Kapitel elf

811 41 5
                                    

CASSIAN

Cassian räusperte sich. Die Stille wurde langsam unangenehm.

Im Arbeitszimmer von Rhysand, dem High Lord des Hofes der Nacht herrschte heute ungewöhnlich viel Trubel. Neben Cassian und Rhysand selbst befanden sich der Schattensänger  Azriel, Nesta Archeron, ihre Schwester Feyre und Erin Vanserra in dem kleinen Raum, sodass es mit den Schwingen der beiden Illyrianer ziemlich eng wurde.


"Die Frage war, Erin, würde Euer Vater sich bereiterklären, sie aufzunehmen.", wiederholte Rhysand seine letzten Worte. Er klang inzwischen leicht gereizt. Kein Wunder, sie standen schon gut zwei Stunden hier herum und diskutierten über ein und dasselbe Thema. 

"Warum sollte er. Sie ist bloß ein dreckiges Halbblu-", ehe Erin seinen Satz beenden konnte, hatte Rhysand ihn bereits am Kragen gepackt.

Der ganze Raum schien den Atem anzuhalten. Wenn der High Lord der Nacht die Beherrschung verlor, konnte das für alle Beteiligten unschön enden. Gerade jetzt, wo die Beziehungen der Höfe so instabil waren, vermieden die High Lords in der Regel jede noch so kleine Konfrontation. Leider trug Erins Gemüt normalerweise nicht dazu bei, dass Rhysand sich beruhigte.

"Noch eine weitere Beleidigung in diese Richtung und ich bin das letzte, was du siehst, Prinz.", zischte der Lord. "Vergiss nicht, dass auch ich gemischten Blutes bin."

Feyre legte ihrem Seelengefährten beschwichtigend eine Hand auf den Arm. "Hör auf Rhys, du machst es nicht besser.", flüsterte sie.

Nur widerwillig ließ Rhysander den Prinz des Herbsthofes los und trat einige Schritte zurück. Erstaunlich, dass Feyre die Situation so schnell entschärfen konnte. Cassian lächelte. Er war stolz auf seine High Lady.

Nach einigen weiteren Momenten des Schweigens drehte sich Erin zu Rhysand um. "Ich könnte sie mit an unseren Hof nehmen.", gestand er langsam zu. Jedes Wort schien ihn Überwindung zu kosten. "Für ihre Sicherheit kann ich jedoch nicht sorgen. Seit der Sache mit Lucien ist unser Vater.. unberechenbar geworden." Wut verdunkelte einen Moment lang seinen Blick.

Eine Illyrianerin alleine am Herbsthof? Das konnte Rhys nicht ernsthaft in Erwägung ziehen.

Bevor Cassian etwas sagen konnte, trat jedoch Nesta vor. "Dann nehmt auch mich mit."

Feyre gab einen laut des Erstaunens von sich und schlug sofort die Hand vor den Mund. Doch jeder in diesem Raum hatte ihren kurzen Gefühlsausbruch mitbekommen. Nesta funkelte ihre Schwester wütend an. 

"Glaub was du willst, aber ich kann sie leiden. Außerdem ist mein Training noch nicht abgeschlossen und ich habe keine Lust mich von solchen Grobianen..", dabei zeigte sie wild gestikulierend abwechselnd auf Azriel und Cassian "..unterrichten zu lassen."

Rhysands Augenbrauen wanderten nach oben, er verkniff sich jedoch einen Kommentar und dachte einige Minuten über Nestas Angebot nach.

"Nun gut, du kannst gehen.", entschied er schließlich.

"Aber Cassian wird dich weiterhin begleiten. Alleine kann ich dich nicht an einen fremden Hof schicken, meine Frau würde mich zweifelsohne umbringen.", er warf einen liebevollen Blick auf Feyre, die nur die Augen verdrehte und ihn mit dem Ellenbogen in die Seite stieß.

"Ich würde CASSIAN umbringen, weil er nicht selbst auf die Idee gekommen ist.", verbesserte sie Rhys dann grinsend.

Cassian verschränkte die Arme vor der Brust. Er hatte nicht sonderlich Lust, an den Herbsthof zu gehen. Aber blieb ihm in Hinblick auf die aktuelle Situation überhaupt eine andere Wahl? Außerdem musste er dringend mit Merowen unter vier Augen sprechen. Er hätte schwören können, ihre Stimme in seinem Kopf gehört zu haben, bevor all das passiert war und DAS konnte er definitiv nicht ignorieren. Auch wenn er es nicht gerne zugab, bekam er alleine schon bei dem Gedanken, sie alleine gehen zu lassen, ein unwohles Gefühl. Er hatte noch das Bild vor Augen, wie er die Illyrianerin in dem See gefunden hatte. Sie hatte so zerbrechlich und leblos gewirkt. 

Cassian spürte den fragenden Blick seines Freundes Az auf sich ruhen und realisierte, dass seit geraumer Zeit niemand etwas gesagt hatte. Alle warteten auf seine Antwort.

"Ich begleite sie an den Hof des Herbstes.", stimmte Cassian deshalb seufzend zu.

Rhysand nickte zufrieden. "Danke, Bruder." An die Anderen gerichtet fuhr er fort.

"Alle bis auf Azriel und Feyre machen sich reisefertig, in zwei Tagen brecht ihr auf. Helft der Illyrianerin, sofern sie bis dahin nicht erwacht ist." 

"Und Erin..", er drehte sich zu dem Fae Prinzen um, "..bereitet Eure Mutter darauf vor, ihre Tochter kennen zu lernen."

Tales of Wings and Fire (ACOTAR fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt