Grau

97 3 0
                                    


Ich habe aufgrund gravierender Logikfehler viele Szenen (Gespräche zwischen Touko und ihrer Mutter + Bell, wo es um die Drachen und N geht) am Anfang neu geschrieben (22.12.20) xD

29. K A P I T E L ║ Grau

»Ihn können sie im Gegensatz zu dir nicht kontrollieren, aber sie werden es versuchen.«



Es war nur für eine kurze Zeit, doch ein Mann hatte es geschafft, die Einall-Region und das, was sie ausmachte, zu zerstören. Es existierte seit Anbeginn der Zeit die Polarität – Schwarz und Weiß. Niemals gab es nur eine Sicht der Dinge oder einen Weg, um ein Problem zu lösen. Einall war vielfältig und in dieser Vielfalt war es den Menschen möglich, in Harmonie zu leben. Jede Seite hatte ihre Daseinsberechtigung, alles war möglich, keine Ansicht wurde gänzlich unterdrückt.
Dann kam G-Cis, der mit seinen Idealen das reine Schwarz und Weiß zu einem tristen Grau vereint hatte. Niemand konnte sich ihm widersetzen, weil er den Menschen die Energie genommen hatte, die sie zum Leben brauchten. Er nahm ihnen auch den freien Willen, zwischen Schwarz und Weiß zu entscheiden, indem er ihnen sein Ideal aufzwang.
Dies war der Untergang der Region. Sie war letztendlich ein Spiegelbild seiner Innenwelt geworden.
Die Polarität war ein Grundbaustein der Existenz – das hatte G-Cis übersehen. Wo Kontrolle ausgeübt wurde, gab es Rebellen. Wo Menschen in ihrer Denkweise unterdrückt wurden, entwickelten sich Freigeister. Sein Plan war zum Scheitern verurteilt, denn die Polarität ließ sich nicht ewig unterdrücken.
Es war das, was Einall ausmachte, was ihn besiegte. Schwarz oder Weiß, Weiß oder Schwarz. Dass es immer Gegenstimmen zur führenden Meinung gab, war kein Fluch, sondern ein Segen.

Reshirams brennender Schweif erhellte unzählige Gesichter, als es mit einer Horde Kampfhubschrauber die Liga überflog und auf einem der Türme landete. Nachdem Plasmas Soldaten ehrfürchtig zur Seite gewichen waren, sprang es auf den Platz hinunter und hob anmutig seinen Kopf.
N fuhr verwirrt mit einem Daumen über seine Wange. Er hatte den ganzen Flug lang im Schlaf geweint. So verbittert, dass selbst Touko mit ihren Tränen zu kämpfen hatte. Als er die Menschenmenge sah, richtete er sich automatisch auf und setzte eine imaginäre Maske auf, damit niemand seine Trauer sah. Das konnte er gut, doch seine Emotionen waren unberechenbar und ließen sich nicht ewig verstecken.

Der Kampf war vorbei. Die Feuer wurden gelöscht und die meisten Pokémon hatten sich in die Wälder zurückgezogen. Viele Menschen hatten sich bei der Liga versammelt. Die meisten von ihnen waren jene Soldaten, die N folgten. Sie alle verbeugten sich tief, als er vom Drachen sprang und Touko eine Hand reichte. Es war still geworden, weil keiner von ihnen ein Wort sagte.
Die acht Arenaleiter Einalls, die Top 4, viele Polizisten und eine Biker Gang hoben sich aus der Masse ab, da sie noch immer aufrecht standen und verdutzt auf die Menschen in weißer Kluft herabsahen. Völlig synchron richteten sich diese wieder auf.

»N.« Touko griff nach seiner Hand und sah gehetzt um sich. »Das ist gruselig.« Ein paar riefen seinen Namen und weinten. Als er langsam durch die Menge ging, berührten sie ihn, als wollten sie sich vergewissern, dass er real war und keine Illusion. Touko blieb dicht bei ihm und zuckte jedes Mal paranoid zusammen, als auch sie von ein paar weißen Händen berührt wurde.
»Lord N!« Rosy war diejenige, die ihm nicht aus dem Weg ging. Sie verbeugte sich abermals tief. Die unterwürfige, verliebte Art, mit der sie ihn ansah, machte Touko nervös. »Lord N«, wiederholte sie, mit Tränen in den Augen, »das Schloss hat sich vor unseren Augen in Luft aufgelöst!«
Er zog seine Augenbrauen zusammen, als wollte er fragen: »Bitte, was?«.
Ein kleiner, stämmiger Mann kam angerannt, schubste sie weg und nahm ergriffen den Lederhut von seinem Kopf. »Wir haben schon nachgesehen und 'nen Suchtrupp reingeschickt«, murmelte Turner. »Der mittlere Teil ist nur abgesunken, doch der Rest hat sich einfach aufgelöst. Wie eine Fata Morgana.« Er spuckte auf den Boden und schüttelte sich. »Dieser Ort ist verflucht, verdammt.«
Rosy rieb sich den Arm. »Es war eine Illusion, Lord N! Wir haben in einer Illusion gelebt!«

ℕatural Numbers  [ Pokémon Schwarz / Weiß ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt