Die erste Nacht zurück im Tempel schlief ich überraschend gut. Es gab keine Alpträume, die durch die Meditation ins Leben gerufen wurden, oder Visionen, die mir Schlimmes verrieten. Ich hatte nicht einmal einen Traum. Fast schon ausgeschlafen, strich ich durch die hohen Gänge auf der Suche nach etwa Spannendem. Auch wenn mein Drang zu Reizen sehr gering war, hätte ich heute gerne etwas gehabt, was ein wenig Nervenkitzel verursacht hätte.
"Gut geschlafen du hast?" Ich drehte mich entspannt herum. Die kleine Präsenz des Großmeisters spürte ich bereits seit einigen Minuten hinter mir, doch dass er zu mir wollte, war mir nicht bewusst. Obwohl, eigentlich hätte ich es mir denken können.
"Guten Morgen Meister Yoda." Munter lächelte ich zu ihm herunter und verbeugte mich.
"Heute mit deinem Training beginnen werden wir." Gespannt horchte ich auf seine Worte. Bevor ich gestern Abend eingeschlafen bin, dachte ich darüber nach, wie Meister Yoda gedenkt, mit mir zu üben. "Mich in den Unterricht begleiten du wirst."
"Ihr meint im Jünglingsunterricht?" Ich hätte mir selbst einen Schlag verpassen können für mein voreiliges Mundwerk. Peinlich biss ich mir auf die Lippe. Währe mir vor Meister Kenobi so etwas passiert, wäre es in Ordnung - einiger Maßen - aber vor Meister Yoda... Er begegnete meiner Voreiligkeit mit einem verschmitzten Schmunzeln und lief neben mir weiter zu den Trainingsräumen. Es würde mich nicht wundern, wenn es eine Stunde zur Machtnutzung sei.
Wenige Minuten später saß ich im Schneidersitz auf dem Boden der Trainingshalle. Um mich herum noch vier Jünglinge, die verschiedensten Spezies angehörten, und vor uns allen stand Meister Yoda, wie er gerade dem fünften Jüngling erklärte, wie er mithilfe der Macht ein Übungslichtschwert in der Luft schweben lassen konnte. Es musste das Highlight ihrer Ausbildung sein. Zu meiner Zeit gab es die Aufgabe, mehrere Datenplatten aus den Archiven auf einmal schweben zu lassen. Es war das reinste Durcheinander. Diese Jünglinge blickten jedoch fasziniert zum Großmeister auf. Es musste der erste Moment sein, in dem sie auf die Macht trafen.
"Vorsichtiger sein du musst!" Tadelte Yoda den Wookie, als dieser etwas grob versuchte, das Übungsschwert in der Luft zu halten. Im Gegenteil zu diesen jungen Geschöpfen nahm ich die Macht so vollkommen wahr, dass ich die Aufregung jedes Einzelnen spürte. Sie alle würden Probleme haben, die Macht richtig zu nutzen. Der Eine war wild, der Andere zu vorsichtig, ein Mädchen war zu unsicher und eine Andere überschätzte sich. Es waren Charaktereigenschaften, die sie als Jedi ausmachten, sie prägten. Ich hatte nie darauf geachtet, wie die Gruppe an Jünglingen war, mit denen ich meine Kindheit verbracht hatte. Nachdenklich und mit etwas Reue sah ich auf den Boden vor mich. Ich hatte Meister Yodas auffälligen Blick gespürt, der auf mich gerichtet war, seit ich über die Macht nachdachte. Bestimmt konnte er einen Teil meiner Gedanken lesen.
Nachdem sich alle Jünglinge wacker geschlagen hatten, gewährte mir Meister Yoda eine Pause, bis zur Meditationsstunde. Ich lief ohne ein Ziel durch den Tempel, nickte dem ein oder anderen Jedi höflich zu und fand mich am Ende im Garten, in dem ich den Tag zuvor mit Yoda meditiert hatte, wieder. Tief sog ich die frische Luft ein. Es gab keinen speziellen Duft, doch man konnte einzelne Aspekte, wie das Flair des Baumes mit den rosa Blüten oder den Treibstoff der vielen Shuttles ausmachen. Gelassen ließ ich mich auf einem Meditationsstein nieder. Dem selben wie am Tag zuvor. Der Baum wies weitaus weniger Blätter als am Vortag auf. Mir fiel ein, dass ich mich mit einem lebendigen Wesen durch die Macht verbinden konnte. War es bei Pflanzen genauso? Immerhin zählten sie zu Lebewesen.
Mein Atem war flach, meine Augen geschlossen und meine Gedanken fixiert auf den Baum, dessen Stamm weißes Holz hatte. Geschickt blendete ich die Störgeräusche der Shuttles, die den Tempel umflogen, und die Stimmen der anderen Jedi aus. Meine Hände lagen entspannt auf meinen Knien. Ich war bereit, mich voll und ganz der Macht hinzugeben. Ruhig atmete ich durch meinen, zu einem O geformten Mund. Ich konnte meinen regelmäßigen Herzschlag in meinem Kopf hören. Zuerst fühlte ich die Machtstränge, die den Baum umgaben. Dann fing ich an, diese Machtstränge mit ausgestreckten Händen - natürlich nur in meiner Meditation - zu berühren.
Es war wie ein helles Leuchten, das mich blendete, als meine Macht auf die der Pflanze traf. Überwältigt kniff ich meine Augen zusammen. Ich stand vor dem Baum, dessen Blüten über mich herab regneten. Der Garten war leer. Nur die Macht, der Baum und ich. Fasziniert sah ich auf meine Fingerspitze der rechten Hand, die begann zu strahlen, als ich die goldenen Machtstränge um den Baum berührte. Mit Sicherheit konnte das keine normale Pflanze sein. Die Macht, die ich in dieser Pflanze spürte, war stärker als die Macht mancher Padawane.
Gebahnt ließ ich die Macht des Baumes auf mich überfließen. Ich fragte mich, woher er die ganze Energie nahm und überhaupt, woher die vielen Blüten kamen. Ich spürte meine Kräfte wachsen und die Freude des Baumes darüber. Es klang verrückt, aber ich fühlte tatsächlich, wie diese Pflanze etwas empfand. Erfüllt breitete ich meine Arme zur Seite aus und warf meinen Kopf in den Nacken. Noch nie fühlte ich etwas Besseres als die Durchflutung mit der Macht. Ich musste wiederkommen, um dieses Ritual zu wiederholen. Diese Bindung zwischen dem Baum und mir war wie eine Art Reinigung. Ich sah einen Hauch Dunkelheit aus mir huschen. Der Baum zog es förmlich aus mir heraus.
"Kiona?" Meine Meditation stoppte abrupt. Die Machtstränge flossen nicht mehr weiter, die Blätter blieben in ihrem Flug stehen, mein Gesicht wurde ernst. Verwirrt suchte ich nach der Person, der diese Stimme gehörte. Ich kannte sie, doch konnte sie nicht zuordnen. "Kiona." Schnell blickte ich in jede Richtung und musste feststellen, dass ich immer noch alleine war. "Kiona!" Ich sprang von dem Meditationsstein auf. Alarmiert und schwer atmend stand ich neben dem Baum und suchte den Schuldigen, der mich aus meinem tiefen Zustand geholt hat.
Anstatt einer bestimmten Person, der diese Stimme hätte gehören können, traf ich auf Meister Yoda. Neugierig guckte er mich an, war dabei auf seinen Stock gestützt und hielt seine andere Hand hinter seinem Rücken.
"Etwas gehört du hast?"
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The Clone Wars: Kiona Lee
FanfictionKiona Lee - Padawanschülerin des Obi Wan Kenobis, Mitglied des Jediordens. Keine andere Person ähnelt ihrem Meister vom Charakter so sehr, wie sie selbst. Sie ist von Natur aus ein ruhiger Mensch, ihre Fähigkeiten spiegeln sich im Lösen von Konflik...