Keep her safe - Jonas' Sicht

244 16 13
                                    

Ich stand vor Jennys Hotelzimmertür und wartete. Es war kurz vor zwei Uhr nachts und dennoch war ich hellwach. Nico hatte mich vor einer Stunde angerufen und gebeten, wieder auf die Party zu kommen. Als ich dort eintraf, hatte ich ihn mit einem sichtlich angetrunkenen Max und einer total besoffenen Jenny vorgefunden. Wir hatten die beiden rüber ins Hotel gebracht, was wirklich nicht so einfach war. Max hatte sich den ganzen Weg über auf mich stützen müssen, weil er nicht mehr alleine laufen konnte und mir den ganzen Weg erzählt, wie toll Jenny doch sei. Ich wollte das gerade einfach nicht hören. Sie hatte mich verletzt mit ihrem ewigen Hin und Her. Mal war sie total nett und aufmerksam und dann wieder so kalt zu mir. Ich wusste einfach nicht mehr, was ich denken sollte. Nico hatte sie tragen müssen und als ich sah, wie sie sich kaum noch rührte und ihr Arm schlaff herab baumelte, hatte ich dennoch angefangen, mir ernsthaft Sorgen um sie zu machen. Ich kannte sie so nicht und hätte sie auch nicht so eingeschätzt, dass sie so über ihre Grenzen gehen würde. Die Tür des Zimmers öffnete sich und Nico erschien. Er zog die Tür leise hinter sich ins Schloss und kam dann auf mich zu. „Bist du jetzt stolz auf dich?", zischte er mich an. „Was habe ich denn damit zu tun, dass sie sich so die Kante gibt?" „Du hast damit eine ganze Menge zu tun, weil sie nämlich ihren Kummer ertränkt hat. Das hat sie mir gesagt, während sie an der Theke einen Kurzen nach dem anderen bestellt hat. Ich konnte sie gar nicht davon abhalten. Und warum das alles? Weil du nicht damit klar kommst, dass sie dir gesagt hat, dass sie die Arbeit und Privates nicht vermischen will und die Arbeit gerade vorgeht. Hast du dir überhaupt mal Gedanken darüber gemacht, was sie dir damit sagen wollte?", pampte er mich an. Ich schwieg und erwiderte seinen zornigen Blick genauso wütend. „Wieso sollte ich mir noch Gedanken über sowas machen? Jenny kann mich nicht leiden. Das hat sie ja wohl mehr als deutlich gemacht." Nico atmete genervt aus und rieb sich mit den Händen über das Gesicht. „Du bist manchmal echt hohl, Jonas. Wenn es an dir liegen würde, hätte Jen dir das gesagt und hätte vorhin nicht versucht, die Sache gerade zu rücken. Wenn du ihr einfach eine Chance gegeben hättest, die Situation zu erklären, wäre sie jetzt nicht stockbesoffen und wir würden nicht streiten. Aber du versuchst ja nicht mal, sie zu verstehen. Du willst nicht wissen, was sie denkt, was sie belastet und was in ihr vorgeht, weil du in deinem Stolz zu sehr gekränkt bist. Jen würde das niemals tun, egal, was jemand ihr antut. Nur irgendwann kann auch sie nicht mehr und in genau dieser Situation sind wir jetzt. Sie hat dich aufgegeben und damit hast du das Wertvollste verloren, was sie dir geben kann. Ihre Liebe und Aufmerksamkeit und ihre bedingungslose Unterstützung. Und ich kann dir als jemand, der das Glück hat, diese Frau zu seinen engsten Freunden zählen zu dürfen, sagen, dass das ein riesiger Verlust für dich sein wird. Ich kenne Jenny und ich weiß, wie schwer es ihr fällt, Gefühle zu jemanden aufzubauen und sich diese auch einzugestehen, weil sie Angst hat, wieder verletzt zu werden. Du hast keine Ahnung, was ihr alles passiert ist und wie lange sie gebraucht hat, um zu der Person zu werden, die sie jetzt ist. Du warst nicht dabei, als sie letztes Jahr schon wieder von einem Typen verarscht worden ist und plötzlich wie ein Häufchen Elend vor meiner Tür stand. Es hat Wochen gedauert, bis sie wieder auf dem Damm war und ich werde nicht zulassen, dass es ihr nochmal so scheiße geht." Ich war überrascht von seiner Rede. Jeder wusste, dass Nico und Jenny gute Freunde waren, aber wie weit die beiden wirklich füreinander gehen würden, wurde mir jetzt erst klar. „Jen ist eine Person, die Menschen nicht verurteilt, ihnen immer zuhört und für ihre Freunde alles tut. Und so eine Person gibt es nur ganz selten", fuhr Nico immer noch wütend fort. „Und aus diesem Grund würde ich alles für sie tun. Wenn sie Hilfe braucht, lasse ich alles stehen und liegen. Wenn sie den Boden unter den Füßen verliert, fange ich sie auf. Wenn sie eine Schulter zum Ausweinen braucht, bin ich da. Egal, wann und wo und in welcher Situation. Also überleg dir gut, ob du sie weiterhin so mit deinem absolut kindischen Getue quälen willst, denn wenn du das weiter machst, bekommen wir ein ernsthaftes Problem miteinander." Er machte einen Schritt von mir weg und zeigte mit dem Finger drohend auf mich, während er sagte: „Ich bin zwar dein Coach und kann dich eigentlich auch echt gut leiden, aber Jen ist meine beste Freundin und wie es ihr geht, ist mir tausendmal wichtiger als der Typ, den ich coache und der ihr gleichzeitig weh tut." Okay, das hatte gesessen. Nico funkelte mich wütend an, während ich nicht wusste, was ich sagen sollte. Er hatte recht mit allem, was er gesagt hatte. Ich hatte Jenny keine Chance gegeben, sich zu erklären und ich war heute mehr als nur herablassend zu ihr gewesen. Ich kannte Jenny kaum und hatte mich dennoch in sie verknallt. Vermutlich hatte ich sie auch gar nicht verdient, so wenig wie ich scheinbar über sie wusste. Ich wurde immer niedergeschlagener. Diese Situation schien kaum noch gerettet zu werden, wenn Jenny mich wirklich aufgegeben hatte, wie Nico gesagt hatte. Ich sah zu Nico, der immer noch zornig sagte: „Du solltest jetzt gehen und dir erstmal Gedanken über das machen, was heute passiert ist und ob dein Verhalten richtig war. Und wenn du mal was richtig Schlaues machen willst, dann lässt du Jen in Ruhe, bis sie sich endgültig entschieden hat, was du jetzt für sie bist und ob sie dich wirklich aufgibt. Sie wird sehr viel darüber nachdenken in den nächsten Tagen, denn das finale Wort spricht sie nicht voreilig auch, wenn das heute schon sehr deutlich war. So, und ich werde jetzt wieder zu ihr gehen und darum beten, dass ich sie nicht noch mitten in der Nacht mit einer Alkoholvergiftung ins Krankenhaus fahren muss." Er funkelte mich noch einmal wütend an, drehte sich von mir weg und öffnete mit einer Schlüsselkarte wieder die Zimmertür. Die Tür fiel ins Schloss und so ließ er mich alleine auf dem Flur stehen, mit tausend Fragen im Kopf und dem Gefühl, heute nicht nur Jenny verloren zu haben.

Don't leave me, Johnny || Maël und Jonas FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt