Kapitel neunzehn: Von Vergangenen Geschichten und neuen Banden

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MEROWEN

Die nächsten Tage herrschte helle Aufregung im ganzen Schloss. Der Herbsthof war damit beschäftigt, alles für den bevorstehenden alljährlichen Ball zur Wintersonnenwende vorzubereiten. Auch ich war eingeladen und hatte dementsprechend alle Hände voll zu tun.

Meine Maße wurden genommen, man ließ extra für mich eine Schneiderin kommen (das Werk meiner Mutter, wie ich vermutete), ich musste einige Tanzstunden bei einem alten, griesgrämigen Fae nehmen und stundenlang still sitzen, während meine Haare zu den verschiedensten Frisuren aufgetürmt wurden. Nesta leistete mir dabei oft Gesellschaft und hielt mich davon ab, vor Langeweile aus dem Fenster zu springen. Die Hälfte Illyrianer in mir war absolut nicht geschaffen für ein Leben bei Hofe, das ich nun in seiner vollen Auswirkung zu spüren bekam.


Mir blieb demnach kaum Zeit, über mein Gespräch mit Ahillea und Eris nachzudenken. Und selbst wenn, die Vorstellung, ich könnte mich Beron entgegenstellen, war schlichtweg lächerlich. Ich hatte meine Kräfte kaum unter Kontrolle, während der High Lord des Herbsthofes Jahrhunderte damit verbracht hatte, die seinen zu perfektionieren. Alleine der Gedanken an ihn ließ meine Hände vor Angst zittern und meine Knie weich werden. Also verschob ich dieses Thema in den hintersten Winkel meines Kopfes und beschloss, mich zunächst anderen Dingen zu widmen.


Eine Sache davon war die Suche nach einer Bibliothek. Ich wollte mehr über die Geschichte des Herbsthofes erfahren. Wenn es stimmte, was Ahillea mir damals erzählt hatte, musste es irgendwo Aufzeichnungen aus der Zeit vor der Herrschaft Lord Berons geben. Und vielleicht erfuhr ich so auch etwas über meinen Vater oder sogar meine eigene Vergangenheit.

Nachdem ich ein paar nicht sehr hilfsbereite Fae nach dem Weg gefragt hatte, hatte ich mich wieder einmal restlos verlaufen. Zu meinem Glück bog in diesem Moment Elia um die Ecke und stieß dabei fast mit mir zusammen.

Sie sah mich überrascht an, fasste sich jedoch schnell und lächelte mir zu.

"Mero! Schön, dass es dir wieder besser geht, was machst du hier?"

"Ich suche die Bibliothek, habe mich aber mal wieder schrecklich verirrt.", gestand ich und strich mir verlegen ein paar Haarsträhnen hinter das Ohr.

Sie kicherte. "Komm, ich zeig dir den Weg."

Elia führte mich an einigen großen Sälen vorbei, immer tiefer unter die Erde. Irgendwann kamen wir vor einer großen doppelflügeligen Türe aus hellrotem Granit zum stehen. Elia lehnte sich dagegen und bedeutet mir mit einer Bewegung ihres Kinns, ihr dabei zu helfen. Ich stemmte mich mit meinem vollen Körpergewicht gegen den rechten Türflügel und nach einigen Minuten gab dieser nach. 


Gemeinsam zwängten wir uns durch den entstandenen Spalt und betraten die Bibliothek. Meine Augen weiteten sich vor Freude. Eine solche Menge an Büchern hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen; sie mussten seit Jahrtausenden von den Fae des Herbsthofes gesammelt worden sein. Der Boden aus weißen Marmor reflektierte meinen verzückten Gesichtsausdruck. 

Vom Eingang her zweigten sternförmig Gänge ab, die bis zur Decke mit Bücherregalen aus wunderschönem hellen Holz gefüllt waren. Die drei größten Gänge mündeten in riesige Treppen, die in einem sanften Bogen zu den höheren Ebenen führten. Auch die Bibliothek hatte -wie der Thronsaal schon- kein Dach, sodass man den wolkenlosen Himmel sehen konnte. Ich vermutete, dass der gesamte Raum mit einem Zauber belegt war, sodass die Bücher bei Regen oder Sturm nicht durch Nässe beschädigt werden konnten.

Die warmen Sonnenstrahlen genießend, die auf mein Gesicht fielen, schritt ich die Bücherregale ab und malte mit meinen Fingern Wellenlinien in den Staub. Elia war am Eingang zurückgeblieben, doch das störte mich nicht. Zu sehr vereinnahmte mich die einzigartige Atmosphäre dieses Orts.

Tales of Wings and Fire (ACOTAR fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt