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Konzentriert beginne ich die Zutaten für die Torte abzuwiegen: fünf Tassen Mehl, eine Tasse Zucker, drei Tassen Milch,...

"Was machst du da?", fragt mich Kitty und setzt sich auf den Hocker vor mich. Verärgert sehe ich sie an.

"Ich war gerade am Abwiegen der Zutaten und wegen dir muss ich jetzt die Speisestärke neu abwiegen, weil ich mich verzählt habe."

Genervt stöhne ich auf und beginne von vorne. Kitty verdrückt sich so schnell wieder wie sie gekommen ist und ich habe die Küche wieder für mich. Dieses Mal schaffe ich alles abzuwiegen ohne abgelenkt zu werden. Mit dem Rührgerät verrühre ich alle Zutaten und fülle den Teig in die Form.

Es dauert bestimmt zwei Stunden bis ich den Kuchen in die perfekte, runde Form mit der Buttercreme bekommen habe und kann mich nun dem Verzieren widmen. Vorsichtig verteile ich die frisch gekauften Perlen und Fondant-Herzen auf der Torte und bin recht zufrieden mit dem Ergebnis. An den Rand der Torte lege ich vorsichtig im gleichen Abstand die übrig gebliebenen Heidelbeeren und prüfe das Aussehen von allen Seiten. Dann stelle ich den Kuchen vorsichtig in den Kühlschrank.

Nach dem Abendessen schauen Kitty und ich noch einen Film, aber ich kann mich gar nicht richtig darauf konzentrieren. In meinen Gedanken bin ich immer wieder bei Peters Geburtstagsparty. Ich freue mich wirklich drauf und bin schon ein bisschen stolz, dass ich seine Freundin bin, aber ich frage mich, wie die ganzen coolen, beliebten Collegestudenten auf jemanden so unscheinbares wie mich reagieren. Vermutlich ist es Quatsch so etwas zu denken, aber ich fühle mich nicht ganz wohl bei dem Gedanken daran und habe fast etwas Angst, ausgeschlossen zu werden. Wobei das Peter wahrscheinlich, hoffentlich, nicht zulassen wird. Was mir aber am meisten durch den Kopf schwirrt ist die Frage, ob Gen da sein wird. Peter hat mir zwar versprochen, dass er sie nicht eingeladen hat und ich habe letztens auch irgendwo gehört, dass sie angeblich einen neuen Freund haben soll, aber ich kenne sie. Ein Teil von ihr wird immer Gefühle für Peter haben und er vermutlich auch für sie. Das Thema sollte eigentlich schon lange vom Tisch sein und ich bin auch wirklich cool damit, aber manchmal kann ich einfach nicht anders, als daran zu denken - und besonders wohl in ihrer Gegend fühle ich mich nach wie vor nicht.

Seufzend versuche ich meine Gedanken abzuschütteln und mich wieder auf den Film zu konzentrieren, was mir aber nicht so recht gelingt. Als der Film vorbei ist, wünsche ich Kitty eine gute Nacht und versuche mein Gedankenwirrwarr mit Lesen abzulenken.

Am nächsten Morgen bin ich schon früh wach und beschließe vor dem Frühstück schon mal die Cookies zu backen. Das Duschen verschiebe ich auch auf später, da ich mir sicher bin, dass ich sowieso beim Backen wieder dreckig werde. Da ich als erstes wach bin, kann ich noch einigermaßen ungestört. Ich freue mich, die neuen Keksvariationen auszuprobieren und kann kaum erwarten, was Peter zu ihnen sagen wird. Fröhlich summend mische ich all die Zutaten und mache mich an die Arbeit.

Heute gebe ich mir besonders viel Mühe mit den Cookies, weshalb es fast den gesamten Vormittag in Anspruch nimmt. Mit einem schnellen Blick auf die Uhr an unserer Küchenwand schrecke ich kurz auf. In zwei Stunden wollte ich schon bei Peter sein, um ihm noch ein bisschen beim Vorbereiten zu helfen. Wie vom Blitz getroffen beende ich meine Arbeit und rase durch die Küche, um alles aufzuräumen. Außer Atem hechte ich die Treppe zu meinem Zimmer hoch und schnappe mir schnell ein paar Sachen, um Duschen zu gehen. Unter dem lauwarmen Wasser bekomme ich wieder einen klaren Kopf. Fieberhaft überlege ich, was ich nicht vergessen darf: die Torte, sein Geschenk, die Kerzen und Figur für die Torte, die Cookies, ein paar Sachen zum Übernachten und einen warmen Pulli, da die Party zum Teil im Garten stattfinden wird. Irgendetwas habe ich vergessen, das weiß ich. Da es mir aber nicht einfällt, komme ich zu dem Entschluss, dass ich nachher nochmal in Ruhe darüber nachdenken werde. Seufzend stelle ich das Wasser ab und greife blindlings nach dem Handtuch, um danach das ganze Bad mal wieder mit meinen tropfenden Haaren unter Wasser zu setzen. Ich ziehe mir bequeme Klamotten an und suche in der großen Schublade zwischen all den Kosmetiksachen nach meiner kleinen Bürste. Genervt finde ich sie zwischen all den anderem Zeugs und rufe laut nach Kitty. An der lauten Musik im Nachbarzimmer erkenne ich, dass sie nebenan ist. Sie ruft nur grimmig „gleich" rüber. Vermutlich habe ich sie mal wieder bei ihren für sie so wichtigen Telefonat mit Brianna gestört. Keine Ahnung, warum sie so oft telefonieren, wenn sie sich sowieso fast täglich sehen.

Während ich mein Gesicht verziehe, als ich vorsichtig durch meine Knoten kämme, stößt Kitty die Badezimmertür auf und sieht mich fragend an.

„Was ist?", fragt sie mit der linken Hand in die Hüfte gestemmt und wedelt mit der Rechten den Dampf vom Duschen vor ihrem Gesicht etwas beiseite.

„Kannst du mir eine schöne Flechtfrisur machen?", bettle ich sie an. Kitty scheint zu überlegen, was in der Regel eher schlecht für mich ausgeht.

„Du musst mir ein Milchshake ausgeben. Im Corner Café. Das ist der Deal." Frech grinst sie mich an.

„Na schön. Dann muss es aber heute besonders schön aussehen." Böse funkle ich sie an und wir reichen uns die Hand, um den Deal zu besiegeln.

Kitty sitzt auf meinem Bett hinter mir und föhnt mir die Haare, während ich meine Schminksachen vor mir sortiere. Heute möchte ich etwas mehr Schminke auftragen, schließlich lerne ich heute einige neue Freunde von Peter kennen und ich möchte den Ruf der berüchtigten Freundin von Mädchenschwarm Peter Kavinsky, die noch niemand so richtig zu Gesicht bekommen hat, gerecht werden. Auf meine Frage, ob Kitty den goldenen oder dunkelbraunen Lidschatten besser findet, hat sie nur den Kopf geschüttelt und mir mit Nachdruck zu verstehen gegeben, dass sie der Meinung ist, dass ich Selbstwertkomplexe habe, wenn ich mich für andere Frauen schminke. Ohne eine Antwort habe ich ihre Feststellung so hingenommen und mich für das Gold entschieden. Den Eyliner muss ich sogar zwei Mal neu zeichnen, bis ich mit dem Schwung zufrieden bin. Doch als ich meinen Lipgloss zu mache und mich nochmal genau im Spiegel mustere, bin ich ganz zufrieden mit dem Aussehen. Kitty hat für ihre Verhältnisse auch sehr lange für die Zöpfe gebraucht, doch auch ihre Frisur kann sich sehen lassen. Von meiner Kopfmitte bis an die Mitte meines Hinterkopfes hat sie aus der Hälfte meiner Haare einen holländischen Zopf geflochten, den sie vorsichtig mit ihren Fingern gelockert hat. Den Rest meiner Haare hat sie gelockt. Ich fühle mich wirklich hübsch. Während ich mich also noch einen Moment im Spiegel bewundere und mich frage, ob das wirklich ich bin, kramt Kitty in meinem Schrank herum und holt aus der hintersten Ecke ein Kleid heraus, bei dem ich fast vergessen hätte, dass es dort hängt. Das Kleid gehört eigentlich Margot, doch nach ihrer Trennung von Josh wollte sie es nicht mehr, denn er hat es ihr damals geschenkt. Mir hat das Kleid damals schon auf Anhieb gefallen und so hat sie es mir geschenkt, doch seitdem habe ich es nicht einmal getragen, aus Angst, dass es Margot an Josh erinnert. Inzwischen aber ist sie ja wieder in festen Händen und ich habe gar nicht mehr daran gedacht, was für ein schönes Kleid ich noch in den Untiefen meines unordentlichen Schrankes hängen habe. Es ist ein dunkelblaues Kleid, das komplett mit Spitzen versehen ist. Mir reicht es gerade so bis an die Knie. Die langen Ärmel enden mit einem Bund, sodass es trompetenähnlich sich an meinen Händen öffnet. An der Taille ist es durch einen schmalen Bund betont und geht dort in mehreren Schichten mit Spitzen zu meinen Knien über. Auch Kitty staunt nicht schlecht, als ich es wegen des kalten Wetters mit schwarzen, durchsichtigen Strumpfhosen und meinen Boots kombiniere. Sie gibt sogar zu, dass es mir besser als Margot steht. Ich lächle sie an und versuche sie in den Arm zu nehmen, aber so flink wie sie ist, weicht sie meiner Umarmung aus. So schnell wie sie vorhin ins Bad reingeplatzt ist, ist sie wieder in ihr Zimmer verschwunden und ich habe noch eine viertel Stunde für mich, bevor ich los muss. Nachdenklich setze ich mich wieder vor den kleinen Spiegel und überlege nochmal, was ich alles brauche. Ich entscheide mich definitiv gegen den Pulli, denn zu dem Kleid passt das einfach nicht. Stattdessen packe ich noch meinen dicken Schal ein und suche lieber meine dickere Jacke heraus. Sicher ist sicher. In meinem Schrank krame ich nach dem schönsten Schlafanzug, den ich habe und suche noch die restlichen Sachen zusammen, die ich zum Übernachten brauche. Ich kann es nach wie vor nicht glauben, dass Dad mir erlaubt hat, bei Peter zu übernachten. Doch ich vermute, dass Trina ihn zurecht gewiesen hat. Schließlich erzählt sie auch immer von ihrer Collegezeit und was es für ein Spaß war, so erwachsen zu werden. Kurz bevor ich losmuss fällt mir ein, was ich vorhin vergessen habe: Dad und Trina haben Peter einen Gutschein für ein gutes Restaurant in unserer Stadt besorgt, sodass er mich zum Essen ausführen kann, ohne selbst etwas zu bezahlen.
Mit einem letzten Blick in den Spiegel schnappe ich mir meine herausgelegten Sachen und laufe die Treppen herunter, um die Cookies und Torte zu holen. Auf den Kuchen stecke ich die Figur und die Kerzen und stecke ihn in eine Tragebox. Bevor ich mich auf den Weg mache, beteuert Dad, dass ich toll aussehe und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Dann schnappe ich mir meine Autoschlüssel und mache mich auf den Weg.

Will you still love me tomorrow?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt