Gefangen

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Gegen Abend klopfte mein Großvater an die Tür. ,,Möchtest du noch ein bisschen auf dem Deck mit mir spazieren gehen?'' Ich bejahte und zog mir noch schnell einen Mantel über, da es mittlerweile unangenehm kalt geworden war. Schließlich hakte ich mich bei meinem Großvater unter und wir gingen an Deck. An Deck wehte ein eisiger Wind und der Geruch von Salz lag in der Luft. Der Himmel war sternenklar und das Mondlicht spiegelte sich auf dem Meer. Wir schlenderten über das Deck und plauderten über den Tag. Als wir an der Brücke vorbei kamen blickte ich nach oben. Dort stand jemand. Die Person hatte die Arme über das Geländer gelehnt und schaute in die Nacht hinaus. Das Mondlicht fiel auf ihr Gesicht. Dort stand der fünfte Offizier Harold Lowe. Sein Blick schien sich in dem pechschwarzen Meer zu verlieren. Mein Herz schlug höher, bei seinem Anblick und ich musste lächeln. Großvater hatte meinen Blick wohl bemerkt. ,,Edda, hast du schon Bekanntschaft mit Offizier Lowe gemacht ? Du wirktest heute morgen so erschrocken aus, als ich ihn dir vorgestellt habe.'' ,,Ich habe ihn gestern an der Reling getroffen, als die Titanic ablegte'', antwortete ich. Das war zwar nur die halbe Wahrheit, aber immerhin nicht ganz gelogen. Forschend musterte er mich, fragte aber nicht weiter nach. ,,Morgen Abend ist das Kapitänsdinner und ich würde dich bitten auch daran teilzunehmen.'' ,,Ja, natürlich.'' Bisher hatte ich es geschafft mich vor der ersten Klasse zu drücken, aber damit wäre es wohl morgen vorbei. Ich mochte die Leute der ersten Klasse nicht. Sie waren oberflächlich und bei ihnen ging es nur um Geld. Als Frau bestand deine einzige Aufgabe darin, hübsch an der Seite deines Mannes zu stehen, zu lächeln und allem zuzustimmen, was er sagte. Auf einmal fühlte sich alles so schwer an. ,,Ich werde mich jetzt zurückziehen'', er umarmte mich noch einmal, bevor er ging. Ich sollte eigentlich auch schlafen gehen, aber ich wollte noch ein bisschen an der frischen Luft bleiben und die Sterne anschauen. Ich setzte mich auf eine Bank. Aufeinmal fühlte ich mich so gefangen auf diesem Schiff. Ich zog meine Kniee an die Brust und umschlang sie mit den Armen. Eine Träne kullerte über mein Gesicht. ,,Hey'', eine leise Stimme ließ mich hochschrecken.

Gib niemals auf - TitanicWo Geschichten leben. Entdecke jetzt