Kapitel siebzehn

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CASSIAN

Cassian brüllte vor Wut. Er sah, wie Byron Merowen an ihrem Hals packte und war machtlos dagegen. Sie schrie nicht einmal, doch er sah, wie die Hände des High Lords anfingen, zu glühen.

Heftig warf sich Cassian gegen die zwei Fae, die seine Arme an beiden Seiten fest im Griff hatten.

Sie schenkten ihm kaum einen Blick.

Verdammt, sie hatte ihm zwar gesagt, er solle sich heraushalten, aber das konnte er nicht! Auch wenn Merowen nicht dessen leibliche Tochter war, stand es Byron nicht zu, sie so zu behandeln. Die Fae stand unter dem Schutz des Hofes der Nacht; Byron hätte Rhysand genauso gut ins Gesicht spucken können.


Cassian wollte dem High Lord des Herbsthofes am liebsten die Kehle herausreißen, als dieser auch noch begann, die wunderschöne Fae zu würgen. Es bereitete ihm beinahe körperliche Schmerzen, sie so ausgeliefert zu sehen.

Als ihm der Geruch von verbranntem Fleisch - ihrem verbrannten Fleisch- in die Nase stieg, kippte die Welt und er sah rot. 

Seine durch Wut beflügelten Schwingen fegten die Fae zur Seite und er rannte auf Byron zu, der immer noch auf Merowen fixiert war.


Plötzlich trat Eris Cassian in den Weg und legte ihm bestimmt eine Hand auf die Brust.

"Beruhigt Euch, Kommandant.", flüsterte der Fae eindringlich.

Durch seinen Schleier aus rot bemerkte Cassian, dass Merowen ohnmächtig wurde und zuckte zusammen. Doch die Hitze, die Eris Hand plötzlich ausstrahlte, ließ ihn etwas klarer denken.

"Warum? Er darf das nicht tun, sie.."

"Ich weiß. Sie gehört zu eurem Hof.", erwiderte Eris.

"Doch sie ist auch meine Schwester und glaub mir, es ist besser für sie, wenn wir Byron nicht noch einen weiteren Grund geben, ihr Schmerzen zuzufügen. Er darf auf keinen Fall erfahren, dass sie jemandem etwas bedeutet." Er warf Cassian einen vielsagenden Blick zu. "So wird sie mit einigen Brandwunden davonkommen."


Cassian starrte Eris verwundert an. Er hätte es nicht für möglich gehalten, dass sich der Sohn Byrons für etwas anderes als sich selbst interessierte. Und noch viel wichtiger..

"Sie ist Eure Schwester?!", zischte der Illyrianer entsetzt.

Eris verdrehte nur die Augen. "Als ob das wirklich so schlimm wäre."

Dann drehte er sich um und legte Byron eine Hand auf den Arm. Der High Lord wandte sich um und sah seinen Sohn voller Hass an. Dieser hielt dem flammenden Blick seines Vaters jedoch stand und starrte ihn stumm an. Sie schienen ein lautloses Wortgefecht auszutragen; letztendlich gab Byron nach und ließ Merowen wie eine Puppe zu Boden fallen.

Cassian eilte zu ihr und nahm sie in seine Arme.

Ihr Hals war übersäht von frischen roten Striemen, die stellenweise Blasen schlugen. Der Zorn kehrte so unvermittelt und heftig zurück, dass Cassian aufkeuchte.

Er drängte seine aufsteigende Gefühle zurück und wirbelte zu Eris herum.

"Schnell, zeigt mir den Weg zu einem Eurer Heiler!"



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"Die Wunden sind erst einmal versorgt; ich rate allerdings, dass sie das Bett die nächsten Tage nicht verlässt.", mit diesen Worten verabschiedete sich die Heilerin und verschwand.

Evaline verschloss die Türe hinter ihr und drehte sich zu Cassian um. Ihr Blick zuckte zu seiner Hand, die vorsichtig die der Illyrianerin umschlossen hielt. 

"Sie bedeutet Euch etwas.", stellte sie dann unvermittelt fest.

Cassian nickte nur knapp. Der Fae schien dies auszureichen; sie tätschelte ihm kurz die Schulter und setzte sich dann mit einem großen Korb getrockneter Kräuter an einen Tisch auf der anderen Seite des Raumes.


Abwesend strich Cassian über den Brief in seiner Hand. Er war zerknittert und die Tinte darauf bereits an einigen Teilen verwischt, so oft hatte er ihn gelesen. Immer und immer wieder, bis sich die Worte in sein Gehirn eingebrannt hatten.


"Es ist durchaus möglich, dass ihr Seelenverwandte seid."

Vor einigen Tagen hatte er Rhys geschrieben und ihn um Rat gefragt. Der High Lord selbst hatte einige Erfahrung mit Seelenverwandtschaft und Cassian wusste, sein Freund würde ihn ernst nehmen. Es ging vor allem um die Stimme von Merowen, die er immer wieder in seinem Kopf zu hören schien. 

Doch bis heute war er sich nicht sicher gewesen. Deshalb hatte er sie zu einem Kampf aufgefordert; er hatte spüren wollen, wie er auf ihre Nähe reagierte. Und dann hatte er plötzlich auf ihr gelegen. So nah, dass ihn ihr unverwechselbarer Geruch nach Zimt und Orangen eingehüllt hatte und er in ihren Augen versunken war. Diese Augen! 

Wie das Meer an einem stürmischen Wintermorgen.

Cassian hatte es gespürt; dieses Knistern, das auf einmal zwischen ihnen war. Noch nie in seinem Leben hatte er so etwas gefühlt; keine der Frauen, mit denen er bisher zusammen gewesen war, hatte ihn so empfinden lassen. Nicht einmal Mor. 

Da war es ihm wie Schuppen von den Augen gefallen. Diese kleine kriegerische Fae war der Teil in seinem Leben, von dem er nie gewusst hatte, dass er ihm fehlte. Als wäre die Welt grau gewesen und sie hätte sie wieder erstrahlen lassen. Sie war seine Sonne, sein Zentrum: seine Gefährtin.

Tales of Wings and Fire (ACOTAR fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt