Der Abend kommt schneller als gedacht, und schon sitzt die Dorfgemeinschaft in gemütlicher Runde versammelt in der großen Halle. Kein alltägliches Ritual, nur heute zur Feier der Gäste. Hogun und Thor haben sich auch bald eingefunden. Als letzterer die Halle betritt, ist seine Miene zunächst nachdenklich, dann, als er mich sieht, hellt sie sich auf.
»Die Kleidung steht dir gut«, sagt er mit einem Blick auf das zweifarbige Leinenkleid.
»Besser als dir die von der Erde«, antworte ich, zaghaft lächelnd. Ich möchte ihm sagen, was Ingi und Nadaia heute über mich beschlossen haben, und ihn fragen, welche Pläne er sich für die nächsten Tage ausgedacht hat. Doch hier drin ist es zu voll und zu laut, um ein Gespräch unter vier Augen führen zu können.
Ein Mann mit einem kleinen Mädchen auf dem Arm kommt herein, woraufhin Nadaia sich von ihrem Platz neben mir erhebt und die beiden liebevoll begrüßt.
»Eira, das sind Eryk und Katla«, stellt sie mir die beiden vor.
Das Mädchen, vielleicht fünf oder sechs Jahre alt, beobachtet mich mit großen, braunen Augen. Sie macht einige schnelle Gesten zu ihrer Mutter.
»Sie möchte deine Haare anfassen«, übersetzt Nadaia. Dann fügt sie noch leise hinzu: »Katla spricht nicht.«
Zur Antwort nicke ich, und das Mädchen nimmt meine feinen, blonden Haare in ihre kleinen Hände. Die Haare der Dorfbewohner sind alle entweder dunkelbraun oder schwarz, ich falle also komplett aus dem Raster. Während des Essens flechtet mir Katla unter gelegentlichem Gekicher kleine Zöpfe in die Haare. Ab und zu zieht sie dadurch meinen Kopf nach unten, doch ich versuche, mir nichts anmerken zu lassen. Sie ist wirklich ein süßes Kind.
Eryk, Nadaias Mann, hat ebenso wie Hogun schwarze Haare und einen schwarzen Bart. Die vielen Zöpfe wurden ihm wohl ebenfalls von Katla geflochten. Beim Hereinkommen hatte er noch einen Köcher auf dem Rücken, den er nun zur Seite gelegt hat. Die beiden waren gemeinsam im Wald unterwegs, wie ich herausfinde. Insgesamt geht es bei diesem Essen sehr viel ruhiger zu als in Nidavellir, und das begrüße ich ungemein. Von allen Seiten her werde ich angesprochen, versuche, so gut es geht auf Fragen zu antworten und Ingi davon abzuhalten, mir noch mehr Essen auf meinen Teller zu packen. Nadaia hat mir ein paar ihrer Handschuhe geliehen. Sie geben mir ein Gefühl der Sicherheit. Die Dorfbewohner sind freundlich zu mir, und das will ich nicht ruinieren, indem ich sie verletze.
• • •
Bereits früh am nächsten Morgen reißt mich Nadaia aus dem Schlaf. Sie wirft mir einen Stock entgegen.
»Bevor du mit der göttlichen Waffe kämpfst, fangen wir mit etwas weniger Tödlichem an.«
Auf einem Übungsplatz unweit des Dorfes treffen wir auf Ingi, die, auf ihren Stock gestützt, uns heranwinkt. Katla sitzt auf dem Boden und spielt mit einer Puppe.
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Lethargy | ᵗʰᵒʳ ᵒᵈⁱⁿˢᵒⁿ
Fanfiction⟫ Ist es tatsächlich eine Gabe? Oder doch eher ein Fluch? ⟪ ⟫ Niemand in den neun Welten könnte je so zornig auf dich sein, um sich mit einem Fluch an dir rächen zu wollen ⟪ ᴘᴏꜱᴛ ᴀɢᴇ ᴏꜰ ᴜʟᴛʀᴏɴ - ɪɴꜰɪɴɪᴛʏ ᴡᴀʀ Eira steht vor einem...