Kapitel 5

723 29 4
                                    

In der kommenden Woche brachten mich Farah, Ben und Saul abwechselnd auf den neusten Stand.

Mit Ben saß ich oft im Gewächshaus. Er schilderte bis ins kleinste Detail, wie wundervoll seine Kinder sind. Ich erfuhr Dinge, über die Sam und Terra wahrscheinlich nicht glücklich gewesen wären, dass ich sie erfahre. Er schwärmte auch davon, wie erfüllend das Leben als Lehrer sei und das es ihm große Freude bereitete junge Erwachsene auf den richtigen Weg zu schicken.

Im Gegensatz zu Ben, hatte Farah sich verändert. Sie war in ihrer Ausdrucksweise noch gewählter geworden, als sie eh schon war. Sie gab es zwar nicht direkt zu, aber die Leitung der Schule war für sie auch eine Art Last, die sie gern an manchen Tagen einfach fallen lassen wollte. Es war schwer für sie Nähe zu zu lassen und ich nahm bei ihr eine steigende Erleichterung war, mit jeder Minute die wir miteinander verbrachten. Sie konnte sich wieder in einer Weise öffnen, die sie in den letzten Jahren schwerlich vermisst hatte.

Saul und ich trafen uns meist im Trainingsbereich der Spezialisten. Von allen hatte er sich am meisten verändert. Er war erwachsen geworden und schnell erfuhr ich, dass es Sky war, für den er ein Stück weit mehr Verantwortung gelernt hatte. Im Vergleich zu den anderen, wechselnden Saul und ich nur wenige Worte miteinander. Die meiste Zeit trainierten wir. Unerwarteter Weise fasste er mich nicht mit Samthandschuhen an. Meine Wunde war gerade sehr gut am Verheilen und mit jedem Angriff den ich startete, provozierte ich, dass sie wieder auf riss.

"Was hast du jetzt vor?", Saul schlug mit der Faust in meine Richtung.

Ich wich seinem Schlag aus: "Ich weiß es nicht."

Ich versuchte ihn zu überraschen. Er hielt mich auf, indem er mich mit Schwung mit der flachen Hand am Brustbein nach unten drückte. Ich fiel auf den Rücken. Der dumpfe Aufprall sorgte dafür, dass die Luft aus meiner Lunge gepresst wurde. Meine Atmung ging einige Sekunden keuchend. Er war noch stärker und schneller geworden. Saul reichte mir die Hand. Ich ergriff sie und er half mir auf. Wir standen uns für einen Augenblick ganz nah gegenüber. Er roch nach einer Mischung aus einem herben Aftershave und frischen Schweiß. Intuitiv sog ich diesen Duft tief ein.

"Warum bist du so unendschlossen?", fragte er, immer noch meine Hand haltend.

Damit holte er mich aus meiner Trance. Ich ließ seine Hand los und versuchte Abstand zwischen uns zu bringen. Was war das gerade? All die Jahre, in denen wir uns kannten, war dies das erste Mal gewesen, dass mein Gehirn in seiner Gegenwart aussetzte. Saul war mein bester Freund und trotzdem wollte ich in diesem einen Moment nichts mehr, als ihm auf eine Weise nah zu sein, die ich mir in meinem Leben nie zu träumen geglaubt hatte.

Ich nahm mein Handtuch und wischte mir den Schweiß von der Stirn. Saul tat es mir gleich und ich riskierte immer wieder einen Blick auf ihn. Er sah nicht mehr aus wie Mitte zwanzig. Der einzige Gedanke war nur "Heiß!" und genau dafür hätte ich mir am liebsten selbst ins Gesicht geschlagen.

"Also? Warum?", er setzte sich an den Rand des Podestes.

"Was?", fragte ich schnell und überrascht.

"Ich habe dich gefragt, warum du so unendschlossen bist, Wenke?", fragte er bevor er einen Schluck aus seiner Flasche nahm, dann fügte er hinzu: "Du hast eine neue Chance bekommen. War es nicht immer dein Wunsch einfach nur ein Mensch zu sein?"

Versteht mich bitte nicht falsch, ich liebe Magie und ich liebe es sie auszuüben, aber ich hasste, was ich damit getan hatte. Ich war eine Soldatin und ich habe getötet.

Ich ließ mich neben Saul nieder: "Ich weiß nicht wie ich mit meiner neugewonnen Freiheit umgehen soll. Ich möchte soviel ausprobieren. Und immer, wenn mir der Gedanke durch den Kopf geht das alles hier hinter mir zu lassen, dann überkommt mich genau das Gefühl, dass ich verspührte, als ich aufwachte."

"Welches meinst du?"

"Ich fühle mich hilflos.", es war kaum ein Flüstern, "Und einsam."

"Du bist nicht allein. Egal ob du bleibst oder gehst. Das weißt du, oder?", er legte mir eine Hand auf die Schulter. Allein diese kleine Geste vollbrachte, dass mein Herz schneller schlug.

"Genau das ist es. Ich habe nur euch.", ich schüttelte den Kopf, "Ich hatte auch früher nur euch. Nur waren wir alle auf dem gleichen Stand. Ich bin wie das vierte Rad am Waagen, dass trotzdem nutzlos ist, weil es einfach kaputt ist."

Saul lachte.

All meine nicht gewollten Gedanken über ihn schwanden mit einem Mal. Ich war wütend: "Ich versuche hier ein ernsthaftes Gespräch mit dir zu führen und du lachst. Echt, Saul, genau wie immer."

Mein 26jähriges Ich wäre wahrscheinlich aufgesprungen und wütend davon gerannt. Auch wenn ich nicht körperlich gealtert war, geistig war ich es auf jeden Fall. Ich blieb also ganz still sitzen und wartete was passierte und mit dieser Entscheidung war ich letzendlich sehr zufrieden.

"Sorry. Es ist nur, das was du in dir siehts, sehen wir nicht.", er machte eine kurze Pause, "Warum glaubst du haben wir uns die ganze Zeit um dich gekümmert?"

"Sentimentalität?... Schuld?"

"Nein, Wenke.", er wartete, bis ich ihn schließlich ansah, "Familie."

Fate: The Winx Saga (Fanfiktion)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt