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Als Embry mich über Sams Schulter hinweg entdeckte fiel das strahlende Lächeln wie in Zeitlupe in sich zusammen. Mit zitternden Knien trat ich auf ihn zu. Unsere Blicke trafen sich.
"Embry?"
Der vertraute Fremde vor mir starrte mich an. Einige Sekunden lang wusste ich nicht woran ich war. In Sekundenbruchteilen huschten tausende Emotionen in ihm umher. Auch wenn seine Miene, sowie sein Körper regungslos waren erkannte ich diese in seinen schokoladebraunen, warmen Augen. Da er keinen Mucks von sich gab versuchte ich die Antworten von seinem Gesicht abzulesen, doch meine Aufmerksamkeit wurde ständig von den vertrauten Zügen auf das Unbekannte gelenkt. Inzwischen war Embry an die zwei Meter groß. Sein Kopf befand sich so weit über meinem, dass ich meinen in den Nacken legen musste, um nicht auf seine nackte Brust zu starren. Seine schwarzen Haare umrahmten nicht länger sein schönes Gesicht. Inzwischen waren sie raspelkurz. Wie von selbst glitten meine Finger zu seinem Gesicht. An der Stelle kurz hinter seinen Schläfen, dort wo sein Haaransatz lag, strich ich über das kurze, dunkle Haar. Es war ein sonderbares Gefühl, fremd. Von ihm strahlte eine Hitze aus, die ich selbst durch meine Kleidung hindurch noch spüren konnte. Meine Berührung schien ihn aus seiner Starre gerissen zu haben. Er brachte Abstand zwischen uns, wobei ein schmerzlicher Ausdruck auf seinem Gesicht erschien. Sein ganzer Körper verspannte sich.
"Embry... Was ist los? Was ist passiert?"
Die Verzweiflung war mir anzuhören. Ich wusste nicht weiter. Mit Vielem hatte ich gerechnet, aber damit, dass ich einen meiner besten Freunde nach zwei Wochen kaum noch erkennen würde wohl kaum. Ich kannte Embry, doch wie er jetzt mir gegenüber stand beschlich mich die Befürchtung, dass ich vielleicht nicht die Person kannte, die sich nun vor mir befand. Etwas hatte sich verändert. Ich konnte es spüren, doch vorallem sah ich es ihm an. Er wirkte beinah verängstigt, aber auch gequält. Seine Miene erweckte den Eindruck er würde unglaublich leiden. Dieser Anblick zerriss mir das Herz.
Mit einem großen Schritt schloss ich die Lücke wieder, die er zwischen uns gebracht hatte. Sein Kiefer spannte sich sichtlich an, ebenso die Muskeln in seinen Armen und in seiner Brust. Als er sich leicht zur Seite drehte, vermutlich um sich von mir abzuwenden, erhaschte ich einen Blick auf seinen rechten Arm. Ich fiel fast vom Glauben ab. Mir klappte die Kinnlade herunter. Auf seinem rechten Oberarm prankte ein riesengroßes, schwarzes Symbol. Es handelte sich um das Selbe wie auf der Haut der anderen drei Männer im Raum. Mit langsamen Schritten umkreiste ich ihn im Versuch mir seinen Arm genauer anzusehen, dabei glitt mein Blick immer wieder von der großflächigen Tättowierung zu seinem Gesicht, den kurzen Haaren, an die ich mich nicht gewöhnen konnte, und wieder zurück.
"Heilige Sch-! Du hast ein Tattoo???!!!", brachte ich schließlich ungläubig und wenig geistreich heraus.
Die Abbildung auf seinem Arm war nichteinmal besonders schön. In einem Kreis befand sich ein Wirrwarr an dicken, schwarzen Linien, die für mich zunächst kein zusammenhängendes Gesamtbild ergaben. Gerade meinte ich soetwas wie zwei Hundeköpfe zu erkennen, da entfernte er sich wieder von mir, wobei er sich scheinbar mit Absicht so drehte, dass ich sein Tattoo nicht länger begaffen konnte.
"Du bist sechtzehn! Das Teil hast du jetzt für den Rest deines Lebens!", erinnerte ich ihn, ehe ich mich zu Sam umdrehte und ihn anpampte. "Er ist erst sechtzehn, Sam! Wieso hast du das zugelassen? Schön, dass er scheinbar versucht dir nachzueifern und ihr urplötzlich die besten Freunde seit, aber ein Tattoo?! Du bist der Erwachsene! Du hättest es besser wissen sollen!"
Mit verschrenkten Armen schüttelte ich den Kopf. In diesem Raum schien ich als Einzige entrüstet zu sein. Einer von Sams beiden Jüngern, wie Embry sie bis vor kurzem noch bezeichnet hatte, wagte es sogar leise zu kichern. Ich schenkte ihm einen Todesblick.
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Twilight - Bis(s) zur Dichotomie
Loup-garouDichotomie: Eine Phase, in der ein Mond oder Planet vom Betrachter zur Hälfte beleuchtet gesehen wird. Bella und Adriana Swan ziehen zu ihrem Vater Charlie in die Kleinstadt Forks in Washington. Keine der Schwestern ahnt, welche Mysterien sich ihnen...