Teil 6

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"Haben die alle kein Zuhause?", stöhne ich genervt, seit zehn Minuten nähern wir uns nur in Schrittgeschwindigkeit dem Flughafengelände. Alle Zufahrtsstraßen sind dicht und der Verkehrsfunk im Radio redet, ohne Luft zu holen.

"Wir haben noch genügend Zeit", versucht Flo mich zu beruhigen, sein linker Arm hängt lässig aus dem Fenster und der warme Fahrtwind weht uns um die Nase. Stoßstange an Stoßstange stehen wir nun in der Spur zu den Terminals. Das Boarding beginnt anderthalb Stunden vorher und ich trommele mit den Fingern nervös auf meinem Oberschenkel.

"Flo, das Boarding fängt genau jetzt an, die fliegen ohne uns, wenn wir nicht in den nächsten fünfzehn Minuten dort aufkreuzen." Wie kann er nur so ruhig bleiben, sein Handy klingelt in der Mittelkonsole und er nimmt das Gespräch an.

"Wir stehen im Stau, eine halbe Stunde brauchen wir locker noch. Sind die Straßen zum Abflugterminal frei?", er lauscht seinem Bruder und verabschiedet sich von ihm. "Es staut sich nur hier, die Eintracht spielt heute, aber wir haben es gleich geschafft." Der Verkehr links von uns setzt sich langsam in Bewegung und eine Horde Fußballfans fährt grölender Weise vorbei.

"Schwarzweiß wie Schnee, das ist die Scheiße von der SGE", schreit ein junger Mann aus dem Beifahrerfenster, der mit uns auf einer Höhe ist. Flo schüttelt leicht mir dem Kopf, reagiert aber nicht auf den pöbelnden, angetrunkenen Kerl.

"Ey, du arrogantes Frankfurter Arschloch, heiße Perle auf dem Beifahrersitz!"

"Halts Maul und sauf dein Dosenbier, du Prolet", rufe ich ihm zu.

"Hast du das gehört, die Nutte reißt ihre Fresse ganz schön weit auf, oder?!", sagt er zu seinem Kumpel, der am Steuer sitzt. Flo holt tief Luft, knackt kurz mit dem Nacken, beugt sich über meine Beine zum Handschuhfach. Öffnet es und holt seine Waffe raus.

"Was hast du gerade über meine Frau gesagt?", fragt er bedrohlich nach links.

"Lass gut sein, Oliver", versucht der Fahrer die Lage zu retten.

"Was denn?! Sieh sie dir doch an, hübsches Gesicht und ausgerechnet bei so einem Kanaken im Auto, da weiß man doch sofort, was Anmache ist -"

"Halt deine schmierige Fresse oder du erlebst das Spiel nicht mehr", sagt Flo wütend, doch der Kerl stichelt weiter, bis ihm der Geduldsfaden reißt. Er hebt die Hand mit der Waffe in Zeitlupe hoch und stellt seinen Ellbogen auf der Armlehne ab.

"Alter, mach kein Scheiß, mein Kumpel hat ein bisschen viel getrunken und das nicht ernst gemeint. Wir sind schon über vier Stunden unterwegs", mischt der Fahrer sich ein. Ich brauche Flos Augen nicht zu sehen, um zu wissen, welche tödlichen Blicke er den beiden zuwirft. Er schnallt sich ab, beugt sich in das Beifahrerfenster und drückt dem Betrunkenen die Waffe an die Schläfe.

"So du Vogel, der blöde Kanake zeigt dir jetzt, was es heißt, sich mit ihm anzulegen. Entweder du entschuldigst dich sofort oder ich blase dir dein Spatzenhirn weg. Ich zähle bis drei. Eins -"

"Okay, okay tut mir leid, was ich über dich und deine Frau gesagt habe", wimmert er und hebt ergeben die Hände.

Flo lässt sich zurück auf seinen Sitz fallen und legt lachend die Waffe wieder ins Handschuhfach. Der Verkehr auf unserer Spur setzt sich langsam in Bewegung und wir entfernen uns von den Fußballfans.

"Der hat sich bestimmt vor Angst in die Hose gepinkelt. Och Flo, wir kommen zu spät. Wann geht der nächste Flug?"

"Marin hat beim Check in Bescheid gesagt, die Maschine wartet eine halbe Stunde, aber so wie es aussieht, rollt es wieder."

Er behält recht und wir nähern uns rasch dem Parkhaus für Dauerparker. Eilig steigen wir aus, Flo kümmert sich um unser Gepäck, so dass wir in letzter Minute am Boardingschalter ankommen, der nach uns schließt. Beim Laufen fällt mir auf, das wir in Richtung erste Klasse unterwegs sind.

Dark Rose Band 2 ~ Wir ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt