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Die nächsten paar Tage vergehen wie im Flug. Lucas zeigt mir ein paar Ecken in New York, die wir auf der Klassenfahrt noch nicht besucht haben. Ich bin die ganze Zeit über nervös, da ich mir fest vorgenommen habe, mit Peter zu reden, wenn ich aus New York zurück komme.

Heute Abend lerne ich Lucas neuen Freund Freddie kennen. Er studiert an der New Yorker Universität Jura und ist zwei Jahre älter als wir. Lucas hat Freddie zu sich nach Hause eingeladen, wo er für uns kochen möchte. Kurz vor Ladenschluss kaufen wir die letzten Zutaten für die Lasagne ein. Ich bin zwar nach wie vor für asiatische Nudeln und selbstgemachte Frühlingsrollen, aber Lucas beteuert, dass Freddie kein Freund der asiatischen Esskultur ist. Nach einer kurzen Diskussion habe ich mich breitschlagen lassen und so stehen wir am Herd und braten das Hackfleisch an. Lucas wirkt etwas nervös und ist nicht ganz bei der Sache, sodass ein Teil des Fleisches am Boden der Pfanne anbrennt. Ich bereite währenddessen die Belchamelsoße vor und fette die Form ein. Lucas' Küche ist nicht sonderlich groß, aber sie ist groß genug, dass wir uns nicht ständig im Weg stehen. Sein Ofen und Herd sind schon etwas älter und erbringen nicht so eine starke Leistung, wie die Küche bei mir zuhause, sodass alles etwas länger dauert.

Nachdem wir die Lasagne in der Auflaufform geschichtet haben, stellen wir sie noch zur Seite und machen uns bereit für den Gästeempfang, denn wir sind noch etwas zu früh dran. Ich suche mir für das erste Kennenlernen mit Lucas' Freund eine schicke, hellblaue Bluse mit Puffärmeln und eine schwarze Skinnyjeans heraus. Meine Wimpern tusche ich leicht und versuche meine Haare mit dem Glätteisen zu bändigen. Lucas hat sich ein weißes Polohemd herausgesucht, das er ebenso mit einer schwarzen Hose kombiniert. Das Outfit steht ihm richtig gut, was ich ihm auch prompt sage. Mit einem Lächeln und der doppelten Portion an Selbstbewusstsein bedankt er sich und streicht sein Oberteil glatt.

Schnell stellen wir die Lasagne in den Backofen, als es auch schon klingelt. Freddie begrüßt mich mit einer herzlichen Umarmung, die mich im ersten Augenblick etwas überrumpelt. Er hat blonde, kurze, leicht gewellte Haare, die im Licht eine Goldfärbung annehmen. Ab und zu, wenn er sein Kopf bewegt, fallen ihm ein paar Strähnchen auf die Stirn. Freddie ist nicht sonderlich muskulös, aber hat trotzdem einen definierten Körperbau. Seine hellblaue Jeans hat er mit einem schwarzen, lockeren T-Shirt kombiniert. Wenn er beginnt zu lächeln, zeichnen sich auf seinem Gesicht leichte Grübchen ab, die ihn gleich noch mehr sympathisch wirken lassen. Vom Äußerlichen passen Lucas und er sehr gut zusammen.

Die Chemie zwischen den beiden stimmt und jeder Blinde würde bemerken, wie glücklich Freddie Lucas macht. Seine Augen strahlen und vor lauter lauter vergisst er fast die Lasagne im Ofen. Beim Essen knöpfe ich mir Freddie vor.

"Also erzähl mal, Freddie. Was machst du so, wenn du nicht gerade am Studieren bist?"

Freddie fährt sich durch das blonde Haar und lehnt die Gabel am Teller an. "Ich spiele leidenschaftlich gerne Tennis und ich spiele amateurmäßig gut Gitarre. Aber ich glaube meine größte Leidenschaft ist die Poesie." Sein strahlendes Lächeln entwaffnet mich.

Wow, damit habe ich nicht gerechnet. Poesie ist doch sehr speziell, aber es gefällt mir. Ich stütze meinen Kopf auf die rechte Hand und schaue in seine grünen Augen. "Schreibst du auch selbst oder liest du nur gerne Gedichte?"

"Ich schreibe auch selbst. Erst vor ein paar Wochen habe ich ein Poesieband herausgebracht. Sie sind vielleicht nicht die besten Gedichte, doch es ist ein Anfang."

Oh, das Buch muss ich mir kaufen, das nehme ich mir fest vor. Poesie gefällt mir auch sehr gut. In den meisten Liebesgedichten steckt so viel Drama und Hingabe, das liebe ich so daran.

"Was für Gedichte schreibst du? Eher Liebesgedichte oder eher dunklere Poesie?"

"Ich würde sagen, von allem etwas."

Will you still love me tomorrow?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt