Kapitel 13 - Der Plan

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Juni

Eine Weile saßen die zwei Mädchen noch zusammen und Twila bestand darauf Juni ein wenig Lippenstift auflegen zu dürfen bis diese schließlich grinsend nachgab.
Nachdem sie Twila fest umarmt und sich bis zum Abendessen entschuldigt hatte um ihre neuen Sachen zu ordnen ging sie zurück in ihr Zimmer.
Die Arbeit die neuen Klamotten auf Kleiderbügel zu hängen und an die Stange zu hängen war quälend langweilig.
Und genau deshalb schweiften ihre Gedanken ab - zu ihrem Vater.
Juni presste die Lippen zusammen. Sie dachte an das breite, arrogante Lächeln auf seinem prallen, roten Gesicht als er seine Ansprache über den Sieg gehalten hatte. Ihr wurde schlecht. Bei wie vielen Dinnerpartys und noblen Festigkeiten hatte sie brav und dümmlich vor sich hingelächelt und stets begeistert geklatscht wenn ihr toller Daddy etwas anprieß oder ankündigte - immer ohne zu wissen von was er da überhaupt sprach.
Sie wollte sich selbst fest treten. Und anschließend ihren Vater. Sie wollte dass ihm seine gerechte Strafe widerfuhr. Aber wie sah diese aus? Sie trat von der Kleiderstange zurück und ließ sich auf die Fersen sinken. Ihr Vater liebte seinen Protz, seinen Status. Das große Anwesen im Norden auf dem sie aufgewachsen waren, die vielen anderen Landsitze weiter draußen, außerhalb der Stadt. Joseph Campbell besaß zudem unzählige Oldtimer, Nobelkarossen und Motorräder obwohl seine wilden Draufgängerjahre schon lange zurücklagen. Was wäre wenn die Parrots diese stahlen? Es würde einiges an Geld dabei herausspringen. Für einen der Oldtimer allein schon. Aber würde das ihrem Vater überhaupt genug wehtun? Nein. Sie war noch nicht zufrieden mit der Idee.
Genau genommen hatte Atlas gut kalkuliert und seinen verwundbarsten Punkt getroffen - seine Kinder. Seine Erben. Seine Familie und obendrein die Zukunft seines schrecklichen Imperiums. Aber das Lösegeld fiel leider flach.
Plötzlich wurde Juni heiß.

Aber was wenn doch nicht?
Sie bekam Herzklopfen, so aufgeregt war sie. Augenblicklich sprang sie auf und rannte aus dem Zimmer. Barfuß flog sie durch die Flure und die Treppen hinauf - bis in den letzten Stock zu Atlas' Arbeitszimmer. Sie vergaß sogar zu klopfen. Der Anführer saß an seinem Schreibtisch und brütete über einem Haufen Papiere. Der obligatorische Tee war gegen eine Flasche Wiskey getauscht worden, aus der bereits das Meiste fehlte. Kein gutes Zeichen. Kurz blickte Atlas auf als sie hereingerumpelt kam, nahm aber kaum Notiz von ihr. "Ich hab keine Zeit, falls dein Bruder mal wieder etwas ausgefressen hat." Er klang müde und überarbeitet. Juni kam zu ihm und legte die Hände flach auf die Schreibtischplatte. "Atlas, wie viel hast du für Marley und mich angesetzt?"
"Eine halbe Million. Wieso?" Sie machte große Augen, riss sich aber schnell zusammen. Das war ohne Zweifel viel Geld, aber viel zu niedrig gepokert.
Juni verzog die Lippen zu einem gefährlichen Lächeln. "Bist du schonmal einen Mustang gefahren?" Jetzt sah er sie an. "Denn den bekommst du wenn wir uns in etwa das Zehnfache von diesem Lösegeld geholt haben. Verdammt, du bekommst ein Dutzend von ihnen." In Atlas Gesicht las sie Skepsis. Kein Wunder. Bei fünf Millionen Kronen hätte ihr vermutlich jeder einen Vogel gezeigt. "Meine liebe Juni, wie stellst du dir das vor? Lösegeld ohne Geiseln?" Er schraubte die Wiskeyflasche auf und trank einen großen Schluck ohne den Blick von ihr zu nehmen. Sie lächelte siegessicher. "Aber die hast du doch, Captain. Genau vor deiner Nase." Sie nahm ihm die Flasche aus der Hand und genehmigte sich einen Schluck. Als das Brennen in ihrer Kehle aufhörte setzte sie sich zu ihm und begann ihren Plan zu erklären. Mit jedem Wort hellte sich die Mine des Rebellenkönigs etwas auf. "Du kleines Biest. Wäre ich nicht so unglaublich gut in meinem Job würde ich dich glatt zur Chefin erklären."

Sie waren zusammen hinunter zum Abendessen gegangen und Atlas hatte verkündet dass in einer Stunde eine Konferenz in seinem Arbeitszimmer stattfinden würde. Er schärfte jedem Anwesenheitspflicht ein. Dabei machte er bei Henry, Bruno und Marley keine Ausnahme. Sie waren nun vollständige Mitglieder der Parrots und hatten die Pflicht - und die Ehre - sich in die Angelegenheiten miteinzubringen. Genau wie Juni waren sie entscheidend für den gesamten Plan, so hatte ihr Atlas erklärt.
Dank Juni waren sie überhaupt auf die Idee für den Plan gekommen, Atlas plante die Herangehensweise. Er war nunmal der weitaus erfahrene Stratege. Jede Feinheit konnte über Leben und Tod entscheiden - und so hatten sie die Zeit vor der Konferenz dazu genutzt Zeitpläne aufzustellen, die nötigen Soldaten aufzulisten und wichtige Daten zu dokumentieren. Eingeschlossen unglaublichen Insiderinformationen an die Atlas bereits seit Jahren versuchte heranzukommen, wie er Juni erzählte. Genaue Zeiten der Wachablösung auf dem Anwesen, die Anzahl der Wächter, Kameraüberwachung sowie fernzündbare Sprengsätze auf den Grünflächen. Zwar war Juni nie sonderlich in die Geschäfte ihres Vaters involviert gewesen, doch als beinahe einziges Kind in einem gigantischen Haus lernte man zuzuhören - und zu erforschen.
Mit diesen Informationen war es laut Atlas tatsächlich möglich ihre Idee in die Tat umzusetzen - und der junge Anführer hatte bereits bewiesen dass er der König der gut ausgeklügelten Missionen war.
Für Juni gab es keinen Zweifel; sie würde ihm folgen. Egal, wohin er sie führte.

The Parrots - Eine RebellionWo Geschichten leben. Entdecke jetzt