Vogel flieg

Familie

Zoe Rose Florence pov.

Als wir zu dritt, also Jace, Felix und ich, ins Wohnzimmer gehen, da wir gleich los wollen, finden wir auf der Couch was ziemlich Süßes vor. Phenix liegt da und schläft völlig entspannt, während Dolan bloß versucht nicht aus Platzmangel auf dem Boden zu landen.
*Dieser Junge kann Tagsüber auch echt durchgehend schlafen...*

"Könnte einer von euch Mal kurz die Couch ausziehen?", Kommt es unsicher von meinem Kumpel, so als wenn er gleich auf dem Boden landet, "Por favor..." "Klar, warte kurz", schmunzelnd geht Felix jetzt zu ihm und zieht schnell unter der Couch die Erweiterung raus, die nach wenigen Sekunden auch schon einklinkt.
Ziemlich erleichtert legt Dolan sich nun auf diese: "Gracias..." "Klar doch", lächelnd betrachtet er, wie Phenix sich nun wieder etwas an seinen Freund kuschelt.
*So lieb... Manchmal kaum zu glauben, dass er und seine große Schwester wirklich verwandt sind.*
"Felix, wir müssen los", erinnert Jace ihn jetzt an das Treffen mit seiner Schwester, was der 19-Jährige wahrscheinlich lieber vergessen würde. Augenblicklich wird er wieder unsicher: "Ist gut... ich komm."

Jace fährt, doch als ich nach hinten blicke, seh ich nur noch einen nervösen, stark eingeschüchterten Jungen. Unsicher und ängstlich spielt Felix mit den Bänzeln an seiner Kapuze.
Ob ich vor seiner Schwester auch Angst habe? Ich sag's Mal so... Ich hab den nötigen Respekt, um nicht drauf zu gehen.
Angst wäre hier für mich völlig fehl am Platz. Die lenkt ab und sorgt dafür, dass man falsche Entscheidungen trifft.

Als ich Jace' nervöses Fingertippen auf dem ledernen Lenkrad bemerke, sind es nur noch zwei Kilometer. Es ist die ganze Zeit totenstill.
Warum ausgerechnet Jace und ich mitgenommen sind?
Naja... Ich hab ne Waffe und kann die Zwei im Notfall verteidigen. Jace ist der Älteste und mit seinen 24 sogar noch etwas älter als Zoe.
Und ja... Mein Namenszwilling ist ne Gestörte mit na Waffe. So selten ist dieser Name nunmal leider nicht. Aber ich werd eh von allen Rose genannt, also... Egal.
"Wir sind gleich da...", breche ich die Stille nun, nach einer weiteren Minute, "Felix?" "Was..?", Verunsichert blickt der Junge mich an, als wäre er gerade erst aus seiner Gedankenwelt zurück. "Wir sind gleich da", wiederholt Jace mich nun, was den Jungen hinten hart schlucken lässt.
*Niemand sollte solche Angst vor seiner eigenen Schwester haben...*

Zumal sie seine einzige, bekannte Blutsverwandte ist.
*Ja... Felix ist genau so 'n Sorgenkind wie Phenix und Quill.*
Alle anders, aber die Drei haben eben noch am meisten zu kämpfen. Auch wenn das mit Letzterem gerade besser wird. Vorallem weil er inzwischen bei uns in einer Umgebung ist, die ihn versteht. Als Weisenkind Künstler zu werden ist quasi unmöglich. Die versuchen einen ja, was das angeht, ziemlich einzuschränken.
"Auf die Gesellschaft vorbereiten", nennen die das. Ich würde es ja eher: "Darauf vorbereiten dem vorhandenen System möglichst nützlich zu sein und zu gehorchen", nennen.

Denkt ihr ich übertreibe? Nein... ich spreche aus Erfahrung. Leute nehmen einen nur gegen Geld und setzen einen als Haushaltshilfe ein oder einfach nur als Spielpartner für leibliche Kinder.
Wenn die keine Lust mehr haben oder man sich nicht mit denen versteht, wird man ohne Weiteres zurück geschickt.
Klar... Vielleicht sind nicht alle so. Aber es sind genug um bis zum 18. Lebensjahr auf niemand anderen zu treffen. Zumal alle am liebsten junge Kinder wollen. Die sind "noch nicht verzogen" und was ich da alles schon gehört hab.
Sobald man ins Teenager-Alter kommt hat man quasi keine Chance mehr, ne richtige Familie zu finden. Und nein... das ist wirklich nicht übertrieben. Es ist die Wahrheit... Eine die niemand sehen will.
Wenn man anders ist, wird man innerhalb des Heims ausgegrenzt und man hat quasi keine Chance da allein raus zu kommen.

Jace würde das so sicher nicht unterschreiben, aber er hatte auch verdammt Glück. Er hat's selbst in die Hand genommen, ist von Zuhause weg gerannt, als seine Eltern ihn verändern wollten.
Der zu diesem Zeitpunkt noch 14-Jährige hat dann nach ein paar Wochen in einer Wohngruppe Leute gefunden, die ihn so hingenommen haben wie er war. So hat er es jedenfalls erzählt.
Jace durfte sogar bei den Jungs mit schlafen. Die Drei haben ihn kein einziges Mal mit seinem Deadname angesprochen, immer nur mit Jace. Haben ihn als Teil der Gruppe... Als Jungen akzeptiert.
So ein Glück haben leider nur sehr wenige. Vorallem in Heimen und Wohngruppen wird für gewöhnlich ziemlich stark gegendert.