Kapitel zwei

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CASSIAN

Cassian atmete tief ein und versuchte, seine Wut zu zügeln. Devlon behandelte ihn nach all den Jahren immer noch wie den Bastard, der er in seinen Augen war. Das war Cassian gewohnt; er hatte gelernt, es zu ignorieren. Aber ihn vor all seinen Männern zu unterbrechen.. seine Autorität derart zu untergraben, das war etwas völlig anderes. Nach all den Schlachten, die er Seite an Seite mit den Illyrianern geschlagen hatte, verachtete ihn dieser Mann immer noch. Wie gerne hätte er seine Wut an Devlon ausgelassen, hätte ihn mit seinen bloßen Händen Vernunft eingeprügelt. Doch das war keine Lösung. Das Lager würde diesen Akt der Gewalt nur mit mehr Gewalt vergelten wollen. Und Devlon hätte endlich einen Grund, öffentlich gegen ihn vorzugehen. Cassian schenkte sich ein Glas Wasser ein und ignorierte dabei seine Hände, die vor unterdrückter Wut immer noch leicht zitterten. Als Lord Devlon das Kommandozelt betrat, stürzte Cassian das Wasser herunter und hielt dem Blick des Lords stand. Dessen Hass war beinahe körperlich spürbar. Und doch war sein Hass gegenüber ihm noch gering im Vergleich zu dem der Kommandanten anderer Lager. Beim Verlassen des Zelts streifte Cassian den Kommandanten wie versehentlich an der Schulter. Dabei ließ er etwas Energie in den Stein an seiner Schulter fließen, sodass Devlon wie durch eine unsichtbare Wand zurückgestoßen wurde. Dabei konnte er das kleines Lächeln nicht unterdrücken, das sich in seinen Mundwinkeln festsetzte.

"Macht euch bereit! Wir nehmen Kurs Richtung Süden! Lord Tarquin braucht unsere Hilfe." Cassian sprach laut, der Wind trug seine Stimme auch zum letzten Mann auf dem Platz. Ohne Devlon, der soeben fluchend aus dem Kommandozelt getreten war noch eines Blickes zu würdigen, drehte er sich um und stieß sich vom Boden ab. Er nutze die Aufwinde, die das Lager an diesem Nachmittag umgaben und schwang sich hoch in die Luft. Hinter sich hörte Cassian seine Männer, die es ihm gleich taten. Mit den Flügeln schlagend, hielt er sich im Himmel und drehte sich um. Alle waren bereits in der Luft. Bis auf die Frau. Elia war ihr Name, soweit er sich erinnerte. Auf sie würde er besonders aufpassen müssen. Cassian wusste, dass Frauen schon unter normalen Umständen von Illyrianern kaum gewertschätzt wurden, noch weniger im Krieg. Umso glücklicher machte ihn der Anblick einer Frau in seinem Gefolge. Die erste Illyrianerin auf einem Schlachtfeld. Und er würde sie anführen. Elia umarmte nochmals ihre Freundin. Diese sah dabei zu, wie Elia abhob. Dabei traf ihr Blick kurz den von Cassian. Sein Blickfeld verschwamm leicht und er hatte einen Moment Mühe, sein Gleichgewicht zu halten. Was zur Hölle war das? Er blinzelte, dann war das Gefühl vorbei. Elias Freundin hatte sich bereits umgedreht und steuerte auf eines der Zelte zu; ihr feuerrotes Haar leuchtete im Schein der untergehenden Sonne. Als Cassian sich umdrehte und zur Spitze der Formation flog, konnte er das Gefühl nicht abschütteln, etwas Wichtiges vergessen zu haben.

Tales of Wings and Fire (ACOTAR fanfiction)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt