13. Nicht stehen bleiben

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Kapitel 13: Nicht stehen bleiben

Celeste POV
(Gegenwart, Levis Zimmer):

"Ich erinnere mich. An diesem Tag hatte ich eine Veränderung in mir gespürt. Ich saß dort, glaube ich, eine geschlagene Stunde, bevor ich wieder aufstehen konnte. Es war, als hätte sich nach dieser Stunde in mir ein Schalter umgelegt. Ich fühlte absolut nichts in dem Moment, ich wollte einfach nur noch... stärker werden. Und frei sein."
Sachte nahm ich einen letzten Schluck meines Tees, ehe ich Levi konzentriert ansah. Seine Augen, sie leuchteten plötzlich, hatten einen völlig anderen Ausdruck als gewöhnlich.
"Das war auch der Moment", fuhr ich fort
"in dem ich mich wie ein anderer Mensch fühlte."
Mein Finger glitt sachte über den Rand der Tasse, ich spürte allmählich Ruhe in mir einkehren.
"Vier Wochen später hatte ich in einer Auseinandersetzung Ethan geschlagen. 6 Monate später schloss ich als Beste die Ausbildung ab. Und jetzt bin ich hier, fühle mich in der Zeit zurückversetzt und.. stehe wieder still."
"Nein."
Ich merkte hektisch auf. Levi hatte sich aufgerichtet und zu mir herüber bewegt. Er nahm mir vorsichtig meine Tasse ab, wobei er mich mit seinem Blick steif fixierte. Ein paar einzelne, schwarze Strähnen hingen ihm ins Gesicht, wieder pochte es in mir auf. Was war dieses Gefühl? "Dieses Mal darfst du auf keinen Fall einfach stehen bleiben."
Gerade als er sich umdrehen wollte um die Tassen zurück zu tragen, griff meine Hand reflexartig nach ihm.
Als ich ihn am Arm packte, glitt ihm beinahe das Geschirr aus den Händen.
Über seine Schulter hinweg hatten mich seine glühend grauen Pupillen sofort wieder im Visier.
"Levi", ich ließ meine Hand sachte von ihm gleiten, richtete mich ebenso auf, sodass ich ihm auf Augenhöhe begegnen konnte.
"Danke..."
Er nickte kurz, wandte sich um und stellte die Tassen ab.
Dann drehte er sich wieder zu mir, lehnte sich gegen die Küchenzeile und verschränkte die Arme übereinander. "Wie geht's dir jetzt?"
Sein Ausdruck wirkte etwas sanfter als sonst. Oder bildete ich mir das ein?
"Ich.. fühle mich leichter. Erleichtert." "Das ist gut."
Ich beobachtete wie erneut eine kleine, zottelige Strähne in sein Gesicht fiel. Sie wusste genau, wo sie zu landen hatte, um seine feinen Gesichtszüge zu unterstreichen. Etwas unsicher sah ich runter auf meine Hände.
"Levi, kann ich dich was fragen?"
"Was denn?"
Scheu entgegnete ich seinen Blick dann wieder.
"Ich denke nicht, dass ich es allein schaffe."
"Was meinst du?"
"Ich will nicht wieder wieder wie versteinert stehen bleiben und nichts tun können. Ich will nicht wieder lächeln, ohne es Ernst zu meinen." Langsam bewegte ich mich ein paar Schritte auf ihn zu. Er musterte darauf mich erwartungsvoll.
"Levi, bitte-", ungestüm zog ich eine seiner Hände aus seinen übereinander verschränkten Armen heraus und drückte sie fest. Es interessierte mich nicht, was er davon halten würde. Ich wollte es einfach loswerden.
"Hilf mir, endlich stärker zu werden. Bitte."
Aus Scham hielt ich den Kopf gesenkt. Sollte ich ihm in die Augen sehen? Was würde er sagen? Warum wurde mir plötzlich so heiß?
"Dummkopf!", hörte ich ihn schimpfen, während er abrupt seine Hand aus meinem Griff zog.
Dann spürte ich einen dumpfen Klaps auf meinen Hinterkopf.
"Wofür denkst du hat Erwin dich mir zugewiesen? Dass ich schön brav Titanen abschlachten mit dir spiele oder was?"
Völlig verdattert sah ich ihn wieder an. Seine Hand ruhte noch immer auf meinem Scheitel.
Auch sein Blick wirkte etwas überrascht.

Levi POV:

Wieso sah sie mich so an? Ihr verwunderter Ausdruck hatte mich seltsamerweise auch verwirrt.
"Tss, wärst du sonst jetzt hier?" Plötzlich wirkte es, als würden ihre Pupillen aufleuchten.
Ein mildes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen.
Ein echtes Lächeln dieses Mal, kein Gekünsteltes.
Etwas irritiert strich sie sich ein paar Strähnen hinters Ohr. Ihr unglaublich langes, weißes Haar fiel aber sofort wieder hervor.
"Danke, Hauptgefreiter."
"Tss, du bist wirklich speziell."
"Eh, was?"
"Nichts, schon gut."
Langsam nahm ich meine Hand von ihrem Kopf. Ich hatte gar nicht bemerkt, dass ich sie immer noch auf ihr weilen hatte.
Wahrscheinlich, weil sie mich angesehen hatte, als hätte sie plötzlich einen Titanen vor sich gesehen.
"Jetzt solltest du aber erst mal schlafen und dich etwas ausruhen. Morgen hast du die erste Trainingseinheit."
Ich konnte beobachten wie es in ihrem Kopf arbeitete.
Dann, man konnte deutlich erkennen, wann sie es realisiert hatte, blickte sie grübelnd zur Seite.
"Du hast Ethans Gruppe morgen. Denkst du, das geht für dich klar?" Eine kurze Weile schwieg sie.
Ihren Zeigefinger hatte sie nachdenklich auf ihre Lippe gelegt, als ob es ihr bei ihrem Denkvorgang irgendwie helfen würde. Eher nicht. Ich seufzte tief.
"Celeste, du musst nicht, wenn-"
"Nein, ich will das."
Sie ballte kräftig die Fäuste zusammen.
"Ich möchte mein Bestes geben. Außerdem bist du zur Unterstützung da, Hauptgefreiter."
Hä?
War das für sie denn so ausschlaggebend?
"Levi, ich möchte mich nicht verstecken. Nicht wieder."
Ja, das wusste ich doch.
"Na gut", schnaubte ich schließlich.
"Dann sehen wir uns morgen früh?" "Mhm."
Sie nickte, doch es wirkte ein wenig zögerlich.
"Na wenn du meinst."
"Ja."
"Verstanden, jetzt geh' ins Bett und ruh dich aus."
Nachdem sie mir erneut gedankt hatte, verließ sie schließlich mein Zimmer. Dabei wünschte sie mir nich eine gute Nacht.
So einfach würde das nicht sein, da sie mir reichlich Stoff zum Nachdenken gegeben hatte.
"Fühlte sich wie ein anderer Mensch, ein Schalter habe sich in ihr umgelegt", überlegte ich laut vor mich hin.
Ist es das, was du meintest, Erwin? Er hatte mir damals die Wahl gelassen. Er  hatte mir gesagt, dass sie Hilfe brauchen würde, dass etwas an ihr anders war. Langsam aber sicher würde ich es herausfinden.
Denn sie ließ mich jetzt wenigstens ein Stück hinter die Maske sehen. Die Maske, die allmählich zu bröckeln begann.
Vorsichtig schenkte ich mir eine zweite Tasse Tee ein.
Als die letzten Tropfen im Porzellan landeten, musste ich wieder an ihren trüben Gesichtsausdruck denken. Sie hatte nicht einmal bemerkt, wie sie zu weinen angefangen hatte. Hatte sie all das für sich behalten? Die ganze Zeit? Wusste Erwin davon? Langsam rührte ich in der Tasse. Ein kleiner Strudel bildete sich, ehe ich den Löffel wieder herauszog. Ein Strudel, wie mitten in einem Sturm.
Wie der Sturm, der wahrscheinlich in ihrem Innersten wütete. Ich nahm einen Schluck Tee zu mir.
"Und ich soll ihn aufhalten?"

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Soo meine Poochies, ich möchte nicht, dass es wieder zu lange wird.
Ganz einfach aus dem Grund, weil im nächsten Teil natürlich Celeste versuchen wird, sich nicht von diesen "nervigen Gören", (wie Levi sie nennen würde ;D ) unterkriegen zu lassen.
Wie fandet ihr denn Levis Reaktion? Das würde mich mal interessieren.
Bis dahin, habt eine schöne restliche Woche ❤️❤️❤️(๑°꒵°๑)・*♡

Bildquelle: https://i.pinimg.com/originals/78/a2/b0/78a2b0947f4378a0c8677c613c2c34d1.jpg

Die weiße Chrysantheme (Levi x OC / AoT FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt