommen? Und wie kommen wir da rein."

„Ich weiß nicht genau wie lang, aber wir haben noch etwas weniger wie die Hälfte.-"

„Was? Das hält mein Arsch nicht aus."

„-Oha. Er lädt uns zum Abendessen in ein Diner ein, dort über gibt er uns den Schlüssel und zeigt uns die Wohnung."

„Okay. Dann mal los, ich bin fertig mit meinem Eis."

Er nickt mir zu und schmeißt noch unsere Eisstiele weg. Dann geht es weiter. Mein Arsch tut schon wieder weh, die kurze Pause hat nur für ein paar Kilometer gehalten. Ich freue mich Daniels Brunder kennen zu lernen, wie wird er wohl sein? Wie Daniel, nur mit zwei Beinen, sieht er ihm sehr ähnlich, oder ganz anderer.

Es wird schon dunkel, das ist kein Problem denn ich mag es, aber viel schlimmer ist dass es jetzt kalt wird. Ich habe nur eine dünne Sommer-Protektorenjacke an und auch meine Hose ist nur für den Sommer und gut Wetter-Fahrten. Ich fange das schlottern an. Aber es kann nicht mehr weit sein, so grob weiß ich an welchen Städten ich auf dem Weg nach Chicago vorbeikomme. Wenn es zu kalt wird kann ich ja Daniel anhalten und mir eine dickere Motorradjacke anziehen.

Endlich, Abfahrt Chicago. In der Stadt wird es wahrscheinlich wärmer. Neben uns tauchen immer mehr Häuser auf und diese werden auch immer größer. Es laufen noch Leute auf den Straßen. Es ist sehr viel Verkehr. Die Straßen Laternen gehen gerade an. Ich hatte Recht, hier ist es wärmer. Daniel hat anscheinend einen Plan wo wir hin fahren, denn wir fahren so ein Zick Zack, dass ich komplett die Orientierung verloren habe.

Irgendwann fahren wir direkt auf ein Diner zu, das muss es sein. Ja, Daniel fährt auf den Parkplatz. Ich Parke direkt neben ihm. Als ich das Bein versuche über die Sitzbank zu schwingen, möchte ich am liebsten wie ein Kartoffelsack auf den Boden gleiten. Mein Hintern ist tot, kein Teil mehr von mir, ich spüre ihn nicht mehr richtig, nur noch betäubt vom schmerz. Ich ziehe meinen Helm aus und hänge ihn auf den Seitenspiegel, solange ich mir die Jacke aus ziehe. Dann folge ich Daniel rein.

Eine Person kommt auf ihn zu, etwas älter wie er, vielleicht drei Jahre, aber mit einem flauschigen Bart um den Mund, Daniel hat im Gegensatz zu ihm gar keinen Bart. Sie nehmen sich voller Freude in die Arme, sie beachten mich erst gar nicht. Ich folge ihnen an die Bar, zum Glück kann ich dort stehen bleiben und bin nicht gezwungen mich zu setzen. Dann stellt mich Daniel ihm vor: „Lynn, das ist mein Bruder Rey.
Rey, das ist Lynn von der ich dir erzählt habe."

Er gibt mir die Hand und sagt: „Schön dich endlich kennenzulernen, nachdem mein Bruder so oft von dir geschwärmt hat. Du willst wirklich nicht mit ihm zusammen sein? Ich glaube er liebt dich."

Ich lache nur und bevor ich auch nur irgendwas antworten kann unterbricht mich Daniel. Wir bestellen alle was zu essen. Rey guckt mich die ganze Zeit schon komisch an, wieso ich stehe. Irgend wann ergreife ich das Wort und sage nur: „Ich bin mit dem Motorrad hier."

Von ihm kommt nur ein: „Autsch"

Dann gehen wir wieder los. Ich war beim Essen eher ruhig und habe mich zurück gehalten, die Geschwister hatten einiges zu besprechen. Ich schwingen wieder mein Bein auf das Motorrad und der einzige Gedanke der in mir existiert ist, Och nö.

Diesmal fährt Ray voraus. Wir fahren vielleicht 10 Minuten. Auf dem weg finde ich eine KFZ Werkstatt, sie haben ein Großes Plakat im Eingang „Mitarbeiter Gesucht" hängen, da kann ich ja mal Morgen hin und nach einem Job Fragen.

Wir kommen an. Von uns sieht es aus wie eine alte Fabrik mit Backsteinziegeln, voll cool. Dann erklärt Ray, das uns zwei Parkplätze zu Verfügung stehen und dass das Gebäude wirklich Mal eine Fabrik war, die jetzt in Wohnungen umgestaltet wurde. Ich will das Gebäude unbedingt von innen sehen. Wir gehen über einen Fahrstuhl in den sechsten Stock. Im Fahrstuhl erklärt uns Rey, dass in der Wohnung noch ein zweiter Schlüssel ist und welcher Knopf für die Tiefgarage ist und welcher Sensor für die Haupttür und den Fahrstuhl.

Wohnung 36 steht auf dem Schlüssel, wir laufen zu der dazugehörigen Tür und Rey legt den Sensor auf das Schloss mit einem mahlendem Geräusch geht die Tür auf. Es sieht so cool aus. Alles ist voll edel. Links sind drei Türen, die erste ist ein Zimmer, genauso wie die dritte und die und der Mitte ist ein riesiges Bad, das genaue Gegenteil, wie dass was ich in der Hütte hatte. Rechts ist direkt eine offene Küche, weiter vorne ein Esstisch und davor ein Sofa vor der Fensterfront, das auf einen riesigen Fernseher gerichtet ist. Ray erklärt noch kurz, dass wir nichts Bezahlen müssen, was voll nett ist und dass wir hier gerne für immer leben können. Er gibt mir den anderen Schlüssel vom Tisch und verabschiedet sich dann von uns.

Dann fahre ich mit den Fingern über die Arbeitsplatte in der Küche.

„Daniel, kurze Frage. Kannst du Kochen?"

„Ja, wieso?"

„Wie währe es, wenn du kochst und ich Aufdecken und mich um dem Abwasch kümmere?"

„Du kannst nicht kochen. Wer hätte das gedacht, die große Lynn scheitert am Kochen. Sie kann so viel, aber etwas so unscheinbares."

„Sei ruhig, ich habe nicht nur einmal die Küche meiner Mutter in Brand gesetzt, das meine ich Wort wörtlich. Also riskieren es bloß nicht mich das beweisen zu müssen."

Er lacht auf und sagt dann: „Ist gut.
Ich werde mich diese Woche noch einem Job umgucken. Obwohl wir hätten noch genug Geld hätten um uns damit ewig Zeit zu lassen. Ich will bloß nicht die ganze Zeit hier Rum sitzen."

„Ja, ich auch nicht. Ich habe auf dem Weg hier her eine Werkstatt gesehen die Leuten brauchen. Ich gehe da Morgen hin."

„Ist gut. Holen wir die Taschen hoch und parken um?"

„Ja."

Wir fahren Auto und Motorrad in die Tiefgarage und nehmen die Taschen und meinen Spiegel mit hoch. Das Werkzeug stelle ich auch erstmal in die Wohnung, irgendwo müssten wir noch einen Keller haben, wo ich das rein stellen kann. Aber ich bin so müde und mein Hintern tut immer noch so weh, dass ich nur noch schlafen will.

Als ich hoch komme hat Daniel mir schon meinen Spiegel neben dem Bett aufgestellt. Das ist echt nett von ihm, das jetzt noch zumachen. Er setzt ich auf das Sofa mit einem Bier. Es erinnert mich direkt an das Garagenbier. Ich lege mich quer auf das Sofa um einen Arsch zu schonen.

Daniel steht wieder auf, will er meine Anwesenheit nicht? Da kommt er wieder, er drückt mir auch ein Bier in die Hand und setzt sich dann neben meinen Kopf und legt ihn auf sein Bein. Ich stoße mit ihm an und nehme einen großen Schluck Bier zu mir. Genau das brauche ich jetzt, Ruhe und ein gekühltes Bier.

Ich verstehe gar nicht was er sich da anguckt, aber ich glaube er auch nicht. Irgendwann schlafe ich auf seinen Beinen ein. Ich merke noch wie er mich ins Zimmer trägt, zudeckt und mir eine Strähne aus dem Gesicht wischt.

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