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Zitternd und keuchend hing ich in meinem Bad über der Kloschüssel und würgte. Erschöpft stützte ich mich auf der Klobrille ab und steckte die Zahnbürste erneut tief in meinen Hals.

Der Badezimmerspiegel über meinem Waschbecken war nicht länger verhangen und ich warf einen kurzen Blick in ihn, was meine Übelkeit noch verstärkte. Ich trug lediglich eine Boxershorts, sodass ich das ganze Fett an meinem Körper sehen konnte. Widerlich! Das brachte das Fass zum überlaufen. Ich übergab mich.

Apfelstückchen vermischt mit bitterer Magensäure und Blut spritzten ins Klo.

Ein heiseres Schluchzen entkam mir und ich legte die Zahnbürste erst weg, als nicht mehr rauskommen wollte. Meine Finger waren mit Blutspritzern und Magensäure bedeckt und angeekelt wusch ich sie, bevor ich die Toilettenspülung zog und mich keuchend und wimmernd auf dem Badezimmerboden zusammenkrümmte.

Yoongi und ich hatten noch einen Film gesehen, bevor ich in meine Wohnung gegangen war. Doch ich hatte mich nicht wirklich auf die Handlung konzentrieren können, da mir übel gewesen war und das Essen viel zu schwer in meinem Magen gelegen hatte.

Schniefend zog ich die Nase hoch. Ich versuchte gar nicht die verletzten, kläglichen Laute, die aus meinem Mund kamen, zu unterdrücken. Denn es hörte mich doch sowieso niemand.

Taumelnd kam ich auf die Beine. Ich musste mir die Zähne putzen, damit dieser ekelhafte Geschmack endlich aus meinem Mund verschwand.

Doch ich weinte so jämmerlich, dass ich mich mehrmals an der Zahnpasta verschluckte, sodass ich schließlich aufgab, den Rest der Zahnpasta ins Waschbecken spuckte und meinen Mund einfach nur kurz auswusch.

Es klingelte.

Ich konnte doch nicht in diesem Zustand zur Tür! Hastig wischte ich mir über die Augen, was vermutlich nicht viel bringen würde, da ich mir sicher war, dass sie vom Weinen ganz gerötet waren.

Stolpernd lief ich in den Flur und griff nach der Bettdecke, die ich dort achtlos auf dem Boden hinterlassen hatte. Ein letztes Mal zog ich die Nase hoch und wickelte mich zitternd in den schweren Stoff.

Ich war zu schwach, um mal schnell meine verstreuten Kleidungsstücke im Bad wieder anzuziehen.

Mit etwas Mühe öffnete ich die Wohnungstür.

"Hey mir war langweilig und ich wollte fr- Oh Gott! Jimin!"

Ich biss mir auf die Unterlippe. Sah ich so schlimm aus? Haltsuchend griff ich nach dem Türrahmen und hielt mich verkrampft daran fest. Ich fühlte mich so ausgelaugt.

"Hey..."

Yoongi schlang sanft seine Arme um mich und ich ließ mich einfach gegen ihn fallen, weil ich wusste, dass er mich festhalten würde.

"Kann man dich denn überhaupt nicht alleine lassen?", flüsterte er gegen meine Schulter.

Ich zuckte mit den Schultern. "Tut mir leid", antwortete ich erschöpft. "Ich will dir doch gar keine Sorgen machen." Ich war doch bloß eine Last für ihn, warum kümmerte er sich um mich?

"Jimin Hast du dich übergeben? Du riechst nach Erbrochenem", sorgte er sich nur noch mehr. Erneut zuckte ich mit den Schultern. "Kann sein", murmelte ich.

Sanft bugsierte er mich in meine Wohnung. Sein Blick fiel auf die offene Badezimmertür und das Chaos, das im Bad herrschte.

Der Ältere musterte es stumm, ich sah, wie er die Kleidungsstücke und das heruntergerissene Handtuch betrachtete und eins und eins zusammenzählte. Er drehte den Kopf zu mir und seine braunen Augen musterten mich, sie glänzten traurig.

"Hast du dich... Mit Absicht...?"

Schuldbewusst sah ich weg. "Vielleicht", nuschelte ich.

Genau in diesem Moment entschieden meine Finger, dass sie nicht mehr stark genug waren die Decke festzuhalten. Der Stoff entglitt meinem Griff und fiel mit einem leisen Rascheln zu Boden. Ich hörte, wie Yoongi scharf die Luft einsog.

Nein! Jetzt sah er, wie viel Fett an mir war! Er würde mich hassen, oh Gott ich schämte mich so. "I-ich nehme noch mehr ab, bitte hass mich nicht, ich werde schöner werden, bitte lass mich nicht alleine", winselte ich verzweifelt und zitterte immer heftiger, da die kalte Luft auf meine ungeschützte Haut traf.

Ich hatte nicht immer so leicht gefroren und es verwirrte mich auch irgendwie, da ich der einzige in meinem Umfeld zu sein schien, der schon bei einer Temperatur von 25 Grad fror.

"S-sag doch was", flehte ich und schlang unwohl meine Arme um meinen Bauch, um das Fett zu verbergen.

Doch der Ältere blieb stumm und betrachtete mich nur mit entsetzten, weit aufgerissenen Augen.

Endlich öffnete er seine Lippen, um etwas zu sagen. "Oh Gott... Ich hatte nicht gewusst, dass es so schlimm ist! Und dass, obwohl es schon vorher schlimm aussah", wisperte er.

"Ich weiß, tut mir leid. Ich werde abnehmen", schniefte ich. "Aber bitte hass mich nicht, auch, wenn ich schlimm aussehe."

Ich wollte mich bücken, um die Bettdecke wieder aufzuheben damit endlich meinen hässlichen Körper wieder verschleiert wurde. Doch ich wurde von einem Schwindelanfall erfasst, sodass ich unsanft auf meinen Knien landete.

Tränen traten in meine Augen und mit gesenktem Kopf blieb ich dort einfach knien.

Yoongi hasste mich! Bestimmt tat er es! Kein Wunder bei meinem Aussehen! Warum war ich nur so ekelhaft und hässlich?

Ein heiseres Schluchzen entkam mir und ich schlang die Arme noch fester um meinen Bauch, nicht nur um ihn zu verstecken, sondern auch, um irgendwie Wärme zu finden.

Dann überkam mich Wut auf mich selber. Wie von selber wanderten meine Hände in meine Haare, um heftig daran zu ziehen. Dummer, dummer Jimin! Warum kannst du nicht schneller abnehmen?

"Hey..." Zwei warme Hände schlossen sich um meine kalten Handgelenke. "Tu dir nicht weh..."

Ein verzweifeltes Wimmern verließ meinen Mund.

Ich kämpfte gegen Yoongis Griff an, wollte mir wehtun, mich dafür bestrafen, dass ich nicht gut genug war. "Lass mich los", schrie ich ihn an. "Lass mich los, damit ich mich bestrafen kann! Ich bin nicht gut genug! Ich hasse mich so sehr, Hyung ich will mir wehtun! Warum kann ich nicht einfach dünn sein?". Ich keuchte und mein Hals tat weh. Alles tat weh.

Seine Arme schlangen sich um meinen zitternden Körper und er zog mich zu sich hoch, um mich besser umarmen können.

"Aber du bist doch dünn... Du bist viel zu dünn, Jimin. Deswegen habe ich mich so erschrocken." Seine Stimme klang belegt. "Oh Jimin siehst du denn gar nicht, wie verdammt dünn du bist?"

Ich keuchte und weinte in seinen Pullover, schüttelte den Kopf und klammerte mich an ihm fest. Er war doch mein einziger Halt in meiner trostlosen, kalten Welt. Wie die Sonne, obwohl die Wärme seiner Strahlen eine einzige Lüge war!

𝐒𝐄𝐋𝐅 𝐂𝐎𝐍𝐅𝐈𝐃𝐄𝐍𝐂𝐄 【𝐘𝐨𝐨𝐧𝐦𝐢𝐧】 ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt