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Protect me from what I want,
Protect me protect me
Maybe we're victims of fate
Remember when we'd celebrate
We'd drink and get high until late
And now we're all alone


Placebo - Protect me from what I want 


Kapitel 32 

„Okay was genau ist los bei dir Chara?" höre ich Isas Stimme dicht hinter mir und zucke zusammen, da ich erschrocken bin wie nah sie bei mir steht. Ich drehe mich zu ihr um und blicke in ihre fragenden Augen und muss über ihre wirklich extrem hochgezogene Augenbraue lächeln.

„Nichts was soll denn sein?", fragte ich leicht genervt, denn Isa stellt mir diese Frage heute nicht zum ersten Mal. Und auch gestern habe ich sie öfters gehört als mir lieb ist. Ich dränge mich an ihr vorbei, gehe zurück in den Laden und räume das restliche Geschirr in die Spülmaschine und beginne die Reste des Plätzchenteiges zusammen zu schieben um die Arbeitsfläche sauber zu machen.

„Du bist super kurz angebunden wenn ich dich etwas frage wie dein Wochenende war. Und generell wirkst du irgendwie...naja unglücklich. Du hustest den ganzen Tag schon, wirst du krank", sie stellte sich mit dem Rücken gegen die Kommode gelehnt mir gegenüber und blickt mich sorgenvoll an. Ich sehe mich kurz im Laden um. Alle Gäste sind mit Getränken und Essen versorgt, niemand möchte bezahlen oder etwas bestellen. Ich habe gerade keine Ausrede um mich aus dieser Situation zu winden.

„Ich weiß nicht was los ist bei mir.", gebe ich kleinlaut von mir und beginne mit meinem Kettenanhänger einer Muschel zu spielen. Tatsächlich habe ich keine Ahnung was am Wochenende war. Ich fühle mich miserabel, durcheinander, ausgelaugt, irgendwie müde. Tatsächlich hab ich seit heute Morgen ständig ein Kratzen im Hals egal wie viel Tee mit Honig ich schon getrunken habe.

„Hat es was mit Paddy zu tun?", bei seinem Name merke ich kurz wie sich mein Magen zusammen zieht, ich blicke kurz zu Isa, dann wieder zu Boden.

„Ich, nein, also keine Ahnung, ich, Isa ich weiß gerade wirklich nicht was ich denken soll.", mein Kopf schwirrt, meine Gedanken kreisen von A nach B und wieder zurück, wie ein Wollknäuel, dass sich bei jedem Mal mehr ineinander verknotet.

„Erzähl mir vom Wochenende. Du wolltest letzt Woche so unbedingt zu Paddy weil du dir Sorgen gemacht hast. Und naja, er war doch am Wochenende mit bei dir, oder?"

Die Erinnerungen kommen wieder hoch. Scheinen mich mit einem Mal zu überfluten. Wie er dort stand, so verzweifelt und hilflos, so verletzt in seiner Küche. Am liebsten hätte ich ihn gehalten für immer, vor allem schlechten auf dieser Welt beschützt. Ich war so froh, dass er mit zu uns gekommen ist. Wenn er bei uns zu Hause ist habe ich das Gefühl alles ist leichter, irgendwie entspannter. Wir können miteinander lachen. Er denkt mit, nimmt mir Aufgaben ab, ohne zu Zögern oder eine Gegenleistung dafür zu erwarten. Ich habe ihm so viel anvertraut über meine Vergangenheit und er mir über seine. Niemand außer Isa weiß so vieles von mir. Ich wollte nie, dass es jemanden außer sie gibt der meine Geschichte kennt. Und jetzt weiß Paddy einen Teil davon und es fühlt sich vollkommen in Ordnung an. Nicht schlimm.

„Ich hab Angst Isa.", flüstere ich fast tonlos, doch ich bin mir sehr sicher Isa hat meine Worte verstanden denn ich höre sie einmal laut ausatmen, dann kommt sie auf mich zu und schließt ihre Arme um mich und zieht mich in eine lange Umarmung.

„Was macht dir Angst?"

„Gerade macht alles Angst. Alles was kommt. Ich hab Angst davor, dass Fia und Neil allein aufwachsen müssen. Ich hab Angst vor dem Gespräch mit Marlon. Dann der Weihnachtsmarkt, da muss noch so viel gemacht werden. Was ist mit Enya? Es wird nicht besser, eher schlimmer. Dieses Wochenende kommt Marlon. Was wenn er mir Fia wegnimmt? Er darf sie mir nicht weg nehmen. Und Paddy. Er hat mir so vieles erzählt von sich und ich habe ihn einfach weggestoßen. Fia, Enya und mittlerweile auch Neil, alle haben sich so sehr an ihn gewöhnt, aber wenn er geht, es wird ihnen das Herz brechen. Wieder jemand der sie verlässt.", ich höre mein eigenes Wimmern und verstumme weil ich nicht weiß was ich noch alles sage wenn ich einfach so weiter rede. Isas Umarmung wird ein wenig fester, angenehm fest, sodass ich das Gefühl habe gerade nicht umkippen zu können, auch wenn es sich etwas danach anfühlt, so als könne sie die kreisenden Gedanken in meinem Kopf etwas anhalten. Vorsichtig streicht sie mir über den Rücken, was mich ungemein beruhigt.

Chaostheorie - Nichts kann entstehen ohne ChaosWo Geschichten leben. Entdecke jetzt