12 | Abschied

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Vater nimmt seine Brille ab und putzt sie erneut

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Vater nimmt seine Brille ab und putzt sie erneut. Thor streicht sich über sein stoppeliges Kinn. Ich trinke einen Schluck Tee und sehe zwischen den beiden hin und her. Der Gott des Donners hat eine nachdenkliche Miene aufgesetzt, und lässt Mjölnir von Hand zu Hand wandern. Diese Geste ist mir bereits vertraut. Doch ich kann nicht sehen, was sich in seinem Kopf abspielt. Ich habe ihn zu der Person gebracht, die er suchte. Vater hat ihm gesagt, was er weiß. Wie geht es jetzt weiter?

»Vielen Dank für den Tee«, sagt Thor schließlich. Er zögert, sieht in Richtung des fleckigen Fensters, dann zu mir. »Ich denke, meine Suche hier auf Midgard ist beendet.«

»Du gehst?«, frage ich bestürzt. Die Teetasse klirrt leise, als ich sie auf dem Tisch abstelle.

»Es wäre wohl das Beste, wenn ich mich zunächst den anderen Welten widme. Vielleicht habe ich dort Erfolg.«

Ich presse die Lippen aufeinander. Wie dumm von mir. Natürlich wusste ich, dass Thor gehen würde, sobald er in Besitz der Informationen gelangt ist, die er benötigt.

Wir gehen nach draußen. Vater und ich bleiben auf der Veranda stehen, während Thor einige Schritte den überwachsenen Gartenweg entlanggeht. Es ist bei weitem nicht so kalt wie gestern Abend in London, trotzdem überkommt mich ein Frösteln, und ich schlinge meine Arme um meinen Oberkörper. Thor verlässt die Erde tatsächlich. Er sieht in den wolkenverhangenen Himmel hinauf und scheint zu zögern. Er kommt noch einmal zurück zur Veranda, und mein Herz macht einen kleinen Sprung.

»Auf Wiedersehen, Eira.« Er führt meine Hand zu seinem Mund und haucht einen angedeuteten Kuss darauf.

Ich spüre, wie meine Wangen in der Herbstluft brennen. Ich bekomme kein Wort heraus, bis sich Thors hellblaue Augen von mir abwenden.

»Doktor van Houten, ich danke Ihnen für den Rat.«

Vater winkt ab. »Nichts zu danken, man hat ja nicht alle Tage die Gelegenheit, den Gott des Donners persönlich zu treffen.«

Thor legt den Kopf in den Nacken. »Heimdall? Ich wäre soweit.«

Einige Sekunden lang passiert nichts. Dann schießt ein Strahl aus gleißendem Licht auf die Erde herab. Mit einer Hand schirme ich meine Augen gegen den Strahl ab, der gänzlich aus Regenbögen zu bestehen scheint.

»Der Bifröst«, flüstert Vater mit glänzenden Augen.

Die Regenbogenbrücke, die das Reisen zwischen den neun Welten ermöglicht, und nun Thor verschlingt. Ein dumpfes Gefühl macht sich in meiner Brust breit. Der Bifröststrahl verschwindet und hinterlässt ein verschnörkeltes Muster auf dem Gras. Ich blinzele immer noch in den Himmel hinauf, und bemerke nur aus dem Augenwinkel, wie eine weitere Gestalt das Grundstück betreten hat.

»Wie schade, dass ich unseren Gast verpasst habe.«

»Finnegan«, sage ich eisig. »Was machst du hier?«

Lethargy | ᵗʰᵒʳ ᵒᵈⁱⁿˢᵒⁿWo Geschichten leben. Entdecke jetzt