Just a cute pic for ya
Etwas ziemlich nerviges kleines betatscht mit klebrigen Fingern mein Gesicht und weckt mich dadurch. Ich blinzele nur durch ein Auge und schnell zieht Anna leise kichernd ihre Hand zurück. Ich tue so, als hätte sie mich nicht schon längst geweckt und kurze Zeit später spüre ich wieder ihre kleinen Finger, die ganz vorsichtig und federleicht meine Nase abtasten. Schnell und plötzlich öffne ich meine Augen und schnappe mit meinem Mund nach ihren Fingern, um sie zu tun als würde ich sie aufessen.
Dafür ernte ich lautes Gequietsche gefolgt von Annas herrlich glucksendem Gekichere - und den stechenden Schmerz in meiner Nase, den ich wirklich nicht vermisst habe. Anna hat ihre Hände schnell zurück gezogen und beobachtet gespannt jede weitere meiner Bewegungen. Ich strecke meine Arme nach ihr aus und versuche sie zu mir ins Bett zu ziehen, aber sie springt schnell aus dem Weg. Challenge accepted. Eine Zeit lang verbringen wir damit ums Bett und durch mein Zimmer herumzutoben, wobei ich den bösen Menschenfresser spiele, der morgens ganz besonders viel Hunger auf kleine Mädchen hat. Nach einer Weile bleibt sie nach vor Lachen und Anstrengung nach Luft schnappend stehen und ich ergreife die Chance, um sie mir zu schnappen.
Sie quietscht und giggelt und versucht verzweifelt sich aus meiner Umklammerung zu befreien, aber ich lasse nicht locker. Als sie immer mehr zappelt ermahne ich sie lachend: "Pass bloß auf, wenn ich mir wegen dir doch noch ganz die Nase breche, dann blute ich absichtlich auf deine ganzen Klamotten!"
Erschrocken sieht sie mit großen Augen zu mir hoch, kann sich ein Grinsen dann aber nicht verkneifen, als ich sie mit extra schweren Schritten zu meinem Bett zurückschleppe.Ich schmeiße sie und dann mich selbst auf die Matratze. Mit Armen und Beinen halte ich sie fest umschlossen gefangen, das ist ein Spiel, das wir früher noch öfter gespielt haben. Ich bin der böse Krake und halte sie mit meinen Tentakeln in meiner Unterwasserhöhle (=mein Bett) gefangen. Schnell, dünn und wendig wie sie ist, ist sie mir trotz meiner Kraft und Größe nicht unbedingt unterlegen, was das Ganze noch lustiger macht.
Nachdem sie sich einige Zeit unter lautem Gekichere und Gequietsche erfolglos zu befreien versucht, gibt sie schließlich auf. Erschöpft sinkt ihr kleiner Kopf gegen meine Brust und wir kuscheln ein bisschen. Das hat mir echt gefehlt, mal wieder fällt mir auf, wie (überlebens-) wichtig diese Nähe zu meiner Familie mir ist. Ich wüsste nicht, was ich ohne diese drei in meinem Leben machen würde. Wie so oft wenn ich mich ruhelos und unausgefüllt fühle, wie es in den letzten Tagen so oft der Fall war, ist die Antwort und das einzige Heilmittel Nähe. Also drücke ich Anna noch ein bisschen näher an meine Brust und sie wehrt sich zur Ausnahme mal nicht. Sie scheint wohl zu merken, dass ich das auch manchmal brauche. Das ist eine Sache, die ich an Anna wirklich bewundere, in den letzten Jahren, als ihre kleine Persönlichkeit quasi explodiert ist, hat sie immer wieder ein unglaublich feines Gespür für ihre Umgebung, Stimmungen und Gefühle anderer Menschen bewiesen. Ich glaube nicht, dass ich das auch schon mit fast fünf Jahren konnte. Naja, man sagt ja Kinder kriegen viel mejr mit als man denkt.
Obwohl ich eigentlich vorhatte, mich heute mal bei Theo zu erkundigen, wie es ihm geht und wie die ganze Sache mit Leni denn jetzt abgelaufen ist, entscheide ich mich jetzt um. Ich muss ganz dringend wieder mal mehr Zeit mit meiner kleinen Schwester verbringen. Gestern als sie mich mit den deutlichen Kennzeichen einer Prügelei gesehen hat, hat sie mich angesehen, als würde sie mich gar nicht kennen. Und es stimmt auch, ich war die letzten Wochen kaum noch Zuhause. Immer unterwegs um entweder Theo oder Leni oder beiden mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.
Und dass die beiden sich villeicht nicht unbedingt genauso hingebungsvoll um mein Wohlergehen bemühen, zeigt sich jetzt auch, denn ein bisschen beleidigt bin ich schon, dass sich Theo gar nicht erkundigt hat, wie es meiner Nase geht, die er mir schließlich, wenn auch unabsichtlich, grün und blau geschlagen hat. Heute sollen mir die Beiden jedenfalls egal sein. Was ihren Streit angeht, sehe ich ihr Schweigen sowieso eher als positives Zeichen, wenn sich bis jetzt noch keiner bei mir gemeldet hat, den ich comforten soll, dann ist es entweder gut für die beiden gelaufen - oder so richtig beschissen. Aber diese Möglichkeit möchte ich jetzt wirklich nicht in Erwägung ziehen.
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Wasting My Young Years
Genç KurguDer 17jährige Sebastian ist glücklich, zumindest meistens. Er versteht sich gut mit seinen Schulkameraden, schreibt gute Noten ohne sich Mühe zu geben. Liest gerne und hat einen mehr oder weniger gut bezahlten Job in der Bibliothek. Hat eine Familie...