Kapitel 20

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"Wir waren alle mal so gut trainiert.", stellte Farah fest, "Rosalind..."

"...hat uns gequält.", unterbrach ich sie, "Ich habe immer noch Narben."

Um eine Zwischenbilanz zu ziehen, schauten wir uns Videos vom Training an. Saul saß mit verschränkten Armen auf der Lehne des Sessels, in dem Farah saß, ich schaute ihr auf der anderen Seite über die Schulter.

Sie blätterte ihre Unterlagen durch: "Die Verbrannten-Attrappe konnte kein Schüler besiegen. Die meisten haben aufgegeben."

Saul fasste sich an die Stirn: "Sie sind noch nicht soweit, deshalb müssen wir sie ja trainieren."

Saul war verunsichert. War es wirklich richtig Kinder in einen  Krieg zu schicken?

Die Tür wurde plötzlich geöffnet.

Saul sprang auf als er ein bekanntes Gesicht sah: "Marco? Was ist passiert?"

Marco stand mit schmerzverzerrtem Gesicht in der Tür: "Noura und ich haben in der Nähe der Schule einen Verbrannten gejagt.", stöhnend setzte er sich, "Wir haben ihn getötet und gaben nicht weiter Acht.", jetzt raffte er seinen Pullover nach oben und offenbarte uns die Sicht auf die Wunde, die auf seinem Bauch klaffte, "Er war nicht allein."

Wir sahen uns besorgt an. Farah hatte angespannt die Hände ineinander verschränkt.

Ben stand auf: "Ich hole dir Zanbaq."

"Wie nah war er denn an der Schule?", fragte ich Marco.

"Noura und das Bataillon kümmern sich um ihn, keine Sorge.", versuchte er uns zu beruhigen, "Aber haben wir nicht gelernt, dass Verbrannte Einzelgänger sind? Diesmal waren es zwei zusammen."

Farah suchte nach einer Erklärung: "Das ist zwar selten, kommt aber vor."

"Ja.", sagte nun Saul, etwas leiser und an Farah gerichtet, " Wir sollten Solaria alarmieren."

Marco antwortete: "Das haben wir versucht. Da ist seit Tagen Funkstille. Und ihre Truppen haben sie auch abgezogen."

"Was?", ich verspührte eine größer werdende Nervosität und fing an, wie einige Tage zuvor in Lunas Nähe, mit den Fingern im schnellen Rhythmus gegen meinen Oberschenkel zu tippen.

"Wann hast du zuletzt mit Luna gesprochen?", fragte Saul an Farah gerichtet.

Marco schien verwirrt: "Gibt's irgendetwas, das ich wissen sollte."

Farah seufzte: "Die Königin hat ihre Tochter von der Schule genommen und ist seitdem sehr distanziert."

"Wir haben keine weiteren Truppen.", erklärte Marco, "Ohne die Solarier bekommen wir große Schwierigkeiten."

"So.", machte Ben, als er den Raum mit einem Fläschchen Zanbaq in der Hand betrat. Er begann Marcos Wunde langsam und gründlich zu säubern.

"Wir sollten selbst raus gehen und sie jagen.", flüsterte ich als ich näher an Saul heran trat.

Saul stieß hörbar die Luft aus: "Tatsächlich bin ich deiner Meinung. Wenn es noch mehr werden, wird das sicher unausweichlich sein."

"Die Mittagspause ist gleich vorbei, geht ihr schon mal vor.", Farah hatte sich an den Schreibtisch gesetzt, nun schaute sie von ihren Unterlagen auf.

"Ja,", Ben war gerade dabei Marcos Wunde zu verbinden, "Ich komme auch gleich nach."

Damit gingen Saul und ich zurück zum Trainingsgelände. Es waren noch nicht viele Schüler aus der Mittagspause zurück. Ich nahm ein Schwert aus einer Halterung.

"Lässt du deine Schüler eigentlich auch mit scharfen Waffen kämpfen?", fragte ich, während ich die Waffe mit der linken Hand drehte, "Oder stolzieren sie damit einfach nur umher?"

"Ja, wenn sie soweit sind.", erklärte mir Saul, "Aber das ist ja nicht der Sinn. Beim Training sollten sie die Möglichkeit haben auch Fehler zu machen. Wäre ein bisschen gefährlich mit scharfen Waffen, oder sehe ich das falsch."

Ich schürzte die Lippen: "Ich finde, es würde das Ganze ein wenig interessanter gestalten. Und letztendlich werden sie wissen müssen, wie es ist wirklich damit kämpfen zu müssen."

"Das ist Sadismus, Wenke.", auch Saul hatte sich ein Schwert genommen und richtete es in einem Abstand auf mich, "Genau deshalb halte ich nichts davon, dass du mit den Schülern arbeitest.", er ließ das Schwert wieder sinken.

Ich hielt mich in Angriffsposition, der linke Arm mit Schwert nach vorn gestreckt, rechtes Bein zurück, linkes vor, dabei ein wenig eingedreht.

"Was hast du vor?", fragte Saul verdutzt.

Ich zuckte mit den Schultern: "Trainieren. Und den Schülern zeigen, wie es geht. Wie Farah es gesagt hat."

"Du bist nie eine besonders gute Schwertkämpferin gewesen, geh lieber und spiel mit deinen Feen. Ich will dich nicht verletzen.", spaßte Saul. Es waren diese kleinen Momente, die von all der Scheiße ablenkten, die zur Zeit vor sich ging. Und ich genoss es, aus Angst es würde irgendwann abrupt enden.

"Was würdest du mir schon antun, was nicht die Verbrannten, Rosalind oder Andreas schon längst geschafft haben.", gab ich ihm ein schlagkräftiges zurück.

"Das ist ein Argument.", er hob die Augenbrauen.

Ich startete den Angriff. Unsere Klingen kreuzten sich. Einige Male blockte ich Sauls Schläge, dann wich ich aus und drehte mich, um mehr Kraft aufzubauen, aber Saul blockte diesen Schlag mit Leichtigkeit. Ich versuchte Saul einige Male zu entwaffnen, bis er mir mit der flachen Seite des Schwertes auf die Hand schlug und mir das Schwert klirrend hinunter fiel. Blitzschnell und ohne Sauls Aufmeksamkeit zu erregen, griff ich nach dem Messer, dass ich um den Oberschenkel geschnallt hatte, als mich Saul griff, mich mit dem Rücken gegen sich drückte und mir die kalte Klinge an die Kehle hielt.

"Gewonnen.", sagte er triumphierend.

Ich lächelte: "Bist du sicher?"

Saul löste sich ein wenig von mir und stockte, als er das Messer sah, dass ich auf seine Milz richete.

"Was hast du sonst noch so in der Uniform versteckt?, flüsterte mir Saul ins Ohr und ließ mich los.

"Find es doch heraus.", nachdem ich das Messer wieder weggesteckt hatte, hob ich das Schwert auf, dass er mir zuvor aus der Hand geschlagen hatte. Einige Schüler hatten das Spielchen aufmerksam verfolgt und klatschten respektvoll.

"Damit hast du sie auf Ideen gebracht, die ich vermeiden wollte.", machte mir Saul den Vorwurf, nachdem er eine junge Fee aus dem ersten Semester daran hinderte sich an einer Klinge zu verletzen.

"Ja Saul, das sind Schüler. Aber warum genau veranstalten wir das hier?", erinnerte ich ihn an den Zweck dieses Tages und der Ernst begann wieder.

"Ich weiß. Aber wir können nachwievor nicht von den Schülern verlangen, dass sie gegen eine Gefahr kämpfen, die sie nicht verstehen.", mit jedem Mal, bei dem wir über dieses Thema sprachen, wurde er skeptischer, "Komm machen wir mit dem Training weiter."

Ebenso wie der Vormittag verging auch der Nachmittag sehr schnell. Die Schüler gaben wirklich ihr Bestes. Aber auch bei den Spezialisten merkte man, dass nicht alle dabei waren große Kämpfer zu werden. Als wir verkündeten, dass wir für heute Schluss machen, flüchteten die Schüler nach und nach zum Schloss zurück. Einige Lehrer kämpften noch eine Weile miteinander, was deutlich eleganter aussah, als es bei Saul und mir der Fall gewesen sein musste. Ich war halt nur eine möchtegern Spezialistin.

Saul stand etwas abseits und ordnte die Übungsschwerter. Ich schlich von hinten an ihn heran, meine Hände ruhten an seiner Taille. Dann ließ ich sie über seine Hüfte nach vorn gleiten bis in seine Hosentaschen. Aus der linken Tasche fischte ich seine Schlüssel, den ich am Schlüsselring in Zeitlupe hinaus zog. Während meines Diebstahls versuchte ich Saul so wenig wie möglich zu berühren, nur um abschließend meine Ziegefinger am Bund seiner Hose entlang zu führen, bis nach hinten zu seinem Rücken. Dann beendete ich abprubt die Nähe und ging mit federndem Schritt zurück zum Schloss. Auf meinen Lippen lag ein vorfreudiges Lächeln.

Fate: The Winx Saga (Fanfiktion)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt