31 - Das Zeichen

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Das Zeichen

Es waren Tage vergangen, seit sie zusammengebrochen war. Seither ging sie Offizier Claudios ziemlich erfolgreich aus dem Weg und versteckte sich in ihrem Zimmer, sobald er seinen Dienst beendet hatte. Auch er schien nicht mehr mit ihr sprechen wollen. Jedesmal wenn sie einen Raum betrat, indem er sich befand, senkte er den Kopf und murmelte etwas, bevor er sich aus dem Staub machte. Natürlich war es Phillip längst aufgefallen, dass irgendetwas nicht zu stimmen schien, doch auf seine Fragen fand sie immer eine ausweichende Antwort. Schliesslich hatte er es aufgegeben. Vor einigen Tagen war ein Heiler vorbei gekommen und hatte sich den Anfall beschreiben lassen. Wirklich etwas daraus schliessen hatte er nicht können. Offizier Claudios hatte bei der Befragung nicht teilgenommen, obwohl er den Heiler gerufen hatte.

„Helena, hörst du mir überhaupt zu?"

Erschrocken liess sie die Nadel zu Boden fallen. Phillip verdrehte die Augen. Er sass ihr gegenüber im Gemeinschaftsraum und musterte sie genervt. Er hatte ihr irgendetwas über seine Arbeit im Garten berichtet, doch sie hatte nach einer Weile nicht mehr zugehört und war in ihren Gedanken versunken. Phillip hatte sonnengebräunte Haut und durch die mühsame Gartenarbeit und das Schleppen der Kessel, einige Muskeln bekommen. Manchmal waren sogar schon irgendwelche Mädchen aus der Stadt zum Wächterhaus gekommen, weil sie ihm liebend gerne kichernd vom Gartenhag aus bei seiner Arbeit beobachteten. Helena hatte, als sie ihm das Mittagessen gebracht hatte, auch schon gehört, das welche sich mit ihm verheiraten wollten und quengelnd an den Röcken ihrer Mütter gezogen hatten. Er hatte jedoch alle Geschenke der Mädchen ignoriert und die Blumen, die sie ihm über den Zaun reichten, den Kranken im Haus geschenkt. Er machte sich nicht viel aus dem Ganzen.

„Kannst du mir wenigstens zuhören, wenn du das Zeug nicht weglegen willst?", fragte er genervt und rieb sich über die Augen.

Seufzend legte sie das Stickzeug zur Seite und drehte sich zu ihm um. Eigentlich hörte sie ihm immer genau zu, doch seit dem Vorfall war sie viel zu abgelenkt gewesen, um ihm wirklich Aufmerksamkeit zu schenken.

„Tut mir leid, ich habe nur...", fing sie an, doch Phillip unterbrach sie mit einer abwinkenden Hand.

„Ist schon gut. Ich verstehe, dass du noch aufgelöst bist, aber könntest du vielleicht nur so tun, als hättest du zu gehört?"

Sie atmete tief durch. Sie war nicht wirklich aufgelöst. Eigentlich wusste sie nicht wirklich, was mit ihr los war. Sie lehnte sich etwas zurück, bevor sie ihre Hände in ihren Schoss bettete.

„Tut mir wirklich leid."

Er seufzte. „Ich erzähle es dir einfach ein zweites Mal."

Etwas beschämt zog sie den Kopf ein.

„Letztens war ich mit Luc draussen und rat, was ich gesehen habe", forderte er und ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen.

Sie überlegte kurz und zuckte dann mit den Achseln. „Keine Ahnung? Ein Einkörnchen?"

„Ach, Helena, sei doch bitte etwas fantasievoller", meinte er und verdrehte die Augen. Sie schüttelte langsam den Kopf.

„Keine Ahnung, was du gesehen hast. Ehrlich."

Eigentlich hatte sie auch nicht wirklich darüber nachgedacht. Viel mehr dachte sie an Offizier Claudios. Sie seufzte. Seit dem Anfall wollte er ihr einfach nicht aus dem Kopf gehen. In ihren Träumen verfolgte er sie ebenfalls. Wahrscheinlich war sie noch irgendwie traumatisiert. Das redete sie sich fest ein, doch tief im Inneren wusste sie, dass sie sich selbst belog. Trotzdem war er ein asozialer Mensch und daran würde seine Besorgnis in diesem kurzen Augenblick auch nicht ändern.

Black BirdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt