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Gähnend wache ich am nächsten Morgen auf. Als ich auf die Uhr schaue, fahre ich erschrocken hoch. Gestern war ich so in Gedanken, dass ich vergessen habe, mir den Wecker zu stellen. In zwanzig Minuten beginnt mein erster Unterricht, Philosophie!

Hastig wasche ich mir im Bad das Gesicht und putze mir die Zähne, zum frühstücken und duschen bleibt mir keine Zeit mehr. Meine Schlafkleidung schmeiße ich in die Ecke und streife mir das gelbe Kleid über. So viel zum Thema mehr Ordnung. Meine Haare sind zu fettig, um sie offen tragen zu können, also binde ich sie zu einem strengen Zopf zusammen. Schade um die schönen Locken, die ich mir eigentlich drehen wollte. Leicht tusche ich mir die Wimpern und trage den rötlichen Lipgloss auf, der so nach Erdbeere schmeckt. Schnell schnappe ich mir meinen Schlüssel, schmeiße mir den Rucksack über und stürme aus dem Zimmer. Schwer atmend laufe ich auf Yuna zu, die schon ungeduldig vor dem Eingang wartet und auf ihre Uhr tippt, um mir zu zeigen, dass ich zu spät bin.

"Sorry, sorry, ich habe vergessen meinen Wecker zu stellen!", entschuldige ich mich außer Atmen. Kurz stütze ich meine Hände auf meinen Knien ab, um besser Luft zu bekommen. In Windeseile bin ich die vier Stockwerke herunter gesprintet. Oh Mann, ich hätte öfters mit Peter Laufen gehen sollen.

"Halb so wild, aber die guten Plätze hinten können wir vergessen.", antwortet sie gespielt gelassen, aber ich sehe ihr an, dass sie etwas genervt ist.

"Ist es denn so schlimm, wenn man so weit vorne sitzt?" Ich merke, dass ich viel zu wenig mit Margot über den Unterricht am College gesprochen habe, sondern nur über das Leben als Student und was man abends so in den Bars für Outfits trägt.

"Also meine große Schwester in New York erzählt immer, dass vorne die Professoren einen besonders gut im Blick haben und man dort viel aufmerksamer sein muss."

Ich runzle die Stirn. Ist man nicht am College, um was zu lernen?

Es ist, wie Yuna gesagt hat. Die Studenten haben vor allem die hinteren Plätze belegt. Dort sehe ich sie wild auf dem Handy tippen oder miteinander reden. Die Studenten, die weiter vorne sitzen, haben schon vor dem Unterricht ihre Bücher aufgeschlagen, schauen genervt die hinteren Reihen an oder schreiben sich schon Notizen auf. Wovon sie sich Notizen machen, habe ich keine Ahnung.
Yuna und ich ergattern noch zwei Plätze in der Mitte, wo wir noch leise tuscheln können. Bevor wir unsere Bücher herausholen, fängt der Unterricht schon an und eine Professorin namens Ms. Smith versucht verzweifelt, die hinteren Reihen zum Schweigen zu bringen. Nach einer Weile gibt sie es auf und beginnt mit ihrem Stoff.

Der erste Tag am College verlief eher ruhig. In vielen Fächern, wie englische Literatur oder Mathe bekamen wir nur Einweisungen und das ändert sich die Woche auch nicht. Yuna und ich gehen regelmäßig in der Mensa essen, aber die Gerichte schmeckt mir nicht besonders gut. Ich vermisse das koreanische Essen, das mein Vater manchmal kocht und vor allem vermisse ich es, selbst zu backen. Jeden Abend telefoniere ich mit Peter, wie ich es in unserem Vertrag versprochen hatte. Er hat jeden Tag Lacrosse Training und sein Trainer ist viel härter, als der Coach an der High School. Am Wochenende steht die Wohnheimparty des Nachbarwohnheimes an und er freut sich total neue Leute kennenzulernen Wobei insgeheim ich mir sicher bin, dass die Leute sich mehr freuen, ihn kennenzulernen, denn ich habe von Kitty gehört, dass Peter unter den Mädchen der UVA schon der geheime Schwarm ist. Woher sie das weiß, kann ich nicht sagen, aber es wundert mich nicht, denn sie ist mindestens genauso beliebt an der High School, wie Genevieve es war.

Am Samstag bin ich total hippelig, denn wenn Peter sich auch an den Vertrag hält, müsste im Laufe des Tages der Brief von ihm eintreffen. Am Mittwoch habe ich ihm extra nochmal meine Adresse gesagt, damit er bis zum Wochenende den perfekten Brief schreiben kann. Den ganzen Tag kann ich nicht still sitzen, was besonders Yuna nervt, mit der ich mich nachmittags zum Kaffee treffe. Sie kann einfach nicht verstehen, wie ich so nervös wegen einem Brief sein kann. Ihre Exfreunde wären nie bereit gewesen, ihr ein Brief zu schreiben und sie hätte es auch nicht von ihnen erwartet.
Ich glaube aber, dass sie entweder neidisch auf mich ist oder in ihrer Beziehung mal so verletzt wurde, dass sie Männer ablehnt. Hinsichtlich den zwei Antwortmöglichkeiten traue ich mich nicht nachzufragen.

Will you still love me tomorrow?Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt