Herz

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26. K A P I T E L ║Herz

»Du wirst wieder verlieren.«




»Nun, Touko? Was sagst du zu der erhabenen Gestalt des Legendären Pokémon?« Ausgebreitete Arme, ein stolzes Lächeln auf den Lippen. Der Wind fegte durch Ns Haar und entfachte Funken in Reshirams Fell. Die Drachenstiege war ein richtiges Wrack an Turm, doch nur hier war genug Platz für das Riesenviech.
Toukos Flambirex war nicht mehr aufzuhalten. Die Luft um es herum flimmerte gefährlich, der Dreck an den zerbrochenen Säulen verglühte unter seinen Atemzügen. Es wollte kämpfen – immer noch. Auch nachdem es die Teams von mindestens zwölf Soldaten zerschmettert hatte.
Touko zuckte mit den Schultern und blinzelte abwägend. Feuer spiegelte sich in ihren Augen. »Nicht so heiß wie mein Pokémon.«
N sah über seine Schulter. Ein Mundwinkel zuckte enttäuscht. Umso feierlicher sprach er weiter: »Es ist erschienen, um an der Seite des Helden zu kämpfen, der uns den Weg in eine neue Welt zeigen wird! Ich breche jetzt mit Reshiram auf zur Pokémon Liga und bezwinge den Champ! Dies wird das Ende der Pokémon-Kämpfe und der Knechtschaft besiegeln! Endlich werden die Pokémon wieder in Freiheit auf der Welt leben können.« Der Drache breitete seine Flügel aus, ließ sie nach unten schnellen und schoss in die Luft. Touko kniff ihre Augen zu, da eine weitere Dreckwolke in ihre Richtung gefegt wurde. N lachte leise und wandte sich ihr zu: »Falls du uns aufhalten willst, musst auch du zum Helden werden! Denn nur wenn dich Zekrom, Reshirams Gegenpol, anerkennt, bist du mir ebenbürtig! Nur dann wirst du mich aufhalten können!«
Touko lachte laut und dreckig auf, weil sein letzter Satz so klang, als wollte er ihr mittels einer Dauerwerbesendung 'nen Stabmixer andrehen. Zum Rest seiner feurigen Rede passte es so gar nicht. Vor allem der interessierte Blick nicht.
Flambirex spannte sich an und atmete schwarze Rußwolken aus. Touko stemmte die Hände fest in ihre Hüften. »War das ein Appell?« Sie war sich sicher, dass sie keine Gefühle mehr für ihn hatte. Doch als er so herausfordernd sein Kinn hob, verzog sie ertappt ihren Mund. Da war doch noch was. Und nicht gerade wenig.
»Bist du die Unbekannte in der Gleichung auf dem Weg in eine neue Welt?«, sagte er etwas leiser und nachdenklicher. Dann sprach N laut weiter: »Willst du das Band zwischen den Pokémon und Menschen wahren, so finde Zekrom! Zekrom wartet bestimmt schon auf dich, in der Gestalt des Dunkelsteins...«
Und plötzlich rannte er. Und wie er das tat. Reshiram kam von der Seite aus angeflogen, N sprang, hielt sich am Hals des Drachen fest und wurde in den Himmel getragen.

Touko schloss ihren Mund.
»Nicht so heiß wie du.«

ナチュラル


N rutschte unruhig auf Kobalium hin und her, doch sein Blick war starr auf die ehemalige Pokémonliga gerichtet. Die zerstörten Türme schützten sie vor den Blicken der Soldaten, die im Schloss wachten. Doch wenn sie die Bücken erreichten, die noch immer zwecks der Machtdemonstration wie Harpunen in der Liga steckten, würden sie sich nicht mehr verstecken können. »Es ist schier unmöglich, von dieser Seite aus unbemerkt in das Schloss zu gelangen.« Er nickte entschlossen in sich hinein. Kobalium schenkte dem Ex-König einen schiefen Seitenblick.
»Schön«, prustete Touko und ließ die Hände entgeistert auf ihre Oberschenkel fallen. »Na dann können wir ja losreiten!«
N hob einen Finger. »Genau aus diesem Grund haben sie die Sicherheit der anderen Bereiche verbessert. Hier werden uns bloß die üblichen Sicherheitsmaßnahmen begegnen. Zusammengefasst: Wir haben an der Frontseite die besten Chancen. Vertraue mir einfach.«
Das Blöde war, dass es in der Nähe des Schlosses nichts als Tundra gab. Keine schützenden Bäume, keine Felsen, hinter denen man sich verstecken konnte. Nur Sand, Trostlosigkeit und vielleicht mal ein Geronimatz, das sich verirrt hatte. Der gesamte Bereich war hell erleuchtet und nicht gerade die passendste Stelle, um sich an den Soldaten vorbei zu schleichen. Räuspern. »Wie dem auch sei. Mir ist es gleich, wenn man uns zum Schloss reiten sieht. Das Wichtigste ist, dass wir im Schloss unsichtbar bleiben, bis der richtige Moment gekommen ist. Es gibt viele Möglichkeiten, sich dort zu verstecken. Das ist das Erste, was du tun musst, Touko! Selbst wenn hunderte Soldaten hinter dir her sind, darfst du sie nicht angreifen! Ver-«, er stockte und kämpfte kurz mit seiner Beherrschung, »Verstecke dich einfach, Touko.«
Sie brachte sich wortlos in Position. Wahrscheinlich hatte N recht. Sie traute sich jedenfalls nach so vielen taktischen Reinfällen nicht mehr, ihm zu widersprechen.

ℕatural Numbers  [ Pokémon Schwarz / Weiß ]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt