Selbst in dem schwachen Licht vor dem Haus schienen Luzifers' Augen praktisch zu glühen, als ich auf ihn zu lief. Meine Schritte knarzten und sobald sich meine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, erkannte ich auch die Abdrücke, die er auf dem Hinweg hierher in dem Schnee gelassen hat.
Nebeneinander her liefen wir die Straße herunter. ,,Darf ich erfahren, wie du meinen Namen erfahren hast?", fragte ich. Es war nicht so, dass ich es wirklich wissen musste. Der Name Cunningham sprach sich hier täglich wie ein Lauffeuer herum, es war mehr so, dass ich es mochte, seine Stimme zu hören. Rau und tief wie ein Grollen, dafür aber sanft wie Honig.
,,Dein Name scheint hier kein großes Geheimnis zu sein.", antwortete er und drehte seine Kopf zu mir. ,,Darf ich dich denn etwas erfahren?" Ich drehte ebenfalls meinen Kopf zu ihm, wandte diesen jedoch kurz wegen eines tiefhängenden Astes ab und glitt unter diesem her. Ich nickte, als ich ihn wieder ansah, konnte seinen Blick jedoch nicht deuten. Er wirkte ernst.
,,Hast du Raphael erzählt, was du weißt?" Ich hatte mit vielen Fragen gerechnet. Wirklich. Aber nicht damit. Und aus irgendeinem Grund machte mich diese Frage wütend. ,,Gegenfrage. Wieso wird mein Wissen eines Tages über Leben und Tod entscheiden?" Doch so ruppig, wie ich war, so ruhig blieb der athletisch Gebaute neben mir.
Er zog sogar eine Augenbraue hoch und lächelte. Bevor er etwas sagen konnte, klingelte mein Handy. Er gefiel mir nicht, dass er mich so wütend werden ließ ich mich wütend machen ließ. Ich fischte mein Handy aus meiner Manteltasche und nahm den Anruf an. ,,Nyx." Mein Kopf fuhr ruckartig hoch und ohne es wirklich zu realisieren, richtete ich mich beim Laufen noch mehr auf. Dass ich dafür einen überraschten Blick von Luzifer quittierte, ignorierte ich.
,,Ja, Vater?" Viel zu leicht glitten diese zwei Worte über meine Lippen. ,,Es findet morgen Abend eine äußerst wichtige Gala, die krebserkrankte Kinder unterstützt, statt. Deine Mutter und ich möchten dich dort sehen. Du wirst in-" Kurz herrschte Stille am anderen Ende der Leitung und ich blieb stehen. ,,Drei Stunden am Flughafen erwartet."
Mit diesen Worten legte er auf und ich ließ einen tiefen Seufzer aus meinen Lungen entweichen. ,,Da mit Sicherheit nicht alles in Ordnung ist und ich Fetzen des Gespräches aufgefangen habe- Soll ich dich begleiten?" Luzifer hatte seine Hand schützend auf meine Schulter gelegt. Die Wärme, die diese von dort aus ausstrahlte, beruhigte und beunruhigte mich gleichermaßen.
Drei Stunden. In meinem Kopf suchte ich bereits alles zusammen, was ich brauchen würde, während ich einfach da stand. Meine Wut war wie weggespült, während die Wärme weiter in meinen Körper strömte. ,,Wenn du mir meine Frage beantwortest." Für einen Moment blitzen seine Augen auf. ,,Das was dich anders macht, ist das was dich besonders macht."
Beim besten Willen konnte ich mir ein kurzes Schmunzeln nicht verkneifen. Wütend war ich trotzdem noch. Diese Worte halfen mir kein Stück weiter. ,,Wie wäre es mit eigenen Worten? Zitate googlen kann ich auch." Ein tiefer Blick in seine Augen, mit dem Wissen, dass er weitergehen würde und ich zurück ging, genügte. ,,Dein Temperament ist wie ein Sturm, deine Augen wie das Meer und in deinen Händen trägst du das Feuer."
Diesmal war es an mir, mich abzuwenden und umzudrehen. Ich spürte seinen warmen Blick auf meinem Rücken. ,,In anderthalb Stunden vor dem Haus."
Ich glaube nicht, dass ich meinen Koffer jemals so sorgfältig gepackt hatte. Sauber nebeneinandergereiht lagen die lockeren Shirts auf der Unterwäsche, neben den Jeans und den Socken und auf all dem das Kleid, für welches ich mich entschieden hatte. Die Hülle dessen nahm mehr Platz als nötig ein, weshalb ich mein zweites Kleid mit rein gelegt hatte.
Kulturbeutel, Glätteisen und meine Reisesachen schmiss ich achtlos in einen Rucksack den ich schulterte, schloss den Koffer und trug ihn die Treppe herunter. Wieder zog ich meine Schuhe an, machte überall Licht aus und legte meinen Mantel über meinen Arm als ich abschloss.
Mein Leben war nicht schlecht. Ich besaß alles, von dem viele ihr Leben lang träumten und doch war es der Weg eines einsamen Wolfes den ich täglich mit würdevollen Schritten durchlief. Ein Status zu haben ist eine Bürde und ein Segen. Ich habe einen Fehler gemacht, Mary niederzuschlagen- bereuen tat ich nichts, so wie ich nichts zu befürchten hatte. Es gibt Grenzen, Mary hat ihre übertreten. Die Konsequenzen ihres Handelns waren also bedeutend schlimmer, als meine.
Ich hielt meinen Finger an den Sensor und öffnete damit die Garage. Langsam fuhr das Tor hoch und das Mondlicht schien schräg hinein. Mit langen Schritten lief ich durch diese und zog den Koffer hinter mir her, bis ich am meinem Auto ankam. Kurz leuchteten die Scheinwerfer auf, als ich es aufschloss, bevor sie die Garage wieder in die Dunkelheit hüllten.
Ich lief zum Kofferraum und spürte seinen Blick auf meinem Rücken, noch bevor ich seine Schritte hörte. Mit dem Teufel auf einer Gala, dachte ich und schmunzelte in mich hinein. ,,Du kannst deine Sachen in den Kofferraum werfen." In einer schwungvollen Bewegung hob ich den Koffer hoch und schob ihn nach hinten, legte meinen Rucksack daneben und drehte mich zu Luzifer um.
Er stand direkt vor mir und ich musste meinen Kopf etwas mehr als üblich heben, um in seine glühenden Augen zu sehen. Ohne ein Wort und mit seinen Augen auf meine gerichtet warf er seine Tasche auf meinen Koffer und schloss den Kofferraum. Unser Atem vermischte sich zu einer Nebelwolke, die zwischen uns langsam nach oben stieg.
So nah vor mir konnte ich wieder den Geruch nach Wärme und Rauch erkennen, der mich an den Tanz erinnerte. Ein Muskel an seinem Kiefer zuckte leicht, gerade so konnte ich es in dem fahlen Licht erkennen. Wie viel hatte er durchmachen müssen, weil er so viel riskiert hatte?
Der kalte Wind fegte um mein Gesicht und wehte kleine Schneeflocken auf meine Haut. Auch meine Kleidung war übersäht von dem gefrorenen Wasser. Luzifer neben mir schien den Großteil auf seinen Haaren zu haben, stören tat es ihn nicht. Trotzdem liefen wir mit eiligen Schritten über den Flugplatz auf den schwarzen Jet zu und überreichten dem Personal das Gepäck.
Wir hatten auf dem Weg zum Flughafen nicht viel gesprochen. Und das war okay für mich, immerhin konnte man auch nicht behaupten, dass wir uns lange kannten. ,,Du scheinst das nicht zum ersten Mal zu machen.", kommentierte Luzifer mein routinemäßiges Handeln und das freundliche Nicken, welches ich von den Angestellten bekam und ebenso erwiderte.
Sie taten mir leid. Nur wegen einem Anruf meines Erzeugers konnten sie kein Weihnachten mit ihrer Familie verbringen. ,,Wundert dich das? Immerhin ist mein Name kein Geheimnis.", sagte ich über meine Schulter. Für eine Sekunde als ich zu ihm sah, hätte ich schwören können in der Dunkelheit einen noch dunkleren und einen hellen Schleier auf beiden Seiten sehen zu können.
So schnell wie ich gedacht hatte es sehen zu können, genauso schnell verschwand es auch wieder. Diese Art Schleier hatte ich bisher nur in meinen Träumen gesehen. Es waren dort die Flügel der Erzengel gewesen, waren dies also seine? Ein weißer Flügel und ein dunkler? Wie ein silbernes Auge und ein rotes?
Ich drehte mich um und öffnete schon meinen Mund, doch ein Klingeln verhinderte meine unausgesprochene Frage. Der Klingelton war mir fremd und gehörte nicht zu meinem Handy. Aus seinem Mantel zückte Luzifer sein Handy und sah mich kurz entschuldigend an, bevor er den Anruf annahm.
Ein erneuter eisiger Wind brachte mich dazu, die Treppe zum Jet hochzulaufen. ,,Ich verstehe.", hörte ich Luzifer sagen. ,,Ich bin auf dem Weg." Nach diesem Satz wusste ich, was passieren würde- und ich wusste nicht, ob das Gefühl in meinem Bauch positiv oder negativ war.
Auf der Hälfte der Treppe drehte ich mich um und fand Luzifer unten vor dieser stehen und zu mir hochsehen. ,,Ich verstehe schon, vermutlich besser als jeder andere.", sagte ich mit einem leichten Lächeln auf den Lippen. ,,Du wirst mich wohl ein anderes Mal im Anzug bewundern müssen." Ein aufrichtiges Grinsen entblößte eine Reihe gerader, weißer Zähne.
,,Bewundern?" fragte ich lachend und auch von ihm erklang ein leises Lachen. Hatte er gerade mit mir geflirtet? ,,Pass auf dich auf.", sagte ich und drehte mich um, hörte seine Worte, die von der nächsten, frostigen Böe zu mir getragen wurden. ,,Du auch."
Manche Dinge sollte man alleine bewältigen und tief in meinem Innern wusste ich, dass dies so eine Sache war.
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Devilish Saints
FantasyNyx Cunningham ist seit ihrer Geburt in Gefahr. Doch sie ahnt es nicht, bis die Gefahr nach 17 Jahren gleich in zweifacher Form vor ihr steht. All Rights reserved to me ©