Kapitel 2

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Etwas genervt kam Ferdinand wieder aus dem Klavierraum. Seine Klavierlehrerin war wieder extrem pingelig, was alle möglichen Takt anging. Da er diese Woche auch nur sehr wenig geübt hatte und auch vorhin nicht die Gelegenheit hatte alles nochmal zu wiederholen, hatte das ihn die Situation nur noch schwerer gemacht.

Er erschrak sich fast, als er Luca immer noch vor dem Klavierraum sitzen saß. ,,Was machst du hier?" fragte Ferdinand. ,,Auf dich warten." antwortete Luca. ,,Warum das?" entgegnete Ferdinand kritisch und zog fragend seine Augenbrauen hoch. ,,Weil ich dich vorhin etwas fragen wollte, was ich vorhin vergessen hatte." ,, Schieß los" sagte Ferdinand und setzte dazu an loszulaufen, da er nicht noch unnötig in der Schule herumhocken wollte. Luca fing daraufhin an mitzulaufen.

,,Am Freitag ist diese Home..." fing Luca an. Ferdinand blickte ihn jetzt noch fragender an. Er war zwar schon oft feiern, jedoch nie mit Leute aus seiner Schule. Immer nur mit Freunden aus seinen Kreisen. ,,Ich wollte dich fragen, ob du Bock hast." vollendete Luca seinen Satz. ,,Und warum genau sollte ich das?" ,,Weil ich dich gefragt habe." Ferdinand musste schlucken. Eigentlich hatte er wenig Lust morgen Abend auf eine Party zu gehen, wo er niemanden kannte, zumal er schon mit ein paar Leuten aus seiner Clique verabredet war. ,,Und? Bist du dabei?" hakte Luca nach. Warum eigentlich nicht? Luca scheint ganz nett und schaden tut es nicht sich mal mit ein paar Leuten von seiner Schule zu unterhalten. Er hatte eh nichts zu verlieren. ,,Ja ok. Wann und wo?" ,,19.00 Uhr bei Oscar. Ich kann dich abholen wenn du willst." bot Luca an. ,,ok cool, wenn du willst." Die beiden hatten mittlerweile die Busstation erreicht.

Sie müssen mit dem gleichem Bus nach hause fahren. Beide wohnten in der Südvorstadt in Leipzig. Kein kurzer Weg. Glücklicherweise kam der Bus direkt angefahren. Sie stiegen ein und suchten sich zwei Plätze. Als sie saßen fragte Ferdinand: ,,Warum willst du, dass ausgerechnet ich mitkomme?" ,,Weiß nicht" antwortete Luca ,,Weißt du ich habe gerade ein bisschen Stress mit meinen Kumpels und will da nicht alleine auftauchen." Ferdinand musste schlucken. Klar, nur ein Ersatz. Wie dumm von mir zu denken, dass der beliebteste Junge der Klasse irgendwas von mir wollen würde. ,,Ja klar, kein Ding." erwiderte Ferdinand und schaute aus dem Fenster.

Die restliche Fahrt verlief wortlos, Luca steckte sich nach fünf Minuten seine Kopfhörer in die Ohren, sodass es für Ferdinand unmöglich war noch irgendwelche Worte mit ihm zu wechseln. Als Lucas Station durchgesagt wurde, stand er auf und verabschiedete sich bei Ferdinand mit einem Kopfnicken. Die Bustüren schlossen such wieder und der Bus fuhr weiter. Ferdinand überlegt, was er heute Nachmittag noch machen würde.

Es war mittlerweile nachmittags vier Uhr, er hatte noch ein paar Hausaufgaben zu erledigen, worauf er aber wenig Lust hatte. Er holte sein Handy heraus und rief Milan an, seinen besten Freund, den er schon seit seiner Geburt kannte. Ihre Eltern waren schon immer gut befreundet und da sie Nachbarn waren, hatten sich die Umstände so ergeben, dass sie in der dritten Klasse beste Freunde wurden. Milan wurde von seinen Eltern adoptiert und hatte oft Streit mit ihnen, weswegen er oft drüben bei Ferdinand war und auch gelegentlich dort übernachtete. Die beiden waren quasi Brüder. Es klingelte genau dreimal, als Milan abhob. ,,Joo was geht.." begrüßte er Ferdinand am Telefon.

Ferdinand musste lächeln, seine Laune besserte sich sofort. ,,Hey du. Hast du Bock in ner viertel Stunde rüber zu kommen? Bisschen zocken?" fragte er. ,,Ja klar, bin gleich drüben." antwortete Milan. ,,Perfekt bis dann." ,,Jo" sagte Milan, bis er auflegte. Ferdinand stieg aus dem Bus aus und lief nach Hause. Es nieselte leicht und er zig sich seine Kapuze über. Zu hause angekommen, schloss er auf und betrat die Wohnung. Er warf seine Tasche in die Ecke, zog seine Schuhe und seine Jacke aus und ging in die Küche. Er nahm sich ein Glas aus dem Schrank, befüllte es mit Wasser und lehnte sich an den Küchentresen und trank in großen Schlücken das Glas leer. Dann nahm er sich aus dem Kühlschrank einen Jogurt und löffelte ihn, bis es an der Tür klingelte.

Milan stand davor. Er zog Ferdinand in eine feste Umarmung und beide gingen Richtung Ferdinands Zimmer. Sie setzten sich auf die Couch. ,,Was geht?" fing Milan an. ,,Nicht viel, du so?" erwiderte Ferdinand. Milan seufzte. Er ging zum Fernseher und schaltete ihn ein. Ferdinand beobachtete ihn dabei. Milan war immer der besser aussehende der Beiden. Er war groß, hatte einen muskulösen Körper und seine tiefschwarzen Haare fielen ihm über die Stirn. Manchmal trug er eine Brille, aber nur dann, wenn er zu Hause war, alleine oder mit Ferdinand. Ferdinand wusste es sehr zu schätzen, dass sie beiden sich so nahe standen.

Am nächsten morgen wachte Ferdinand auf und konnte überhaupt nicht einschätzen, wie der Tag heute verlaufen wird. Ob positiv oder negativ. Er hatte das Gefühl, dass heute viel passieren würde. Alleine schon wegen der Party, zu der Luca ihn gestern eingeladen hatte. Immer noch ein wenig deprimiert von der Erkenntnis gestern, dass Luca ihn nur eingeladen hatte, da er dort nicht alleine auftauchen wollte, stand er auf und kramte sich aus dem obersten Schubfach seines Kleiderschrankes eine Jeans und ein schwarzes T-Shirt heraus und zog sich an. Luca würde so etwas nicht anziehen. Er hat einen besseren Stil, zieht sich cool an und ist nicht dabei wie die anderen. Verdammt, warum denke ich über Lucas Kleidungsstil nach, dachte Ferdinand. Er ging in das Badezimmer und putze sich die Haare.

Seine Mutter begrüßte ihn herzlich. ,,Guten morgen Ferdi!" trällerte sie. Ferdinand hat eine recht gute Beziehung zu seinen Eltern, vor allem zu seiner Mutter. Ferdinand liebte sie mehr als irgendjemand anderen, abgesehen von Milan vielleicht, den liebte er auch, auch wenn er es nur selten zugab. In der Küche frühstückte er gemeinsam mit seinen Eltern. ,,Kommt Milan heute wieder nach der Schule vorbei?" frage sein Vater. ,,Nein, er hat noch zu tun." antwortete Ferdinand. ,,Ich würde heute um sieben mit jemandem aus meiner Klasse auf eine Party gehen, wenn das ok ist." fragte Ferdinand seine Eltern. Seine Eltern blickten ihn überrascht an. ,,Aus deiner Klasse?" wiederholte seine Mutter. Sie zog die Augenbrauen hoch und schaute ihren Mann an, der Ferdinand auch fragend anblickte. ,,Ja, ich wurde gefragt, nichts Großes. Darf ich?" hakte er nach. ,, Ja klar.. ich war nur verwundert, weil du selten was mit denen unternimmst." erlaubte seine Mutter.

Sie war froh, dass er auch mal raus kam und Leute aus seiner Klasse um sich rum hatte, nicht immer nur Milan. Sie liebte Milan zwar, fand aber, dass es aus sozial pädagogischer Sicht sinnvoll wäre, wenn er auch mal andere Leute kennen lernen würde. Ferdinands Vater teilte diese Meinung. Ferdinand atmete erleichtert aus. Irgendwie war es ihm wichtig da heute Abend dabei zu sein. Nicht dass er es liebte, mit den Arschlöchern aus seiner Klasse Zeit zu verbringen und Drogen zu nehmen, sonder weil Luca ihn gefragt hatte. Es war zwar nur ein sinnloser, belangloser Grund, aber er hatte ihn gefragt und das zählte in diesem Moment mehr. Warum machte er sich gerade darüber wieder Gedanken? Du hast überhaupt nichts mit ihm zu tun, dachte Ferdinand.

Er packte seine Sachen zusammen, verabschiedete sich von seinen Eltern, sagte ihnen, dass er vor der Party noch einmal nach Hause kommen würde und verließ die Wohnung, um sich auf den Weg zur Schule zu machen.

Just another rainy sunday afternoonWo Geschichten leben. Entdecke jetzt