In dem Moment, in dem wir durch die Tür in das Geschäft traten und die Ladenglocke erklang, begrüßte uns Maylin. ,,Guten Morgen, ihr Lieben!" Sie schloss jeden von uns kurz in ihre Arme und lief dann hinter die Theke. ,,Zweimal Kaffee zum Mitnehmen?", fragte sie und im Einklang nickten Seraphina und ich. ,,Ja, bitte."
Die warme, nach frisch gebrühtem Kaffee riechende Luft ließ mich wacher werden. Es war noch spärlich beleuchtet und beinahe alle Stühle standen noch auf den Tischen. Während Seraphina bezahlte, begann ich ohne nachzudenken, die Stühle herunterzustellen. ,,Ach Liebes, das musst du doch nicht machen. Michael müsste irgendwo hier herumgeistern." Ich sah kurz zu Maylin und lächelte sie an. ,,Man hilft, wo man kann."
Seraphina ließ mich machen und tat es mir gleich, bis alle Stühle an den Tischen standen. Wir nahmen unsere Kaffees und gingen zur Tür, als Michael aus dem Lager an die Theke mit einer großen Kiste trat. Er blickte überrascht drein, als er alle Stühle an und nicht mehr auf den Tischen vorfand. Mein Verhalten ihm gegenüber war nicht das Beste nur, weil er offensichtliche Ähnlichkeit mit dem Coach, Mr. Uriel und Raphael hat. Ich kannte ihn- und er mich nicht.
Sein Blick traf meinen und ich sah ihn ehrlich an. ,,Sieh es als Entschädigung für mein Verhalten. Willkommen in unserem kleinen Dorf." Die Tür hinter mir schloss sich mit dem Klingeln der Ladenglocke. ,,Wer war denn der Schnuckel?", fragte Seraphina und wackelte mit ihren Augenbrauen. In ihrer Stimme hörte ich Sarkasmus heraus und schnipste ihr mit den Fingern meiner freien Hand gegen die Stirn. ,,Michael, noch ein Neuling in unserer Stadt über den wir nichts wissen."
,,Hey!", empörte sich Seraphina und rieb sich über die Stirn. ,,Na los, steig ein. Sonst kommen wir noch zu spät.", sagte ich schmunzelnd und stellte meinen duftenden Kaffee in den Getränkehalter. Als mein Blick auf die Straße traf und ich gerade den Motor starten wollte, traf ein bestimmtes Augenpaar meinen Blick.
Ein musternder Blick, als würde die Person mein Gesicht nach etwas absuchen. Das silberne, wie auch das rote Auge. Und obwohl die Person auf der anderen Straßenseite stand, eingehüllt in die Dunkelheit, sah ich diese Augen, als stünde sie direkt vor mir. Genauso spürte ich die Hitze weit weg von mir, obwohl sie sich ganz nah, in meinem Körper ausbreitete. Ich musste hier schnell weg.
Es schien mir unmöglich den Blick abzuwenden, er bohrte sich wie die Dornen einer Rose tief unter meine Haut, als wolle er in meine Seele blicken. Und doch spürte ich nicht den Schmerz der Dornen, sondern fühlte sich der Blick wie weiche Federn auf meiner Haut an, die dort liegen blieben und meine Arme bedeckten. Je weiter dieses Gefühl stieg, desto mehr Hitze breitete sich aus. Nur noch wenige Sekunden und Seraphina würde es sehen können.
,,Nyx!" Seraphinas Stimme riss mich aus dem Trance ähnlichen Zustand. Ich startete das Auto und fuhr steif auf die Straße in Richtung Schule. ,,Was war das?", fragte sie besorgt und sah zu mir. ,,Ich war nur in Gedanken." Sie lachte auf, erleichtert. ,,Und scheinbar hast du nebenbei die Heizung auf Stufe Vier hochgeheizt." Dort wo meine Hände am Lenkrad waren, war kein Temperaturregler. ,,Sorry."
Je näher wir der Schule kamen, desto voller wurde mein Kopf von den Gedanken, die in meinem Kopf umherschwirrten. Von dem Augenpaar ganz zu schweigen. Es dauerte keine viertel Stunde, bis wir oben an unserem Raum ankamen und uns auf unsere Plätze setzten. Nachdenklich fixierten meine Augen einen Punkt, während ich den Kaffeebecher mit beiden Händen umschloss. Der Geruch stieg sanft in meine Nase, ich atmete tief ein. ,,Ich konnte Rick die letzten Tage nicht erreichen. Er ist auch nicht zuhause.", sagte Seraphina. Leicht zog ich meine Augenbrauen zusammen und drehte mich zu ihr. ,,Weißt du irgendetwas?" Ihre Augen wirkten matt, plötzlich schien es, als hätte sie die halbe Nacht damit verbracht, darüber nachzudenken.
Langsam neigte ich meinen Kopf erst in die eine, dann in die andere Richtung. Seraphina atmete schwer aus und ließ ihren Kopf sinken. Ich legte meine Hand auf die, in der sie ihr Handy fest umschlossen hielt. Sie lockerte ihren Griff, als meine warme, ihre kalte Hand berührte und ich legte das Handy vor ihr Getränk. ,,Aber ich finde es heraus." Leicht lächelte ich sie an und suchte den Augenkontakt zu ihr, den sie erwiderte. ,,Ich-"
Seraphina wurde von Lärm auf dem Gang unterbrochen. Ein Blickwechsel und wir beide ließen unseren Kaffee stehen und liefen zur Tür. In dem Moment, als ich die Situation überblicken konnte, ballte ich meine Hand zur Faust. Seraphina schlug ihre Hand vor den Mund.
Mary lachte schallend und alle um sie herum machten es ihr gleich. Ein Mädchen saß auf dem Boden und weinte, während sie zitterte und ihre Haare das Gesicht verdeckten. Das arme Ding war vollkommen fertig mit der Welt. ,,Du Stalker! Das ist ja krank, wie besessen du von denen bist." Sie hatte die Grenze überschritten. Meine Gesichtszüge verhärteten sich binnen Sekunden. Ich war nicht blind vor Wut, mein Kopf war klar und meine Schritte laut auf dem Boden, sodass alle zu mir und Seraphina blickten. Mit großen Augen machten sie Platz und drängten sich zurück.
Kurz bevor ich vor ihr zum Stehen kam, holte ich aus- und brachte sie mit einem gezielten Schlag gegen ihre Nase zu Boden. Ein erstickter Schrei ihrerseits, ein lautes unangenehmes Knacken und erschrockene Stille im gesamten Gang. ,,Geht in eure Klassen.", sagte Seraphina ernst zu der Menge, ihre Stimme duldete keine Wiederrede. Sie hatte sich zu dem weinenden Mädchen gekniet.
Ich spürte die Hitze meine Arme heraufkriechen, bewegte mich aber keinen Zentimeter. Unter Anstrengung öffnete ich meine geballte Faust und sah Mary von oben herab an. Mary stöhnte auf und krümmte sich, bevor sie zu mir blickte. Einige ihrer Haarsträhnen lagen zerzaust in ihrem vor Schock bleichem Gesicht und aus ihrer Nase floss ein dünnes Rinnsal Blut über ihre Lippen und Kinn. In ihren Augen funkelte die Angst wie die Sterne am Nachthimmel ebenso wie Zorn.
Ich hockte mich zu hin, ihre Augenlider zuckten in Erwartung eines weiteren Schlages. ,,Ich werde dafür sorgen, dass du von der Schule fliegst.", sagte sie voller Zorn in ihrer Stimme, aber so leise, dass Seraphina und das Mädchen es nicht hören konnten. ,,Ich werde ihnen allen erzählen, was für ein manipulatives Monster du bist. Du sollst in der Hölle schmoren."
Ich sah meine pulsieren Adern, als ich mit einem Finger ihr Kinn anhob. Ihre Augen weiteten sich und ihr Kiefer spannte sich an. ,,Lügner.", kam es aus meinem Mund mit einem scharfen Unterton. Wellenartig breitete sich die Hitze aus, sie erreichte meinen Nacken. Mary zischte auf und ich entfernte meine glühende Hand von ihr. Angstvoll sah sie mich an, wie ich sorgfältig beide Hände mit dem Stoff meines Pullovers bedeckte und sie dabei nicht aus dem Blick ließ.
,,Du wirst diese Schule und das Dorf verlassen, Mary. Und du wirst nicht hierher zurückkehren." Als ihre Augen meine trafen, wurden ihre Pupillen groß. Eine große Hand legte sich von hinten auf meine Schulter, eisige Kälte breitete sich in meinem Körper aus.
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Devilish Saints
FantasyNyx Cunningham ist seit ihrer Geburt in Gefahr. Doch sie ahnt es nicht, bis die Gefahr nach 17 Jahren gleich in zweifacher Form vor ihr steht. All Rights reserved to me ©