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We'll do it all
Everything
On our own
We don't need
Anything
Or anyone
If I lay here
If I just lay here
Would you lie with me and just forget the world?


Snow Patrol - Chasing Cars 

Kapitel 20

Ohne das Paddy und ich auch nur ein Wort wechselten, haben wir uns auf direktem Weg zum Meer begeben und laufen nun durch den Sand, der leicht unter meinen Füßen nachgibt.

Die kühle Luft, der säuselnde Wind, das Rauschen des Meeres, die leichte Prise Salz die man schmeckt wenn man die Lippen ableckt, das Schnattern der Möwen und das Geräusch wenn die Wellen an den Klippen zerbrechen. Wenn ich nicht aufpassen müsste wohin ich laufe, dann würde ich gern die Augen schließen, um den Moment noch mehr in mich aufsaugen zu können. Ich habe das Gefühl mit jedem tiefen Atemzug werden meine Lungen mit frischer Luft gefüllt und der alte verbrauchte Sauerstoff in meinem Körper schwindet, um neues Leben zu erwecken. Mein Körper scheint die Meeresbriese so nötig zu haben, dass sich sogar die dunklen Gedanken in die Ecke stellen um Platz zu schaffen.

„Ich glaube dein Dad hat sich ganz gut mit Meeresluft ausgekannt.", gebe ich irgendwann von mir und sehe gemeinsam mit Paddy zu Neil, dessen Atem ruhiger ist, fast ist sein Wimmern komplett erstickt, seine Augen sind geschlossen.

„Sehr gut. Ja er hat sich mit Vielem ausgekannt.", für einen kurzen Moment herrscht Stille. „Weißt du Chara, meine Eltern leben auch nicht mehr.", höre ich seine Stimme zwischen dem wehenden Wind und spüre direkt seinen Wehmut . Die Info erschüttert mich, niemand sollte das fühlen, was ich fühlen musste in den letzten Monaten.

„Tut mir schrecklich leid für dich. Das Gefühl ist einfach nur zerschmetternd.", gebe ich von mir und erinnere mich nur zu gut, wie sehr es mir den Boden unter den Füßen weggerissen hat, ach was spreche ich von der Vergangenheit, es reißt ihn mir noch immer weg, jeden Tag aufs Neue.

„Paddy, kann ich dich was fragen?", während wir uns mit langsamen Schritten durch den schweren Sand kämpfen sehe ich zu ihm, wie er den stur nach vorn gerichteten Blick abwendet, zu mir sieht und nickt.

„Dieses Gefühl...geht es irgendwann weg?", ich spüre direkt wie sich Tränen in meinen Augen sammeln, ich muss blinzeln, um meinen Blick halbwegs klar zu halten, jetzt bin ich diejenige die stumm nach vorne sieht.

„Sorry Chara, aber ich muss dich enttäuschen. Nein es geht nicht weg. Es wird ein Teil von dir und damit lebt man irgendwann, man fängt an sich damit zu arrangieren. Aber es wird nicht mehr weg gehen.", er spricht leise und sanft zu mir, so als wolle er versuchen, dass seine Worte die so viel Macht besitzen, mich nicht verletzten. Natürlich war mir tief in meinem Innersten bewusst, dass es nicht weggehen wird, aber trotzdem hatte ich einen Funken Hoffnung, dass Paddy mich vom Gegenteil überzeugt.

„Meine Mum ist verstorben, da war ich gerade mal 5. Ich habe es erst viele Jahre später so wirklich verstanden, was das bedeutet hat. Als Kind hat man es irgendwie nicht begriffen, zumindest nicht die Tragweite. Erst viel später hat mich das nochmal eingeholt. Mein Vater verstarb 2002. Es hat uns alle so sehr getroffen, dass wir daran fast als Familie kaputt gegangen wären.", seine Worte hallen in mir wieder, ich habe das Gefühl sein und mein Schmerz vermischen sich in mir und übermannen mich komplett.

„Chara kann ich dich auch was fragen?", er bleibt stehen, ich tue es ihm gleich, drehe mich zu ihm, sodass wir uns nun nur wenige Zentimeter entfernt gegenüber stehen. Ich sehe zu ihm, nur das spärliche Licht der Straßenlaternen und der Mond leuchten die Szene zwischen uns beiden aus. Ich nicke leicht.

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