Als ich in der Nacht zu Montag schweißgebadet aufwachte und mich kerzengerade aufrichtete, griff ich frustriert nach dem Kissen hinter mir und warf es quer durch den Raum. Es traf meinen Kleiderschrank und landete dann auf dem Boden davor, direkt an der Stelle, wo mich Raphael geweckt hatte. Bilder von seinen grauen Augen mit dem Silberschein erschienen vor meinen Augen. Raphael...
In der Dunkelheit des Zimmers versuchte ich mich an den Traum, den ich gehabt hatte, zu erinnern- scheiterte aber gänzlich. Je mehr ich versuchte mich an den Traum zu erinnern, desto verschwommener wurden die Bilder. ,,Verdammt!", sagte ich halblaut und schlug die Decke zur Seite. Ein Blick auf den Wecker verriet mir, dass es erst Fünf war.
Wieder nahm ich mir neue Sachen aus meinem Kleiderschrank und beförderte dabei auch gleich das Kissen zurück auf mein Bett. Als ich nach einer kurzen Dusche in Jogger und Hoodie mein Zimmer betrat, zog ich mir Socken und Schuhe an. Ich konnte nicht wieder einschlafen, das wusste ich. Deshalb schlenderte ich die Treppen herunter bis in den Keller.
Obwohl man meinen sollte, dass es in einem gigantisch großen Gebäude wie diesem Ordnung herrschen sollte, so war der Keller eindeutig die Ausnahme. Überfüllt mit Dingen, die meine Eltern oder ich geschenkt bekommen hatten, die ihnen aber ,unpassend' schienen, lag hier alles verstreut herum. Mit meinen Fingern strich ich über den Schrank neben mir und erinnerte mich daran, wie ich als kleines Kind oft hierher kam.
Ich hatte viel mit diesen Dingen gespielt, unter anderem mit einem Schachspiel, dessen Figuren aus Stein geformt waren, alten Hörbüchern oder Scrabble. Die Erinnerungen brachten mich zum Schmunzeln, als ich meinen Weg fortsetzte.
Diesmal suchte ich nach etwas Anderem. Der Geruch von Kälte und Putz stieg mir in die Nase- ich atmete ihn tief ein. Der edle Teppichboden verschlang den Klang meiner Schritte, als ich einen Blick in jeden Raum warf und dann weiter lief.
Wassertropfen trafen meine Haut am Nacken und eine Gänsehaut zog sich meinen Rücken entlang. Am Ende des Ganges und über zehn Räume voller Gerümpel später entdeckte ich schließlich, was ich gesucht hatte. Schnellen Schrittes lief ich darauf zu und musste zuerst mehrere alte Stühle mit Holzverzierungen aus dem Weg räumen, bevor ich die Vogelhäuser nacheinander aus dem Möbelgewirr ziehen konnte.
Seitdem es Tag für Tag kälter wurde und seit über eine Woche die Temperaturen nicht über den Gefrierpunkt gefallen waren, hatte ich fieberhaft überlegt, wie ich den kleinen Tieren am besten helfen könnte. Dabei sind mir fast sofort die Vogelhäuser eingefallen, die meine Erzeuger hierher haben bringen lassen, weil sie diese als ,unpassend' auf dem riesigen Rasen fanden.
Für sie war alles ,unpassend', was sich nicht nach ihnen richtete. Die Wünsche und Bedürfnisse anderer waren ihnen dabei völlig egal. Ich brauchte ein paar Minuten, um die drei Vogelhäuser aus dem Keller zu bringen, doch als ich es geschafft hatte und sie in der Dunkelheit auf dem Rasen verteilte, war ich zufrieden mit mir.
Ich lief zurück in die Küche, wo ich ohne nachzusehen wusste, dass ich kein Vogelfutter finden würde, weshalb ich mir eine große Schale nahm und kleingeschnittenes Obst, verschiedene Nüsse, Haferflocken, Rosinen und ähnlichen hineingab und alles gut durchschüttelte. Vor meinem Gesicht tanzten kleine Nebelwolken, als ich die Vogelhäuser befüllte und mit im Schnee knarzenden Schritten schnell wieder in das Haus ging. Mit einem schulterblick zurück erkannte ich einen kleinen Vogel, der sich an dem Buffet bediente. Bleib stark, kleiner Vogel. Der Winter hält viele Überraschungen offen.
An diesem Morgen war ich viel zu früh an der Bushaltestelle. Obwohl der Himmel stockfinster und mit tiefen Wolken verhangen war, aus denen sich Schneeflocken ihren Weg auf den Boden bahnten, waren die Wege durch die Straßenlampen hell erleuchtet. Auf der Straße waren kaum mehr die Reifenspuren vom Vortag zu erkennen durch den neuen Schnee der schimmernd das Licht der Laternen wiederspiegelte.
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Devilish Saints
FantasyNyx Cunningham ist seit ihrer Geburt in Gefahr. Doch sie ahnt es nicht, bis die Gefahr nach 17 Jahren gleich in zweifacher Form vor ihr steht. All Rights reserved to me ©