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Derek hatte versucht mich von meinen Sorgen abzulenken. Die Atmosphäre war weniger seltsam als ich angenommen hätte, nachdem er mich um ein Date gebeten und ich nicht weiter darauf eingegangen war. Wir übergingen dieses Thema. An Dating war für mich nicht zu denken, auch wenn ich mich geschmeichelt fühlte. Wenn ich daran dachte zog sich mein Magen unangenehm zusammen. Der Gedanke mit jemanden auszugehen machte mir Angst. Bei Jake wäre es etwas anderes gewesen. Er war bereits ein Teil meines Lebens, den ich unter keinen Umständen aufgegeben hätte. Jemand Neuen nah an mich heranzulassen war hingegen furchteinflößend und ich wusste nicht ob Derek dafür der Richtige wäre. Ich glaubte nicht daran, dass ich für ihn das Selbe empfinden, oder auch nur annährend vergleichbare Gefühle entwickeln könnte die ich für Jake hegte.
Er war nett, er war witzig und gutaussehend, aber er war nicht die Person die ich wollte. Es war grausam, aber wahr. Ich wollte keinen von uns beiden in die Situation bringen am Ende festzustellen, dass miteinander auszugehen eine schlechte Idee war.

Die Sonne war bereits vor über einer Stunde hinterm Horizont verschwunden, als wir gemeinsam den Laden verließen. Atemwölkchen verließen in der Sekunde unsere Münder in der wir nach draußen traten. Die Straßenlatern, welche den kleinen Parkplatz erleuchtete flackerte. Wir lachten noch immer über das Paar, welches unsere letzten Kunden für diesen Tag gewesen waren. Die Frau hatte definitiv die Hosen an, während ihr Gatte äußerst verpeilt gewirkt hatte. Derek hatte ihnen sicherlich eine halbe Stunde zu erklären versucht, dass sie sich nichts anschreiben lassen könnten, sondern bar, oder mit Karte bezahlen müssten. Letzlich waren sie gegangen ohne etwas zu kaufen, doch trotz ihrer zusammengestellten Ausrüstung hätten sie ihre geplante Bärenjagt sicherlich in den Wind schießen können. Wer kam schon als Tourist in eine Kleinstadt um gegen das Gesetz zu verstoßen und wildgewordene Bären zu jagen? Die armen Tiere...

Ich wickelte den Schal enger um meinen Hals, zog den Reißverschluss meiner Jacke so hoch wie es eben ging und zog meine Motorradhandschuhe an, an die ich zur Abwechslung gedacht hatte, während Derek abschloss.
Er brachte mich unnötiger Weise bis zu meinem Motorrad und blieb auch an Ort und Stelle stehen, als ich mich beteits aufgesetzt hatte. Mit einem letzten Lächeln verabschiedete ich mich, setzte den Helm auf und fuhr davon. Im Rückspiegel sah ich wie er noch kurz eine Hand aus den Jackentaschen gezogen und mir nachgewunken hatte.

~°~

In der Einfahrt parkte ich neben Bellas Pick up. Ehrlich gesagt überraschte es mich, dass sie bereits von den Blacks zurück war. Es war erst kurz nach achtzehn Uhr. Schnell deckte ich meine Maschiene ab und eilte aus der Kälte ins Warme. Dad war noch nicht Zuhause. Im Erdgeschoss war er still. Zum Glück brauchte ich kein Licht um den Weg zur Treppe zu finden. Bei den Stufen angekommen zählte ich jeden Schritt, sodass ich genau wusste wann ich oben angekommen war. Erst in meinem Zimmer betätigte ich den Lichtschalter. Seufzend ließ ich mich auf mein Bett fallen. Für eine Weile starrte ich, noch immer vollkommen bekleidet, an die Decke. Ich musste an die kleinen Klebesterne denken, die früher in meinem Zimmer in Arizona an der Decke geklebt hatten. Ich hatte diese Sterne geliebt. Auch vom Dach aus, auf das ich vom Dachbodenfenster aus klettern konnte, konnte ich damals den echten Sternenhimmel sehen. Das vermisste ich, die Abende an denen ich einfach auf den Ziegel liegen und nach oben in die Galaxie sehen konnte.
Mit einem Kloß im Hals fiel mein Blick auf meinen Schreibtischstuhl über dem ein großer, roter Pullover hing.
Schwerfällig richtete ich mich auf. Ich steuerte auf das Kleidungsstück zu. Als ich es schließlich in den Händen hielt fuhren meine Finger über den weichen Stoff, als hätte ich ihn zum ersten Mal in der Hand, dabei hatte ich den Pullover in den letzten Tagen andauernd angestarrt als könnte er mir Antworten auf all meine Fragen geben. Ich schlüpfte in meinen Pyjama und zog mir schließlich den roten Pullover über den Kopf. Meine Hände versteckte ich in den langen Ärmeln, während ich die Heizung ein wenig hochdrehte. Nachdem ich zurück auf mein Bett geklettert war kam mir die Erinnerungsbox in meinem Schrank in den Sinn dessen Türen offen standen. Anstatt aufzustehen krabbelte ich ans Fußende und versuchte mich soweit zu strecken, dass ich an die weiße Box herankommen würde. Letzten Endes befanden sich lediglich noch meine Füße auf der Mattratze, während meine Arme und Hände den Rest meines Körpers stützten. Schnaufend zog ich meinen Schatz hervor, ehe ich auf den Händen zurückkroch. Aufgrund meiner Faulheit war die Aktion umständlicher gewesen als es notwendig gewesen wäre. Welch Ironie! In der Kiste befanden sich neben Bildern auch Karten, die ich zu Feiertagen bekommen hatte, witzige Sprüche, sowie Erinnerungsstücke. Ich kramte alles hervor was ich von Embry bekommen hatte. Die kleine Sammlung bildete einen heranwachsenden Haufen auf meiner geblümten Bettdecke. Vorsichtig strich ich mit den Fingern über die Bilder auf denen er zu sehen war in dem Wissen, dass er nun nicht mehr so aussah wie auf den Fotos. Ich versuchte mir unsere letzte Begegnung in Erinnerung zu rufen, doch ich bekam es nicht hin sein damaliges Verhalten mit dem Verhalten von dem Embry den ich kannte in Verbindung zu bringen. Eine ganze Weile lang grübelte ich, doch kam auf keinen grünen Zweig. Ich spürte wie erneut eine Mischung aus Traurigkeit, Ratlosigkeit und Resignation in mit breit machte.
Kurz rang ich mit mir, doch tapste dann über den dunklen Flur. Zaghaft klopfte ich gegen die Tür meiner Schwester. Als ein leises 'Herrein!' ertönte schob ich sie einen Spalt auf. Bella lag auf ihrem Bett, nur ihre Nachttischlampe war an. Sie erhellte den kleinen Raum. Bella laß ein Buch, welches ich ihr empfohlen hatte. Der Anblick des Covers ließ mich leicht schmunzeln.

Twilight - Bis(s) zur DichotomieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt