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Leere. Etwas anderes konnte ich nicht fühlen. Nichts als vollkommende Leere. Das letzte Mal hatte ich mich so leer gefühlt, als meine Mutter gestorben ist. Immer wieder spielt sich die Kussszene vor meinem inneren Auge ab. Ein Tränenschleier bedeckt meine Augen, doch ich kann nicht weinen. Ich bin zu geschockt, um irgendetwas zu tun. Ich nehme nur wahr, wie Peter in Zeitlupe sein Kopf dreht und mich entdeckt. Er sieht genauso geschockt aus wie ich. Bevor er jedoch irgendetwas machen kann, gewinne ich die Kontrolle über meinen Körper zurück. Ich drehe mich auf dem Absatz rum und beginne zu rennen, so schnell wie ich noch nie gerannt bin. Hinter mir höre ich Peter, wie er meinen Namen ruft, doch ich will nicht mit ihm reden. Ich will einfach nur weg. Es wundert mich, dass ich durch den Tränenschleier nicht stolpere. Als ich ganz kurz zurück schaue, sehe ich, wie Peter versucht, mir hinterher zu laufen, doch er ist scheinbar zu betrunken, um noch schnell zulaufen.

Es sind nur noch wenige Meter bis zu meinem Auto. Wenige Meter, die ich noch zwischen mich und Peter bringen muss. Während ich so vor mich hin renne, krame ich den Schlüssel aus meiner Tasche und drücke auf den Türöffner. Das Auto reagiert und ich reiße die Autotür auf. Als ich aus dem Fenster schaue, sehe ich nirgendswo Peter. Er muss umgedreht haben.

Vielleicht ist er ja zu seinem neuen Mädchen, um sie weiter zu küssen.

Jetzt kann ich die Tränen nicht mehr zurück halten. Die Schluchzer durchschütteln mich und ich kriege kaum noch Luft. Diese innere Leere scheint mich vollends zu zerreißen. Ich kann an nichts anderes denken, als an diesen Kuss zwischen Peter und dem fremden Mädchen. Es läuft in Dauerschleife vor meinem inneren Auge ab und ich kann es einfach nicht weg denken.

Mein Herzschmerz wird von einer fürchterlichen Wut ergänzt und ich schlage auf das Lenkrad ein. So kenne ich mich gar nicht. Eigentlich bin ich eher der sanfte Typ, aber ich kann es einfach nicht unterdrücken. Meine Gefühle fahren gerade Achterbahn.

Es dauerte bestimmt eine halbe Stunde, bis ich meine Atmung wieder halbwegs unter Kontrolle hatte und die Schluchzer weniger wurden. Meine Gedanken bekommen einen bitteren Beigeschmack. Ich hätte es wissen müssen. Mir war es von Anfang tief im Inneren klar, dass eines Tages ein Mädchen ihre Chance ergreifen würde. Aber ich habe Peter vertraut. Ich habe ihm mein tiefstes Vertrauen geschenkt in der Hoffnung, dass ich den größten Platz in seinem Herzen einnehme. Und dass er vor meinen Augen so auf meinem Herz herumgetrampelt und sie noch mit so einer Zuneigung vorher angesehen hatte, machte alles noch schlimmer. Doch das Schlimmste war, dass er sich nicht gegen den Kuss gewehrt hat. Wenn man in einer Beziehung ist, dann lässt man sich doch nicht so einfach küssen oder?

Jetzt habe ich mein Drama, das ich mir so sehr gewünscht habe. Nur anders.

Ich höre auf zu weinen und stecke mit bösen Gedanken den Schlüssel ins Zünschloss. Bevor ich das Auto starte, klappe ich die Sichtblende herunter und öffne den Spiegel. Ich habe ganz verquollene Augen, doch mein Gesicht ist ganz bleich.

So sieht also ein Mädchen mit gebrochenem Herzen aus.

Bevor ich wieder in einem Meer aus Tränen versinke, starte ich das Auto und fahre los. Am liebsten wäre ich jetzt zu Chris gefahren und hätte mich ausgeheult oder würde mich zu Margot ins Bett kuscheln und sie nach einem ihrer tollen Ratschläge fragen, aber Beide sind im Moment nicht für mich erreichbar.

Zum Glück ist nicht viel los auf den Straßen, denn so richtig konzentrieren auf das Autofahren kann ich mich nicht. Als ich in unsere Einfahrt einbiege, sehe ich, dass in unserem Haus nur noch in Kittys Schlafzimmer Licht brennt. Dad und Trina sind schon früh ins Bett, da sie Morgen früh zeitig zu Trinas Eltern fahren wollen. Gut für mich - dann muss ich mich wenigstens vor ihnen nicht heute Abend erklären.

Will you still love me tomorrow?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt