|Chapter 17|

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Mit den Händen hinter meinem Kopf stand ich Nikolas gegenüber, getrennt durch einen Tisch. Diesen hatte Mr. Uriel dorthin gestellt. Um sicher zu gehen, dass wir uns nicht gegenseitig die Augen auskratzen würden, hatte der Silberäugige gesagt und eher mich als den Blonden vor mir angesehen. Mary konnte froh sein, wenn sie nicht gepetzt hatte, aber das würde ich später noch herausbekommen. Warte, habe ich beinahe vergessen, dass sie tatsächlich gegangen sein musste.

Im Moment beobachtete ich lieber Nikolas, der seine Arme angespannt auf den Tisch stützte und mir mit Gereiztheit in die Augen blickte. Diese Diskussion ging jetzt schon zehn Minuten lang. ,,Kannst du es nicht verstehen, oder willst du es nicht verstehen? Luzifer ist der Teufel und an der Tatsache kannst du nichts ändern." Im Augenwinkel sah ich, wie die Blicke unserer Mitschüler von Nikolas zu mir glitten. Für sie schien das hier wie eine Comedy-Show zu sein.

Ich grinste. ,,Habe ich in Frage gestellt, dass Luzifer der Teufel ist? Nikolas, ein Bach ist immer nur so tief wie seine flachste Stelle." Mein Gegenüber zog seine Augenbraue zusammen und öffnete seinen Mund, doch ich ließ ihn nicht zu Wort kommen. ,,Welcher Engel kam denn aus dem heiligen Himmel auf die Erde und hat dir die Bibel in Worten zusammengefasst?" Ein Raunen ging durch die Reihen.

Seine Nasenflügel blähten sich auf. ,,Und welcher hat dir die Bibel zusammengefasst, Nyx?" Wieder ein Raunen der Klasse. Ich machte es ihm gleich und stützte meine Arme auf den Tisch, sah ihm tief in seine Augen und antwortete diesmal mit einem wissenden Lächeln. ,,Keiner, Nikolas. Ich bilde mir meine eigene Meinung und hinterfrage Dinge." Er beugte sich zu mir, sodass unsere Köpfe sich beinahe berührten. Seine Augen sahen zu mir hoch, nicht gereizt, sondern warnend. ,,Denk jetzt nur nicht, dass dich das gefährlich macht."

Er hatte seine Stimme gesenkt und außer Mr. Uriel, der neben uns stand und jede Bewegung genau beobachtete, konnte keiner meine nächsten Worte verstehen. ,,Es ist ein Unterschied, ob man seine Meinung äußert oder unhöflich wird. Was denkst du, tust du?" Wir beide richteten uns auf und Nikolas wandte sich Mr. Uriel zu. ,,Ich gebe auf."

Meine Mitschüler begannen zu klatschen, als wir uns zurück auf unsere Plätze setzten. Mit einer gehobenen Hand brachte der Lehrer alle zum stoppen. ,,In einer Diskussion gibt es keinen Gewinner und Verlierer und es ist auch keine Show zu eurer Belustigung." Seine Stimme war streng und erinnerte mich an ein Lied. ,,You're toxic.", summte Seraphina leise neben mir und verständnislos hielt ich mir eine Hand vor den Mund, verkniff mir zu lachen. ,,I'm slippin' under.", fuhr ich fort und sah, wie Seraphina mich ansah.

,,Nyx und Seraphina, könnten sie beide ihre Gespräche bitte einstellen und mir zuhören?" Wir beide nickten eifrig und sahen Mr. Uriel unschuldig an, bis dieser den Unterricht fortführte. Die Minuten verstrichen in stetigem Tempo, aber das war in Ordnung. Ich saß einfach da- und dachte nach.

Wie lange noch, bis es jemand mitbekommen würde? Wie lange noch, bis ich verstand, um was es hier eigentlich ging? Wie lange noch, bis ich wusste wer der Fremde war? Die Gedanken kreisten und ich versuchte mir einen Reim daraus zu machen. Meine Augen glitten durch den Raum und blieben bei Mr. Uriel stehen. Er ging durch die Tischreihen und half einzelnen meiner Mitschüler bei der Aufgabe, die mich in keiner Weise interessierte. Seine Ausstrahlung erinnerte mich an etwas.

Das erlösende Schellen der Schulklingel ertönte und ich blinzelte um mich aus meinen Gedanken zu reißen. Seraphina neben mir war bereits aufgestanden und schmiss die Hefte in ihre Tasche. Ich seufzte, als ich an die Hitze dachte. So gerne würde ich ihr davon erzählen und sie um Rat bitten. Ihr einfach zeigen, was mir schwer auf den Schultern lastete und mich erschöpfte. Aber ich tat es nicht.

Langsam stand ich auf und räumte meine Sachen zusammen. Seraphina verabschiedete sich mit einem Kopfnicken und schlussendlich war ich die Letzte im Raum, abgesehen von Mr. Uriel natürlich. ,,Ach, gut das du noch hier bist, Nyx.", sagte er, als ich gerade den Raum verlassen wollte und meine Kopfhörer bereits in der Hand hielt. Er sah mich an und ich wusste, dass das eine Bitte war, zu ihm zu kommen. Es fiel mir schwer, dieser Bitte nachzukommen, ich wollte in Ruhe nachdenken.

Und in den dröhnenden Bässen der Lieder versinken. Mein Blick glitt sehnsuchtsvoll aus der Tür hinaus, wo ich durch das Fenster blickte und in der Sonne glitzernde Schneemassen ausmachte und wieder zurück zu Mr. Uriel. Ich wandte mich ab und lief mit hängenden Schultern zum Pult. ,,Wie kommst du mit dem Buch zurecht, welches ich dir gegeben habe?"

Zeilen voller Worte und Buchstaben aus Tinte wollte ich sagen, ließ es aber. Stattdessen überlegte ich mir meine Worte, bevor ich sie aussprach. ,,Gut." Ich schüttelte meinen Kopf. ,,Ich denke, dass es der Klasse gefallen wird.", fügte ich schnell hinzu als ich merke, wie unhöflich das geklungen haben musste. Der Breitschultrige vor mir schmunzelte.

Danach wurde sein Blick ernst und er beugte sich ein Stück zu mir vor, als fürchtete er, dass jemand uns belauschen konnte. Zu meiner Überraschung beugte auch ich mich vor, ohne es wirklich zu realisieren. ,,Lies dir jedes Wort sorgfältig durch, Nyx. Vielleicht-"

Eine Stunde war es her, dass die letzten Sonnenstrahlen wie eine blutgetränkte Decke auf dem Dorf lag, bevor die Sonne hinter den Bergen verschwunden war und alles eingehüllt in die Dunkelheit zurück ließ. Ich lag auf meinem Bett und starrte auf den Zettel, den mir der Fremde gegeben hat. Doch die mir bereits bekannten Worte auf diesem waren nicht die, welche mich nachdenken ließen. ,,Wer seinen Gefühlen Flügel verleiht, sollte auch an einen Absturz denken."

Eine plötzliche Wut breitete sich in mir aus. Das kann doch nicht wahr sein! Was bildete er sich eigentlich ein? Sie alle! Ihre Geheimniskrämerei ging mir gehörig auf die Nerven und schien dazu einfach kein Ende zu finden. Eine Flamme tauchte vor meinen Augen auf und das Papier in meiner Hand ging in einer lodernden Flamme auf.

,,Scheiße!", fluchte ich und richtete mich in Sekundenschnelle auf, warf dabei das Papier auf den Boden. Was war das? Ein Blick auf meine Hand, in der ich das Papier gehalten hatte und ich realisierte- das war ich. Wie konnte ich nicht merken, dass sich die Hitze ausgebreitet hatte? Ich spürte nur leicht den Schmerz, der sonst in höherer Konzentration vertreten war und mir den Atem raubte.

Aber zum ersten Mal hatte ich keine Angst vor der Hitze in mir. Die Worte des Fremden fanden zu mir, erneut. Die Neugierde packte mich. Ich war wütend gewesen und die Hitze hatte sich wie ein Lauffeuer in meiner Hand ausgebreitet. Jedes Mal, wenn sie aufgetaucht war, war ich entweder wütend oder unsicher gewesen.

Ich stand auf und streckte die Arme nach vorne, die Handflächen nach oben gerichtet und schloss meine Augen. Das Glühen war beinahe verschwunden. Meine Gedanken schienen zu rasen. Ich konzentrierte mich auf alle negativen Gedanken und ließ sie immer und immer wieder in meinem Kopf abspielen, spürte die Wut in jeder Sekunde wieder neu entflammen.

Langsam öffnete ich meine Augen und blickte auf ein helles Feuer in meiner Hand. Still loderte es und schien seine Energie aus meinen glühenden Adern zu ziehen, die ruhig pulsierten. Die Hitze, die von dem Feuer ausging war berauschend und ich konnte meinen Blick nicht davon abwenden.

Zögernd schloss ich meine Hand zu einer Faust und im ersten Moment verschluckte die Flamme meine Finger, gierig als wäre es Holz. Ich verbannte alle Gedanken aus meinem Kopf und sah einfach in das Feuer, spürte gleichzeitig wie die Hitze in meinem Nacken stieg und schließlich mein Kinn erreichte. Im nächsten Moment wurde die Flamme kleiner und verschwand plötzlich, als hätte sie niemals existiert.

Wahnsinn!

Devilish SaintsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt