Kapitel sieben

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CASSIAN

Cassian landete mit Nesta in seinen Armen im Camp und befand sich sofort im Mittelpunkt aller Aufmerksamkeit. Er ließ sie schnell zu Boden gleiten und richtete sich wieder auf. Nesta sah extrem verstimmt aus und würde ihre Wut vermutlich an ihm auslassen. Dieser Gedanke ließ ihn kurz lächeln. Er fand es fast niedlich, wenn sie wütend wurde. 

Die Fae blickte auf. "Mach dich nicht über mich lustig, Cassian. Ich bin hier nicht freiwillig und es wird nichts an meiner Situation ändern." Sie schnaubte kurz. 

"Und glaub bloß nicht, dass ich mich dir an den Hals werfe, nur weil du der einzige Illyrianer bist, den ich hier kenne."

Cassians Blick verfinsterte sich. "Du wirst meine Männer mit deinen Launen in Ruhe lassen, ich kann sonst nicht für deine Sicherheit garantieren.", knurrte er. Nesta sah demonstrativ an ihm vorbei, nickte aber knapp.

Das musste genügen. Er konnte nur hoffen, dass sie sich an seine Anweisungen hielt. Cassian ließ den Blick schweifen. Dabei spürte er, wie ihn jemand beobachtete. Als er sich umblickte, sah er gerade noch leuchtend rote Haare, die in der Menge verschwanden.

Kopfschüttelnd nahm Cassian Nesta am Arm und führte sie in eines der größeren Zelte. Sie ließ sich kommentarlos von ihm mitziehen und von einer älteren Illyrianerin mit langen silbernen Haaren in Empfang nehmen. Sie war immer stiller geworden, offenbar hatte die lange Rückreise nicht nur ihm zugesetzt.

"Wir sehen uns gleich, Eisprinzessin.", sagte er und zwinkerte ihr zu, ehe er in einem der hinteren Räume verschwand. Er hörte Nestas Antwort nicht mehr, konnte sich ihr entnervtes Augenverdrehen allerdings bildhaft vorstellen.


Als sie einige Zeit später frisch gewaschen und gestärkt aus dem Zelt hervortraten, empfing sie großer Lärm, der vom Trainingsplatz zu kommen schien. Dort hatte sich eine große Menschentraube gebildet, es fand vermutlich ein Kampf statt. Von Weitem konnte er bereits Elia erkennen, die den Kampf gebannt verfolgte. Er bahnte sich mit Nesta einen Weg durch die Menge und winkte Elia zu. Die blonde Kriegerin hatte sie bereits bemerkt, winkte zurück und begrüßte ihn fröhlich. "Cassian, schön, dich zu sehen. Du musst dir diesen Kampf anschauen, meine Freundin Merowen wurde herausgefordert." 

Cassian lenkte seine Aufmerksamkeit auf die Mitte des Rings. Dort stand Thyran, ein grobschlächtiger Illyrianer, den er schon des Öfteren zurechtweisen musste. Thyran war wegen dessen unnötiger Brutalität immer wieder unangenehm aufgefallen. Die meisten seiner Sparringpartner verbrachten danach einige Tage im Krankenflügel und waren Wochen nicht mehr für Kämpfe einsatzbereit.

Thyran gegenüber stand eine zierliche rootharige Frau, der Größenunterschied der beiden wirkte beinahe grotesk. Laut Elia war das Merowen. Sie hatte keine Flügel und sah nicht sehr stark aus, noch dazu wirkte sie sehr jung; sie konnte nur etwas älter als Feyre sein. Der Favorit der Menge war klar Thyran. Cassian runzelte die Stirn und wandte sich dann Elia zu "Sie ist augenscheinlich unterlegen, bist du sicher, dass sie klarkommt?"

Elia quittierte dies nur mit einer wegwerfenden Handbewegung. "Merowen ist die Beste, sie wird ihn sowas von fertig machen." Als hätte sie gespürt, dass über sie geredet wurde, sah die junge Kriegerin nach oben, direkt zu Cassian und Nesta. Ihre Augen waren von einem erstaunlichen Grau. Cassian durchzuckte es heiß und kalt. Was war bloß los mit ihm? Nesta neben ihm versteifte sich kurz. "Ich mag sie nicht.", murmelte sie und griff nach seinem Arm.

Dann begann der Kampf. Wie alle anderen war Cassian überrascht, Thyran nach einigen Sekunden bereits am Boden zu sehen. Verwundert musterte er die Illyrianerin. Sie war besser als einige seiner Männer zusammen und das ohne Flügel!

Als Thyran seinen Morgenstern zückte, lief Cassian ein Schauer über den Rücken. Sie hatte ihn wütend gemacht, das endete für die meisten Gegner Thyrans schlimm. Zur Überraschung Aller zögerte Merowen nicht lange und rannte direkt auf den Riesen zu. Problemlos erkannte sie die einzige Lücke in seiner Verteidigung und überbrückte die letzte Distanz zwischen den beiden, bis sie direkt vor ihm stand. Verdammt, sie war gut!

Dann ging alles ganz schnell. Er sah noch, wie Merowen ihr Schwert heben wollte, ihr linker Arm jedoch nicht gehorchte. Schmerzverzerrt blockte sie seinen Dolch, dann holte Thyran zu ihrem Kopf aus. Cassian reagierte instinktiv. 

Er stürmte auf den Platz, konnte aber nicht mehr verhindern, dass Thyran die rothaarige Illyrianerin mit dem Morgenstern bewusstlos schlug. 

"Aufhören, das reicht!", brüllte er. Mit einem gezielten Hieb schlug er Thyran den Dolch aus der Hand, bevor dieser mit einem zweiten Hieb ernsthafteren Schaden zufügen konnte. Ein weiterer Tritt Richtung Kinn beförderte den massigen Illyrianer an den Rand des Rings, wo er liegen blieb.


Cassian drehte sich zu der Verletzten um. Merowen war bereits wieder aufgestanden, sie stützte sich auf Elia und blutete aus einer Platzwunde am Kopf. Besorgt trat Cassian näher, konnte jedoch keine weiteren Verletzungen erkennen. 

Als auch Merowen seine Aufmerksamkeit bemerkte, nahm sie automatisch Haltung an. "Mir geht es gut, Kommandant, kein Grund für Aufregung. Danke für die Hilfe."

"Was war mit deiner Schulter?"

Merowen zuckte zusammen. "Nichts schlimmes, nur eine alte Verletzung.", murmelte sie ausweichend. Cassian kniff zweifelnd die Augen zusammen. Sie war genauso schlecht im Lügen wie sein Freund Az. 

"Du musst zu einem Heiler, das untersuchen lassen.", erklärte er.

"Ich lasse Elia die Wunde verbinden, das reicht aus.", gab sie unwirsch zurück.

"Das war keine Bitte, sondern ein Befehl." Cassian sah sie herausfordernd an und verschränkte die Arme vor der Brust. 

Merowen wollte antworten, überlegte es sich dann jedoch anders und blickte ihn nur wütend an. Dann machte sie auf dem Absatz kehrt und verschwand in einem der Zelte.

Cassian sah ihr nachdenklich hinterher. Dann ließ er nach Nesta rufen. Seine Wahl stand fest: Merowen würde der eigenwilligen Fae das Kämpfen beibringen.



Tales of Wings and Fire (ACOTAR fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt