Erholt betrat ich die Brücke. In dem Moment stütze sich Meister Skywalker verzweifelt auf den Holotisch. Mein Meister sagte ihm etwas und legte seine Hand auf seine Schulter. Ich spürte ihre enge Bindung. Die eines Meisters und seines Schülers. Würde ich jemals eine ähnliche Bindung mit Meister Kenobi pflegen, oder war ich nur die zweite Padawanschülerin?
"Kiona! Gut dass du hier bist." Warm lächelte mein Meister mich an. Bei meinen Gedanken konnte ich ihm kaum in die Augen blicken. Es bildete sich eine Gänsehaut auf meinem ganzen Körper. "Komm mit." Vertrieb er meine zweifelnden Gedanken und legte seine Hand nun auf meine Schulter. Ein Jedi sollte nicht zweifeln. Obi Wan wäre niemals bereit gewesen, einen neuen Padawan anzunehmen, wenn er Anakin immer noch als seinen Schüler betrachtete. Außerdem schätzte ich ihn weniger emotional ein, was hieß, er würde selbst zu Anakin nicht die stärksten Gefühle zeigen. Ich hatte also eine Chance, den gleichen Rang wie Meister Skywalker zu erhalten.
"Wohin gehen wir?" Fragte ich, als wir wieder in entlegenere Flure kamen und nur noch selten einem Klon begegneten.
"Wir werden meditieren." Meditieren? Aufmunternd blickte Obi Wan zu mir. Nervös erwiderte ich seinen freundlichen Ausdruck. Im Tempel meditierten wir immer mit Meister Yoda. Er zeigte uns, wie wir die Macht fokussieren konnten und somit ganz klar unsere Visionen erkennen konnten. Mir fiel es nicht schwer, im Gegenteil zu einigen anderen war ich sogar ein hochbegabter Machtnutzer. Der Großmeister erklärte uns einfache Tricks, mit denen wir schneller in den tiefen Zustand der Meditation kamen, doch in wie fern mir dies jetzt eine Hilfe sein sollte, war mir nicht klar.
"Ich habe mit Meister Yoda gesprochen." Abwesend nickte ich Obi Wan zu. "Er meinte, es sei ihm bereits bei seinen Lehrstunden über die Macht aufgefallen, dass du eine unglaubliche starke Verbindung zur Macht hast." Wieder nickte ich. Seine Worte waren irgendwie weit weg, ich konnte ihn kaum wahr nehmen. Meine Sinne wurden getrübt. Irgendetwas in mir setzte aus. Doch bevor ich die Ursache finden konnte, hielt Obi Wan mich fest. Sein fester Griff auf meiner Schulter brachte mich zum Stehen. "Verstehst du?" Dann dämmerte es mir. "Meister Yoda sieht in dir einen der stärksten Machtnutzer des Jediordens. Er sagte allerdings auch, dass du diese Fähigkeit kontrollieren musst, sonst kann die dunkle Seite davon profitieren.
"Ich verstehe." Die Macht zeigte mir also, wer ich wirklich war und was in mir steckte.
"Komm." Er schob mich durch eine Tür, die in ein kleines Quartier führte, in der lediglich zwei Meditationshocker standen.
"Wie einladend." Stellte ich spöttisch fest.
"Es erfüllt seinen Zweck. Hier ist es ruhig und wir können uns ungehindert der Meditation widmen." Er wies mit seiner Hand auf einen der Hocker und setzte sich auf den anderen. Ich schob mein eines Bein über mein anderes. Eine eigentlich unbequeme Position, doch mit der Zeit gewöhnte man sich daran. Tief atmete ich ein. Keiner von uns beiden sagte mehr etwas. Was genau ich jetzt machen sollte, war mir nicht ganz bewusst, doch irgendwie würde mich die Macht schon leiten. So wie sie es immer tat.
Vor meinen geschlossenen Augen bildete sich ein Bild. Ein Bild, das sich bewegte. Zumindest die Figuren darauf, die ich erst nur als Schatten wahrnahm. Langsam entwickelten sich daraus Lebewesen. Es waren fletschende Biester, die auf mich zu rannten, mich verfolgten. Ich spürte, wie ich mein Gesicht verzog und schrie. Doch nur in der Meditation. In dem kleinen Quartier, in dem sich auch Obi Wan befand, blieb es ruhig und mein Gesicht so, wie es zu Beginn war. Ausdruckslos und entspannt.
"Was siehst du?" Raunte mir eine Stimme zu, die ich nicht zuordnen konnte. Es war keine Stimme, die einer mir bekannten Person gehörte. Doch es hielt mich nicht davon ab, meine Vision fort zusetzten.
"Ich sehe eine Bestie, wie sie auf mich zu rennt."
"Halte sie auf! Du kannst es!" Verwirrt drückte ich meine Hände zu Fäusten und spürte innere Unruhe, die sich schnell zu Panik entwickeln würde, wenn ich mich nicht unter Kontrolle bekam. Das Tier war fast vor mir angekommen. Seine spitzen Krallen und fletschenden Zähne würden sich gleich in mich hinein bohren.
"Ich kann nicht!" Schrie alles in mir, doch die Stimme war weg. Ich war auf mich allein gestellt. Reiß dich zusammen Kiona! Ich atmete ruhig ein und aus. Der Nebel war zurück. Er war dieses Mal weiß, kein Hauch von Dunkelheit war darin zu sehen. Der Nebel wirbelte um die Bestie und um mich. Wir waren in dem weißen Kreis eingeschlossen. Mörder und Opfer. Wer von uns beiden welche Rolle einnahm, lag ganz bei mir. Ich bündelte meine Kräfte und spürte das pure Leben in mir blühen. Es war der Rausch der Macht. Ich nutzte Macht, von deren Stärke ich nur geträumt hätte.
Das Tier begann zu zittern. Noch während es rannte, zerfiel es in sich und landete kurz vor meinen Beinen. Ich sank in meiner Meditation auf meine Knie. Ich hatte es außer Gefecht gesetzt, doch nicht getötet. Seine Kraft wurde zu meiner, seine Macht wurde zu meiner. Ich entfaltete mich, entwickelte mehr Stärke, nutzte die neu gewonnene Macht, um mich wieder auf die Beine zu heben und stand kaum erschöpft vor dem ausgebeuteten Tier. Sein Atem war flach, seine Kräfte begrenzt. Ich hatte Mitleid mit ihm, doch das brauchte es nicht. Seine Kräfte würden ausreichen, um es überleben zu lassen.
Ich erwachte aus meiner Trance und blickte auf einen immer noch meditierenden Obi Wan. Die Macht, die ich in meiner Vision verspürte, war weg. Ich verspürte meine Kräfte und Fähigkeiten klarer als je zuvor. Ich brauchte die Kräfte der Bestie nicht. Nun wusste ich es. Sobald ich die Macht in diesem Ausmaß nutzte, verband ich mich mit dem Lebewesen, das mir gegenüber war. Ich stellte eine Bindung zwischen uns her. Ich wurde zu ihm und es zu mir. Ich schlüpfte also in die Rolle des anderen. Die Macht zeigte mir, wie ich meinen Gegner ausschalten konnte, ohne ihm groß zu schaden.
Ich hoffte nur, dass mir diese Fähigkeit nicht zum Verhängnis werden würde. Sollte ich mich mit meinem Gegner verbinden können und dieser würde wissen, diese Fähigkeit auszunutzen, so hätte ich ein enormes Problem und ich wäre vermutlich das Opfer und nicht der Mörder.
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The Clone Wars: Kiona Lee
FanfictionKiona Lee - Padawanschülerin des Obi Wan Kenobis, Mitglied des Jediordens. Keine andere Person ähnelt ihrem Meister vom Charakter so sehr, wie sie selbst. Sie ist von Natur aus ein ruhiger Mensch, ihre Fähigkeiten spiegeln sich im Lösen von Konflik...