Ein Auge Silber, strahlend wie das Licht des Vollmondes bei sternenklarer Nacht. Das Andere rot glänzend, wie rauschendes Blut und Glut. Das Augenpaar zog mich in seinen Bann, mir war übel und dennoch- ein vertrautes Gefühl durchströmte mich.
Im nächsten Augenblick blinzelte ich und ein graues Augenpaar sah mich an. Ich zitterte, senkte meine Arme und faltete sie unter dem Tisch, denn sie fühlten sich warm an. Keine Sekunde wandte ich meinen Blick von den grauen Augen ab, die einen silbernen Schimmer aufwiesen, stärker als bei Raphael, dem Coach oder Mr. Uriel.
Der Grauäugige zog mit einem freundlichen Lächeln eine Augenbraue hoch. ,,Entschuldige bitte, ich wollte dich nicht erschrecken." Ich zog einen Ärmel über meine Hand, bevor ich langsam das Buch zuklappte und unmerklich meinen Kopf schüttelte. Darüber konnte ich später nachdenken.
,,Kein Problem. Ich bin nur etwas schreckhaft." Seit kurzem. Um ehrlich zu sein erst, seitdem Raphael hier ist. ,,Werde ich mir merken.", sagte er mit dem gleichen, starken Akzent wie Raphael. Vielleicht kamen die beiden ja aus der gleichen Gegend oder waren verwandt?
,,Ah, Nyx, wie ich sehe hast du schon meine neue Aushilfe getroffen. Das ist Michael." Sobald Maylin sich neben den grauäugigen Michael stellte, blitzte ein Gedanke in meinem Kopf auf, äußerlich hingegen lächelte ich. Ich stand auf und stellte gleich fest, dass er mindestens so groß wie der Coach sein musste. Er war nicht so stark bemuskelt wie die Anderen, jedoch noch immer über dem Durchschnitt.
Seine Haare waren etwa so dunkel wie die von Mr. Uriel, mit ein paar helleren Strähnen, die ihm in sein Gesicht fielen. Dazwischen schimmerten seine Augen hervor, die mich nun neugierig musterten. Ich reichte ihm meine Hand nachdem ich keine rot schimmernden Linien im Augenwinkel erkennen konnte, die er mit seiner warmen umschloss. ,,Nyx.", stellte ich mich vor und betrachtete genau seine Gesichtszüge. Markant und fein proportioniert. Seine Augen blickten direkt in meine.
,,Michael." Ich entzog ihm meine Hand. ,,Ah, da sind Kunden, die etwas bestellen möchten. Michael, ich mach schon." Maylin eilte mit einem Grinsen im Gesicht davon. Sobald ich mich wieder hingesetzt hatte, zog ich den Kaffee und das Buch zu mir.
Wie konnte es möglich sein, dass vier junge Männer innerhalb einer Woche plötzlich in diesem kleinen Dorf auftauchen und sie alle aussehen, als wären sie miteinander verwandt? Cousins oder auch Brüder? Aber sie scheinen sich auf der anderen Seite auch nicht zu kennen. Kalte Wassertropfen, entstanden durch den schmelzenden Schnee auf meiner Kleidung tropften in meinen Nacken und hinterließen eine Gänsehaut auf meinen kalten Armen.
,,Ich sehe schon. Neue Leute sind in dieser Stadt wirklich unbeliebt.", obwohl er aufrichtig ernüchtert wirkte, umspielte ein Lächeln seine Lippen, als ich erneut zu ihm hochsah. ,,Dorf." Meine Stimme war sanft, jedoch genauso bestimmt, als ich ihn ansah. ,,Das hier ist ein Dorf. Wir bekommen nicht oft neue Einwohner." Er wandte sich ohne ein weiteres Wort zum Gehen, als die Ladenglocke erklang und ich das Buch aufschlug.
Die Manipulation der Engel stand in geschwungener Schrift auf der ersten Seite, dessen Papier vergilbt und alt war. Stellen die Engel nicht die ‚Guten' dar? Das Reine mit ihren weißen Flügeln und das Weise mit ihrer Aura?
Es gibt Momente in meinem Leben, da möchte ich alles Schlechte aufschreiben. Jedes einzelne Wort, das auf unserer Welt schlecht ist. Ungerechtigkeiten, Taten und allen voraus- Liebe. Lacht ihr nur, ihr seid schließlich die, die es wie einen Pool im Garten haben. Die Liebe der Eltern, die Liebe von Geschwistern, die Liebe von Freunden und Bekannten. Irgendwann kommt jeder an einen Punkt, an dem diese Liebe weh tut. Denn ganz gleich ob einseitig oder nicht, man liebt.
Ich war um ehrlich zu sein nie eine Person gewesen, die Gefühle an die große Glocke gehangen hat. Obwohl meine Erzeuger nie da waren, liebte ich sie. Und ich würde sie immer lieben, egal was sie taten. Vielleicht hatte sich aus diesem Grund ein Glücksgefühl in meiner Brust ausgebreitet, ein Funke des Glücks, als ich die Tür aufgeschlossen und bemerkt hatte, dass sie nicht abgeschlossen war.
Die Gedanken an Raphael, meine Erscheinungen und Träume, die Schule und alles andere verschwammen im Hintergrund, als ich meine Schuhe abstreifte und in die Küche lief, wo sie tatsächlich standen. Aber ich würde sie nicht umarmen. Sie nicht angrinsen, wie ein kleines Schulmädchen. Nicht so wie früher. Ich schenkte ihnen stattdessen ein aufrichtiges Lächeln.
,,Ihr seid zurück." Sie sahen mich an, ohne Emotionen und musterten mich von oben bis unten. Und da würde es wieder kommen. Erwartungen und Enttäuschungen. ,,Zieh dir bitte etwas anderes an, Spatz. Wir bekommen gleich Besuch." Ihre Stimme mochte sanft wie Honig sein, aber der ernste Ton dahinter verbarg etwas ganz anderes.
,,Und schaff diese Dinger aus dem Garten weg, die vergraulen unseren Gast." Er versuchte nicht einmal, seine Stimme nicht streng wirken zu lassen, als er abwertend auf die Vogelhäuser durch das Fenster zeigte. ,,Natürlich." Ich machte auf dem Absatz kehrt und zog mir im Eingang wieder meine Schuhe an, bevor ich die Tür hinter mir nicht zu leise ins Schloss fallen ließ.
Es hatte aufgehört zu schneien, die Wolken rissen auf und die Sonne brachte den Schnee zum Funkeln. Ironie. Meine Schritte hinterließen tiefe Spuren im Schnee, als ich zu einem der Vogelhäuser lief. Nachdem ich mich vergewissert hatte, dass es leer war, hob ich es hoch und trug es in den Keller. Danach ging ich wieder hoch, holte das Zweite und tat das Gleiche.
Nur bei dem Dritten hielt ich inne, als ich es hochheben wollte. Ein kleiner grauer Vogel saß im Vogelhaus. ,,Tut mir leid, Kleiner.", entschuldigte ich mich bei ihm, als ich ihm zaghaft meine ausgestreckte Hand anbot, auf die er sofort aufgeweckt sprang. Sein schwarzes Gefieder auf dem Kopf erinnerte mich an einen Hut.
Er zwitscherte und ich konnte nicht anders, als zu Lächeln. ,,Sobald sie wieder weg sind, stelle ich die Vogelhäuser erneut auf. Versprochen." Für einen Moment sah mich der kleine Vogel mit einem in meinen Augen freudigem Blick an, bevor er seine Flügel spreizte und auf einen nahegelegenen Baum zu flog. Ich seufzte und brachte das letzte Vogelhaus in den Keller.
,,Nyx...du siehst wunderschön aus." Ich strich die Jacke glatt und sah im Spiegel zu der Reflektion von Seraphina, die ich angerufen hatte. Während ich mich in die Businesskleidung geworfen hatte, saß Seraphina auf ihrem Bett in ihrem Pyjama und hielt eine Eispackung in der Hand. ,,Danke, Sera." Ich überlegte, ob ich ihr davon erzählen sollte, das Raphael mich hat sitzen lassen.
Ich stützte mich mit meinen Armen auf dem Tisch vor dem Spiegel ab. ,,Raphael ist übrigens nicht aufgetaucht. Ich bin nach einer halben Stunde alleine zum Season's gegangen." Ich erwartete kein ,du Arme' oder ,wie scheiße' und es kam auch keins. ,,Ich könnte dir jetzt sagen, dass ich Recht hatte mit ihm, aber das hast du nicht verdient." Eine kurze Pause setzte ein, in der sie konzentriert einen Löffel Eis aß.
,,Aber ich werde ihm die Hölle heiß machen." Von unten hörte ich Stimmen, die mir unbekannt waren. ,,Okay, du Höllen-Engel, ich muss nach unten. Wir sehen uns.", verabschiedete ich mich und legte auf, bevor ich mir mit einem Blick noch einmal sicher ging, dass die Jacke meine Arme bedeckte. Erst danach lief ich nach unten.
Rücken gerade, Lächeln und durch. In dem Moment, als ich die Küche betrat, passierten zwei Dinge. Erstens, der Gast, der noch etwas kleiner als mein Erzeuger war, drehte sich zu mir um. Zweitens, hinter diesem erblickte ich Maya. Ihre Lippen zierte ein selbstsicheres Lächeln. Ohne eine Miene zu verziehen, lief ich auf den Mann zu und hielt ihm meine Hand hin. ,,Freut mich, sie kennenzulernen, Sir. Ich bin Nyx Cunningham." Er schüttelte meine Hand, freundlich lächelnd.
,,Nenn mich doch bitte Egon, Nyx." Er ließ meine Hand los und führte Maya neben sich. ,,Das ist meine Tochter, Maya Meyer. Ihr dürftet etwa im gleichen Alter sein, nicht wahr?" Im Hintergrund sah ich meine Eltern ernst zu mir blicken. ,,Ja, Egon. Tatsächlich sind wir auf der gleichen Schule und betreiben sogar beide Cheerleading."
Ihre Mundwinkel sanken ein Stück, nicht allzu sehr. ,,Ein Hoch auf unser Gewinnerteam, die Kapitänin und dich.", sagte sie mit blitzenden Augen. ,,Das ist doch wunderbar, dass ihr Beide euch gut versteht. In welcher Position bist du denn? Choreographin?" Ich hörte den Spott hinter den freundlichen Worten.
Meiner Erzeuger hielten sich im Hintergrund. ,,Ja, Egon. Choreographin und Co-Kapitänin des Teams." Ich blickte in Mayas wütende Augen. ,,Wie du sagst, Maya. Ein Hoch auf unser Gewinnerteam, die Kapitänin und mich."
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Devilish Saints
FantasyNyx Cunningham ist seit ihrer Geburt in Gefahr. Doch sie ahnt es nicht, bis die Gefahr nach 17 Jahren gleich in zweifacher Form vor ihr steht. All Rights reserved to me ©