17 | Aegirs Hallen

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Es hat geregnet, an diesem Tag

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Es hat geregnet, an diesem Tag. Schon die ganze Woche lang schüttete es aus Eimern, und die nicht endenden Regengüsse verwandelten den Garten hinter dem Haus in ein Feld aus Matsch. Vater hat versprochen, mit uns einen Drachen steigen zu lassen, sobald der Regen aufhören würde.

Finnegan und ich haben uns in Vaters Arbeitszimmer verzogen, und lagen auf einer Picknickdecke in der Mitte des Raumes, jeder mit einem Buch vor sich. Wir lasen uns abwechselnd Textstellen vor, jahrhundertealte Legenden mit kryptischen Botschaften, während Daisy die Regale mit den Artefakten abstaubte. Sie hatte rotes Haar, richtig flammenrot, und war vielleicht Anfang Zwanzig. Ich glaube, Staubwischen gehörte eigentlich nicht zu ihren Aufgaben, sie tat es trotzdem, sei es nur, um beschäftigt auszusehen, sobald Mutter reinkam. Mutter saß an diesem Abend im Nebenraum, in ihrem Arbeitszimmer, und war mit ihrer Arbeit beschäftigt.

Wir bekamen nur mit, dass jemand das Haus betrat, weil die Haustür immer so fürchterlich quietschte. Außerdem wurden die Geräusche des Sturms lauter und hallten durch den Flur. Ich sprang sofort auf, meine Decke um mich gewickelt, doch an der Tür hielt mich Finnegan auf.

Mutter stand schon im Flur, die Hände in die Hüften gestützt. Sie trug ihre Haare damals länger. »Wo warst du?«, fragte sie schnippisch.

Sie stritten sich häufiger, gerade weil Vater immer wie aus dem Nichts verschwand, um nach irgendwelchen Legenden zu forschen. Ich konnte ihn von der Tür aus sehen – sie war verglast – wie er auf der Fußmatte stand und in seinem durchtränkten Mantel das Parkett nasstropfte.

»Ich habe ihn gefunden«, murmelte er nur. »Aber... es war ein Fehler. Oh Gott, Penny, ich habe eine furchtbare Dummheit begangen.«

»Was hast du getan, Alexander?«, rief Mutter mit schriller Stimme.

Vater schaute uns Kinder an, die Brille vom Regen verschmiert, wie ein begossener Pudel im Eingangsbereich stehend. »Es tut mir leid.«

Ein fürchterliches Schwindelgefühl erfasste mich, und ich fühlte mich so müde, furchtbar erschöpft, wollte einfach nur schlafen, und so sank ich gegen die verglaste Tür des Arbeitszimmers, wo Daisy mich gerade noch auffangen konnte.

Hustend komme ich wieder zu Bewusstsein. Ich spucke Tümpelwasser und Algen aus, stütze mich auf meinen Händen ab und sauge frische Luft in meine Lungen, bis ich vom nächsten Hustenanfall geschüttelt werde. Mein Brustkorb fühlt sich so an, als hätte ich einen Marathon im Sprint hingelegt. In meinem Kopf dreht sich alles. Schwankend versuche ich aufzustehen, muss mich aber an dem Gegenstand zu meiner Linken abstützen. Noch immer brennt das Wasser in meinen Augen. Während ich schwer atmend dastehe, versuche ich Sinn aus dem zu machen, was gerade passiert ist. Ich bin in den Teich gefallen – nein, ich wurde reingezogen. Doch wo bin ich jetzt?

Mein Blickfeld klärt sich allmählich. Zumindest soweit, dass ich erkenne, dass die verzerrten Bilder vor mir keineswegs von meiner verschwommenen Sich herrühren. Ich strecke eine Hand aus, und sie berührt eine glatte Oberfläche keine fünfzig Zentimeter vor meiner Nase. Daran habe ich mich also abgestützt. Der Boden zu meinen Füßen besteht ebenfalls aus diesem Glas. Ich lege den Kopf in den Nacken. Von oben dringt kein Licht herein. Ich ziehe die Stirn in Falten und fahre mit meiner Hand am Glas entlang, eine ganze Runde herum. Mit Schrecken stelle ich fest, in welcher Situation ich mich gerade befinde.

Lethargy | ᵗʰᵒʳ ᵒᵈⁱⁿˢᵒⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt