20. türchen - hot wine?

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Harry seufzte als er in sein Lieblingscafé trat, den Schneematsch von seinem Mantel klopfte und sich dann an seinen Stammplatz ans Fenster setzte. Eigentlich hatte er nicht gedacht, dass er kurz vor Weihnachten so alleine sein würde.

Sein Cousin verbrachte alle Zeit, die er hatte mit seiner Freundin, weil sie sich fast drei Monate nicht sehen würden. Und seine beste Freundin hier in Hamburg, Claire, war mit ihrer und damit auch Harrys Freundesgruppe in den schon lange geplanten Skiurlaub gefahren. Er war nicht dabei, weil er noch nicht in Deutschland gewesen war als sie ihn geplant hatten und so spontan hatte er leider nicht mehr mitgekonnt, sie hatten alles probiert.

Eigentlich hatte er sich darauf gefreut seine letzten Wochen hier mit seinen Freunden zu verbringen und nochmal ordentlich einen draufzumachen (hier durfte man sogar einfach in der Öffentlichkeit auf offener Straße Alkohol trinken...wirklich unglaublich), aber jetzt war er alleine. Es war wirklich frustrierend.

Immerhin war sein Onkel für ihn da, wenn er nicht gerade arbeitete, aber jeden Abend zu Hause und ohne seine Freunde zu verbringen und statt Trinkspielen Scrabble zu spielen war trotzdem nicht so ganz was er sich für die letzten Wochen seines Aufenthalts vorgestellt hatte.

„Hey Harry, was kann ich dir bringen?", begrüßte ihn Jenny, seine Lieblingskellnerkn, die ihm ziemlich mit seinen Deutschkenntnissen geholfen hatte. Vor allem weil ihr Englisch nicht unbedingt so besonders gut war. Er war tatsächlich ziemlich überrascht gewesen wie gut die meisten der Deutschen, die er kennengelernt hatte Englisch sprachen.

Inzwischen war Harry aber deutlich besser geworden und konnte sich mit seinem Deutsch gut verständigen. Auch wenn es schon einige lustige Missverständnisse gegeben hatte (Stichwort „überflüssig" und „überfällig").

„Ähm...ein Stück Schokokuchen bitte. Und Kinderpunsch."

„Klar, kommt sofort." Sie lächelte und machte sich auf den Weg nach hinten. Harry legte seine Tasche neben sich auf die Bank und holte dann sein Buch raus. Immerhin konnte er für seine letzte Prüfung in ein paar Tagen noch lernen. Er war zwar eigentlich wirklich schon bestens vorbereitet (er konnte das meiste im Schlaf), aber zu viel lernen ging gar nicht.

Also holte er auch noch seine Brille aus der Tasche, setzte sie auf, lächelte Jenny kurz zu als sie seinen Kuchen brachte und vertiefte sich dann in seinen Lernunterlagen.

Erst über eine Stunde später sah er zum nächsten Mal auf, weil er hörte wie neben ihm jemand auf Englisch losredete. Ziemlich schnell und mit einem ordentlichen Akzent.

„Können Sie mir vielleicht helfen den Tisch näher an die Bank zu ziehen?", fragte der Typ Jenny. Er saß am Tisch etwa drei Meter neben Harry und gestikulierte wild herum. Normalerweise, wie auch an Harrys Tisch, gab es einmal den Platz auf der Bank und auf der anderen Seite einen Stuhl, beim Tisch von dem Fremden war das allerdings nicht der Fall. Vermutlich hatte sich den irgendjemand anderes genommen. Und der Tisch war ein Stück zu weit von der Bank weg, allerdings waren die Tische extrem schwer, das wusste Harry aus eigener Erfahrung.

„Den Tisch", sagte der Typ etwas langsamer und versuchte dann irgendwie pantomimisch zu zeigen, dass er zu weit weg stand. Jenny allerdings schien den Mann absolut nicht zu verstehen. Sie sah ihn nur hilflos an und stammelte irgendwelche Halbsätze.

Der Typ seufzte. „Okay, können Sie mir dann vielleicht die englische Karte bringen?", fragte er, extra langsam.

„Die englische Karte?" Das Gesicht der Kellnerin hellte sich auf als sie endlich etwas verstand. „Ja klar, kommt sofort." Und damit verschwand sie und der Typ seufzte nur und versuchte selber den Tisch irgendwie näher an die Bank zu ziehen. Er war aber einfach zu schwer. Er schien aufzugeben und sah sich suchend um. Vermutlich nach einem freien Stuhl, den er haben konnte.

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