Teil 19

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Nach zwei Stunden knurrt auf einmal mein Magen lautstark und ich bekomme ein schlechtes Gewissen, dass es so lange gedauert hat. Ich sehe noch die Post durch und fahre endlich runter in die Bar. In den Etagen herrscht ein reges Kommen und gehen, bei Aleks ist die Tür verschlossen und am Empfang sitzt Eva mit schwarzen Hotpants, eine weiße bauchfreie Bluse und Overkneestiefel. Die Beine übereinandergeschlagen, kein Wunder das Flo einen Blick riskiert hat, sie ist einfach eine Augenweide. Die Bar ist gut besucht, die Schiebetüren gleiten leisen hinter mir zu und nur gedämpfte Hintergrundmusik schallt aus den Lautsprechern.

Flo sitz an der Theke und beobachtet das muntere Treiben, ich setze mich unbemerkt neben ihn und bestelle ein Wasser bei Vanessa.

"Gefällt dir, was du siehst?", er dreht sich zu mir und sieht mich gespielt gelangweilt an.

"Es ist Wochenende. Ich warte seit über zwei Stunden auf dich und habe mir gerade vorgestellt, wie du an der Stange in sexy Unterwäsche tanzt", Flo greift nach meiner Hand, legt sie in seinen Schritt und rutscht dichter zu mir, damit keiner sehen kann, was hier passiert. Vanessa stellt mir das Wasser hin und ich trinke einen großen Schluck, mein Mund ist staubtrocken. Die andere Hand schiebe ich fest hin und her, bis ich eine deutliche Wölbung bemerke und Flo sie an Ort und Stelle festhält. Er steht auf, zieht mich zwischen seine Beine, ich lege ihm beide Hände auf die Schulter und grinse ihn wissend an.

"Jetzt weißt du, warum ich auch etwas für die Frauen haben möchte, ihr habt hier alles was euer Herz begehrt", sage ich mit sexy Unterton.

"Für die Wirkung in meiner Hose bist ganz allein du verantwortlich, es reicht schon mir vorzustellen, wie du tanzt, und ich werde hart. Lass uns endlich essen gehen, sonst machen wir einen Abstecher in dein Büro", Flo wackelt anzüglich mit den Augenbrauen und ich nähere mich seinem Ohr.

"Vielleicht überlege ich mir eine Privatvorstellung vor unserer Hochzeit", flüstere ich und er kneift mir in den Po.

"Los, Arian und Luana warten bestimmt schon."

"Ciao, ihr Lieben, angenehme Schicht", rufe ich im Hinausgehen, während mich Flo hinter sich herzieht. Am Empfang wandern Evas Augen etwas zu sehr an Flo hoch und runter, als ich mir den Mantel anziehe.

"Tschüss Eva", verabschiede ich mich und werfe ihr einen wissenden Blick zu.

"Schönen Abend ihr zwei", ruft sie und sieht schnell auf das Terminbuch auf dem Tresen, verübeln kann ich es ihr nicht, schließlich ist Flo mehr als attraktiv.
Ich drücke die schwere Tür auf und ein kalter Wind pfeift uns entgegen, Andy und Tom stehen wieder allein an der Tür und trinken heißen Kaffee.

"Oh, das neue Frankfurter-Traumpaar, laut Presse", lacht Andy.

"Na, wenn die das schreiben, muss es ja stimmen", lachen wir mit.

"Marin ist eben wie von der Tarantel gestochen abgehauen, weil Aleks heute keine Zeit hat", sagt Tom zu Flo.

"Der beruhigt sich auch wieder, der hat genug im Swing zu tun, das passt ihm überhaupt nicht", erklärt Flo und zieht mich dichter an seine rechte Seite. Wir verabschieden uns und gehen in die Tiefgarage, der X6 steht Tür an Tür mit meinem Mini, dass ich noch nicht einmal einsteigen kann.

"Purer Egoismus, damit du nicht in die kleine Rennkiste steigen musst", lache ich und Flo hält mir die Tür zur Beifahrerseite auf. Gleichzeitig werfen wir die Türen zu und er lässt den BMW kurz aufröhren, schießt die Auffahrt hoch und hupt kurz in Richtung von Tom und Andy.
Wir fahren zu Giovanni, aber die Parkplätze in unmittelbarer Nähe sind alle besetzt, dass Flo in eine der Seitenstraßen ausweichen muss. Er findet hinter einem Porsche einen freien Platz und fährt verdammt dicht auf. Bei genauerem Hinsehen, stelle ich fest, das es seiner ist.

"So ordentlich wie der geparkt ist, kann nur Arian gefahren sein", lacht Flo.

"Luana hat mir in Durres erzählt, das Parken nicht zu ihren Stärken gehört", grinse ich und er hält mir die Tür auf. Ich schließe die Knöpfe am Mantel, hänge die Handtasche über das Handgelenk und Flo umschließt meine freie Hand mit seiner. Er trägt eine schwarze Bomberjacke von Alpha Industrie, welche seine breiten Schultern extra betont. Leichter Nieselregen begleitet uns auf dem Weg zum Restaurant, ein Blick durch die bodentiefen Fenster zeigt mir, dass alle Plätze restlos ausgebucht sind.
Flo lässt mir den Vortritt und ich schlüpfe ins Warme, Giovanni kommt gerade mit drei Pastatellern aus der Küche und lächelt uns breit an.

"Linda, mi amore, euer Tisch ist der letzte an der Wand. Eure Gäste warten schon. Ich komme gleich zu euch", begrüßt er uns mit seinem italienischen Akzent.

Wir schlängeln uns durch die Tischreihen, Arian entdeckt uns sofort und steht auf, seine Frau sieht noch sichtlich mitgenommen aus. Flo hilft mir aus dem Mantel und ich setze mich zu meiner zukünftigen Schwägerin.

"Geht es dir nicht gut, meine Liebe? War der letzte Ramazotti eventuell doch zu viel?", frage ich mit amüsiertem Unterton.

"Frag nicht, mir war in meinem ganzen Leben noch nie so schlecht", stöhnt sie und nippt an ihrem Wasser. Da kommt auch schon der Chef zu uns an den Tisch, ich bestelle ein Glas Rotwein und die anderen bleiben bei den antialkoholischen Getränken.

"Ich ziehe zu Linda, wir bauen den ersten Stock um. So haben wir auch ein Gästezimmer, ich glaube nicht, das ihr im Gästehaus von Mutter übernachten wollt, wenn ihr uns wieder besuchen kommt. Oder Schwesterchen?"

"Auf gar keinen Fall, ich bin mit allem einverstanden, solange ich nicht mit ihr unter einem Dach schlafen muss."

Ich ziehe verblüfft über die Ehrlichkeit die Augenbrauen hoch und Flo deutet mir mit einem unbemerkten Kopfschütteln an, dass ich nichts weiter dazu sagen soll. Unser Essen wird serviert, ich erzähle von den Umbauplänen mit der neuen Bar, das Matteo die ganze Innenarchitektur übernimmt und Arian verdreht die Augen bei der Erwähnung seines Namens. Luana schaut nur leicht peinlich berührt auf ihren Teller, den restlichen Abend verbringen wir mit ruhigen Gesprächen und einem abschließenden Espresso.
Gemeinsam verlassen wir das Restaurant, die Männer gehen vor, weil sie noch über Geschäftliches sprechen und wir schlendern langsam hinter ihnen her. Luana bleibt auf einmal verwundert stehen und hält mich an der Hand fest.

"Das kann nicht sein, hab ich schon Halluzinationen?!", flüstert sie mit ernster Stimme. Ich folge ihrem Blick, kann aber nichts Auffälliges entdecken.

"Was denn? Hier ist niemand!", sage ich bestimmend.

"Ich hätte schwören können, das ich gerade Rovena gesehen habe. Aber das ist unmöglich", spricht sie leise weiter. Flo und Arian sind nun auch stehen geblieben und sehen uns misstrauisch an.

"Warum trödelt ihr denn so?"

"Deine Frau sieht Gespenster", antworte ich ihm.

"Gar nicht, bei euch bekommt man automatisch Paranoia. Man entdeckt Menschen, die überhaupt nicht hier sein können", Flo schaut seine Schwester mit wachsamen Augen an.

"Wen hast du gesehen?", fragt er ernst.

"Rovena", antwortet sie ihm und stellt sich zu Arian.

"Warum soll sie hier sein? Krasniqi und Avdijaj räumen die Häuser und sind nächste Woche in Berlin. Du hast dich bestimmt verguckt", Flo schließt seine Schwester fest in die Arme und wir verabschieden uns.

Mittwoch fliegen sie schon wieder zurück, weil ein Haufen Arbeit in Durres auf sie wartet und Luana sich um einen speziellen Geschäftspartner in Italien kümmern muss.
Die nächsten Wochen sind vollgestopft bis oben hin, Flo hat die Shisha-Bar von Krasniqi gekauft und seine Läden laufen hervorragend. Im Rose ist nach der Wiedereröffnung der Umsatz gestiegen und die Umbauarbeiten an der Bar, und zuhause, liegen genau im Zeitplan. Meine Mutter verfolgt ihre Werbekampagne akribisch und Anfang Dezember kann ich mir die ersten Stripper ansehen.

Es ist Ende November und richtig kalt, Luana hat Rovena nicht mehr gesehen, wie sie mir in regelmäßigen Telefonaten mitteilt. Flo wollte mir sogar einen Bodyguard an die Seite stellen, was ich schnell abgeschmettert habe, schließlich wohnen wir in Frankfurt und nicht in Albanien. Außerdem ist es verdammt ruhig in der letzten Zeit im Rotlichtviertel. Toni habe ich kurz vor seiner Reha zuhause besucht, sein Gedächtnis funktioniert einwandfrei und er hat mir und Flo seinen Segen gegeben. Wenn die Stripper zur Vorstellung kommen, haben die zwei sich bereits verabredet, um ein neues Sicherheitskonzept auszuarbeiten.

Dark Rose Band 2 ~ Wir ~Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt