Mir war kalt, als ich aufwachte. Der wärmende Körper des Älteren war verschwunden. Doch im Vergleich dazu, wie sehr ich sonst fror, war diese Kälte auszuhalten.
Es roch nach Rührei und Speck. Schien so, als hätte Yoongi sich Frühstück gemacht.
Ich gähnte und drehte mich auf die andere Seite. Wirklich danach aufzustehen war mir nicht. Wer weiß, vielleicht wäre der Ältere dann noch nicht fertig mit Frühstücken und würde mich dazu zwingen auch etwas zu essen.
Die Schlafzimmertür klapperte und ich wandte den Kopf. Yoongi balancierte ein Tablett mit Essen auf seinen Händen. Darauf standen zwei Teller, woraus ich schloss, dass er wollte, dass ich auch etwas aß. Aber ich wollte nicht!
"Guten Morgen, Jimin!"
Ich biss mir auf die Unterlippe und beobachtete, wie er das Tablett auf seinem Nachttisch abstellte. "Guten Morgen", murmelte ich. Er wollte mir das doch wirklich nicht antun, oder? Rührei, Brötchen und Speck! Es hatte Zeiten gegeben, da hatte ich es gerne gegessen und daran schien sich der Ältere wohl erinnert zu haben. Aber er wusste doch, dass ich keine Sachen mit einem so hohen Kaloriengehalt essen wollte.
In meinen Augen triefte das Essen nur so vor Fett und Kohlenhydraten. Ich wollte es nicht essen! Unter gar keinen Umständen.
"Ich habe keinen Hunger", sagte ich nervös. Das konnte doch nicht sein Ernst sein!
"Du wirst trotzdem etwas essen", antwortete Yoongi ruhig und füllte die beiden Teller mit dem Essen auf.
Meine Atmung verschnellerte sich und ich bekam Panik beim Anblick der ganzen Kalorien, die er mir da auf den Teller lud. "Nein!"
Hastig rückte ich auf die andere Seite des Bettes, weg zu dem Essen.
"Aber wieso? Du hast doch keine Essstörung. Du hast es mir selber gesagt!" Hatte ich ja auch nicht!
"Stimmt! Aber ich bin auf Diät", sagte ich ernst. "Weil ich zu dick bin!"
"Mach dir keine Sorgen. Bei einer Diät essen viele Leute Ei. Es ist Bestens dafür geeignet. Wenn du den Speck nicht willst, dann kannst du ihn einfach liegen lassen."
Meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich konnte das nicht essen!
"Ich will aber nichts davon essen", wimmerte ich. "Siehst du nicht, wie viele Kalorien das hat?"
Sein Blick traf unbeeindruckt auf meinen. "Ich dachte du bist nicht essgestört... Nur Essgestörte zählen Kalorien!"
"Aber..." Hektisch suchte ich nach einem Ausweg. Ich war doch gar nicht essgestört... Oder? Es war doch normal, dass man bei einer Diät nichts aß! Sowas nannte man Fasten.
"Ich will nicht", widerholte ich beharrlich und wischte die ersten Tränen weg, die über meine Wange rollten. Gemeiner Yoongi! Warum war er so gemein zu mir? War jetzt seine Maske gefallen und er zeigte sein wahres Gesicht? Er tat mir weh!
"Du willst nie", antwortete er. "Und wenn du es willst, bereust du es hinterher und kotzt es aus, nicht wahr?"
Ich blieb stumm und sah mit gesenktem Kopf weg. Tränen verschleierten meine Sicht.
"Es gibt eine Essstörung, die heißt Bulimie. Da isst man und kotzt es danach aus. Und dann gibt es Eine, die heißt Anorexie. Da weigert man sich jegliche Nahrung zu sich zu nehmen, Jimin."
Ich hatte aber keine Essstörung!
"Die Folgen von diesen Essstörungen sind: Energielosigkeit und ständige Müdigkeit, Kältegefühl und Schwächeanfälle, Kreislaufprobleme und Zusammenbrüche. Bei der Bulimie kommen auch noch verätzte Fingernägel dazu, wenn man sie dazu nutzt sich zu übergeben. Und wenn man die Krankheiten nicht rechtzeitig bekämpft, stirbt man. Nicht daran, dass man zu dünn ist, nein. Man stirbt daran, dass der Kreislauf zusammenbricht."
Warum trafen diese Folgen auf mich zu? Zwar waren meine Fingernägel nicht verätzt, aber an meiner zweiten Zahnbürste, die ich mir extra dafür angeschafft hatte, um mich zum Erbrechen bringen zu können, waren bereits Spuren der Verätzung zu erkennen.
Ich fror ständig. Und ich hatte wirklich nie Energie. Müde war ich auch immer, auch, wenn es eher eine dauerhafte Erschöpfung war und meine Kreislaufprobleme hatten sich in letzter Zeit deutlich verstärkt.
Aber ich hatte doch gar keine Essstörung! Hatte ich nicht... Aber warum trafen Yoongis Aussagen dann auf mich zu?
"Ich habe keine Essstörung...", sagte ich deutlich verunsichert.
"Bist du dir da sicher?" Mein Tränenfluss wurde stärker. Langsam schüttelte ich den Kopf. Nein. Inzwischen war ich mir da überhaupt nicht mehr sicher!
"Wenn du nicht langsam realisierst und anfängst zu kämpfen, wirst du sterben, Jiminie."
Seine Stimme klang nicht länger hart und unnachgiebig, sondern weich und mitfühlend.
"Ich hatte keine andere Wahl, als dich damit zu konfrontieren, verstehst du? Denn ich möchte nicht, dass du stirbst!"
Nein. Irgendwie wollte ich das auch nicht. Es hatte eine Zeit gegeben, da hatte ich es mir sogar sehnlichst gewünscht. Doch jetzt, wo Yoongi wieder in mein Leben getreten war, war auch der letzte Funken dieses Bedürfnisses verschwunden, denn ich hatte jemanden gefunden, für den es mir wert war am Leben zu bleiben.
"Du meinst ich habe diese beiden Krankheiten?", flüsterte ich. "Anorexie und Bulimie?"
Der Ältere schlang die Arme um mich und zog mich an sich. "Es tut mir leid, Jiminie. Aber ja, das glaube ich", antwortete er leise.
"W-was soll ich denn jetzt machen?", fragte ich verzweifelt. "I-ich kann das doch nicht alleine."
"Ich bin bei dir. Und wir können nach Jemandem suchen, der dir helfen kann. Es gibt Menschen, die auf so Etwas spezialisiert sind, okay?"
Ich schniefte und nickte. "Und du lässt mich nicht alleine?"
"Niemals! Das verspreche ich dir." Er strich sanft mit der Hand über meinen Rücken und ich bettete meinen Kopf auf seiner Brust.
"Warum sorgst du dich so um mich? Warum bin ich dir nur so wichtig?", fragte ich verwundert. Yoongi lachte. "Du hast da Etwas faszinierendes an dir. Und ich bewundere dich. Für deine Stärke. Denn auch wenn du selber nicht sehen kannst, wie stark du bist, kann ich das sehr wohl."
Ich biss mir auf die Unterlippe und versteckte mein Gesicht in seiner Halsbeuge. "Du bist mir auch wichtig", gab ich verlegen zu.
Und das war wohl noch eine große Untertreibung, denn irgendwie hatte er es geschafft zu meinem Lebenssinn zu werden. Er war meine größte Stütze, der wichtigste Mensch für mich auf dieser ganzen Welt.
Eine Weile lang umarmten wir uns stumm. Dann löste Yoongi sich. "Komm. Du musst etwas essen. Dein Körper braucht es." Entsetzt starrte ich ihn an. "Diese Kalorienbomben?"
Mit einem Lächeln zog Yoongi eine kleine Schüssel mit Obst hervor, die er hinter der Brötchentüte versteckt gehalten hatte.
"Nein. Ich weiß, dass ich dich um nichts auf der Welt dazu bringen könnte das Rührei zu essen."
Dankbar sah ich ihn an. Er kannte mich doch viel zu gut! Besser, als ich mich selber kannte.

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𝐒𝐄𝐋𝐅 𝐂𝐎𝐍𝐅𝐈𝐃𝐄𝐍𝐂𝐄 【𝐘𝐨𝐨𝐧𝐦𝐢𝐧】 ✓
أدب الهواةYoongis braunen Augen blickten besorgt in Meine. Warum war es ihm nicht einfach egal, was ich sagte? Verzweifelt kämpfte ich gegen die Tränen an, die sich nicht verdrängen lassen wollten. "Irgendwas muss doch an den ganzen Worten stimmen, die man mi...