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Am nächsten Morgen erwache ich mit einem Hämmern im Kopf. Stöhnend schlage ich meine Augen auf und reibe meinen Kopf. Ich glaube, ich hatte noch nie so dröhnende Kopfschmerzen. Eigentlich möchte ich mich gar nicht bewegen, denn dann ist die Gefahr groß, dass es noch schlimmer wird. Noch eine ganze Weile verharre ich eingekuschelt in meine Decke und bete, dass die Schmerzen einfach weggehen. Aber es bringt ja alles nichts, also richte ich mich in Zeitlupe auf. Träge greife ich nach meinem Handy, um auf die Uhr zu schauen. Es ist schon nach 12 und ich erschrecke mich. Yuna und ich wollten doch um eins Essen gehen. Ich springe von meinem Bett auf und merke sofort, dass das keine gute Idee war. Erst jetzt macht sich ein Gefühl der Übelkeit in mir breit und ich schaffe es gerade noch so ins Bad bevor sich mein Mageninhalt entleert. Erschöpft lehne ich an der Wand und verteufle den gestrigen Abend. Was ist überhaupt passiert? Ich habe mit Peter telefoniert und bin dann mit Yuna zurück an die Bar, aber an alles danach kann ich mich nicht mehr erinnern. Gott hoffentlich habe ich nichts angestellt.
Vorsichtig ziehe ich mich am Waschbecken hoch und spüle mir den Mund aus. In dem Zustand bin ich definitiv nicht bereit etwas zu essen. Ich schleppe mich zurück in mein Bett und decke mich bis zum Kinn zu. Hätte ich gewusst, dass man sich am nächsten Tag so mies fühlen kann, dann hätte ich die Finger vom Alkohol gelassen. Mit einer Hand greife ich nach meinem Handy auf dem Nachttisch und rufe Yuna an.

„Ja?", meldet sie sich und klingt deutlich munterer als ich.

„Gott, hätte ich gewusst, dass es mir so dreckig gehen würde, wäre ich vermutlich beim Orangensaft geblieben.", stöhne ich und reibe mir wieder den Kopf.

„So ist das eben." Sie klingt belustigt.

„Ich kann heute nichts mit dir essen gehen. Ich glaube ich kann nie wieder etwas essen." Wenn es mir schlecht geht bin ich noch dramatischer als sowieso schon.

„Das habe ich mir fast schon gedacht. Okay, ich bin in 10 Minuten bei dir. Ich weiß genau, was dir jetzt hilft."

Ich bedanke mich bei ihr und lege auf. Yuna ist wirklich eine gute Freundin. Bis sie an meiner Tür klopft starre ich an die Decke und bemitleide mich selbst. Wie konnte ich auch nur so blöd sein, dabei müsste ich es eigentlich besser wissen.

Yuna ist ausgestattet mit einem großen Carepaket. Sie setzt sich mit einem Glas stillem Wasser zu mir auf die Bettkante und löst eine Kopfschmerztablette darin auf.

„Hier, trink das." Sie reicht mir das Glas und ich trinke es in kleinen Schlücken, damit mir nicht wieder so schlecht wird.

„Was ist gestern eigentlich noch passiert nachdem wir nochmal an die Bar sind?", frage ich sie, unsicher, ob ich die Antwort wirklich hören will.

Belustigt sieht sie mich an. „Du weißt es nicht mehr?"

Ich schüttle den Kopf, was die Kopfschmerzen nicht besser macht.
„Naja, wir haben noch eine Runde Shots getrunken und dann hattest du plötzlich total Lust auf Beerpong. Bevor ich dich aufhalten konnte, hast du schon Logan, aka Footballspieler und Beerpong-König, herausgefordert. Du hattest voll den Lauf und dann sogar gewonnen - da hättest du Logans Blick mal sehen müssen. Aber der hat sich dann wieder gefangen und dann habt ihr euch ewig unterhalten und seinem Blick nach zu urteilen hast du ihn stark beeindruckt."

Ich starre sie mit großen Augen an. „Aber ich bin Peter nicht fremd gegangen oder?"

„Nein, eher im Gegenteil. 90% was ich aufgefasst habe von eurem Gespräch ging darum, wie toll Peter doch wäre und wie sehr du ihn liebst."

Erleichtert atme ich aus und merke erst jetzt, dass ich die Luft angehalten habe. „Und was ist dann passiert?"

„Hm, eigentlich nichts mehr besonderes. Die Party war dann auch irgendwann vorbei und dann hab ich dich ins Bett gebracht. - Ah warte, Check mal dein Instagram." Sie deutet auf mein Handy und als ich die App öffne, bemerke ich erst die vielen Benachrichtigungen. Nervös tippe ich auf mein Profil und entdecke es sofort: ein neuer Beitrag. Oh Gott, bitte nicht. Das Bild ist eigentlich relativ passabel. Es ist schon älter und zeigt Peter und mich auf einer Party. Ich grinse in die Kamera während Peter mich von der Seite ansieht. Ich scrolle zur Bildunterschrift: Was auch immer, wir für immer. Okay, jetzt schäme ich mich doch etwas. Klischeehafter ging es wohl nicht mehr. Peinlich berührt versuche ich mir einzureden, dass es viel schlimmer hätte kommen können. Der Beitrag hat auch im Verhältnis zu meinen anderen Bildern auch relativ viele Likes - was mit Sicherheit an Peter liegt - und einige, ganz nette Kommentare. Auch von Leuten, die ich überhaupt nicht kenne.

Ich lege mein Handy zur Seite und blicke zu Yuna. „Warum hast du mich nicht aufgehalten?"

„Ich habs ja versucht, aber du bist im wahrsten Sinne des Wortes vor mir weggerannt." Hilflos wirft sie die Arme in die Luft.

Ich ziehe eine Grimasse. Yuna greift nach ihrer Tasche und holt ein Paket Toastbrot hervor. Auffordernd hält sie sie mir unter die Nase, doch bei dem Gedanken an Essen wird mir wieder schlecht. Angewidert schüttle ich den Kopf.

„Na los, du brauchst etwas im Magen. Glaub mir, Toast bewirkt Wunder."

Widerwillig nehme ich eine Scheibe und schiebe sie mir in kleinen Stücken in den Mund. Erschöpft lehne ich meinen Kopf an die Wand hinter meinem Bett und ziehe meine Decke etwas höher. Aber Yuna hat recht. Es dauert nicht lange und mir geht es schon besser. Ich merke förmlich, wie der Toast den Alkohol aufsaugt. Auch die Tablette beginnt zu wirken und nach einer weiteren Stunde fühle ich mich schon um Welten besser.
Mein Handy vibriert. Eine Nachricht von Peter. Wie geht es dir?

Frag nicht.

Ich hatte trotzdem keine Lust mit ihm zu reden. An unser Telefonat erinnere ich mich noch recht klar und ein leicht schlechtes Gewissen plagt mich, weil ich ihm nicht mehr geantwortet habe. Zwar gibt es ja an sich keinen Grund für ein schlechtes Gewissen, denn ich hatte ja gar keine Chance zu antworten, dennoch fühle ich mich schlecht. Stöhnend lege ich mein Handy zur Seite und schenke meine Aufmerksamkeit wieder Yuna, die mit dem Zipfel meiner Bettdecke spielt.

Da der Tag sowieso schon gefühlt fast rum ist und ich mich nicht für irgendwas motivieren kann, schauen Yuna und ich noch den ein oder anderen Film, wobei ich davon nicht besonders viel mitbekomme, denn bevor überhaupt Dr. Alan Grant und Ellie Sattler den Jurassic Park betreten, bin ich schon eingeschlafen.

Will you still love me tomorrow?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt