Kapitel 5

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Ethan

„Fassen wir noch einmal zusammen: Leenie wird eine Weile auf deiner Ebene als erste Sekretärin arbeiten und mit Marina zusammen die Arbeit die liegen geblieben ist aufholen. Zeitgleich werden wir beide, als du Sven und ich, Vorstellungsgespräche führen und neue Mitarbeiter einstellen. Ich werde diese Gespräche leiten, weil dein Ruf ja im Moment nicht der beste ist. Zusätzlich dazu müssen wir uns noch für das Mentorenprogramm ein paar Schritte einfallen lassen um den Übergang von Arbeitnehmer zum Mentor zu gestalten. Habe ich etwas vergessen?", fragte ich in die Runde. Doch drei zufriedene Gesichter waren mir Antwort genug. „Dann können wir ja jetzt zum Tagesgeschäft übergehen.", beendete ich das Meeting und ging dann mit Leenie zurück auf unsere Etage.

Zum Glück war die Übelkeit von Leenie und mir am morgen so gut wie verschwunden gewesen, sodass wir das Meeting mit Sven und Marina durchstehen konnte. Auch wenn Leenie immer noch ein wenig blass um die Nase aussah, war sie doch gedanklich in Topform und hatte im Prinzip die Lösung für Svens Problem sofort erkannt. Sie gab ihren hohen Posten für eine Zeit auf um bei ihm auszuhelfen. Wieso zum Geier war mir das nicht eingefallen? Aber da kam auch schon die Antwort: Ich wollte eigentlich nicht Leenie aus meiner Nähe lassen. Zu sehr hatte ich mich schon an ihre Anwesenheit vor meinem Büro gewöhnt.

Doch Marina, ihres Zeichen eine kleine Afro-Amerikanerin mit kurzen Haaren, war heilfroh etwas kompetente Hilfe zu bekommen. Die restlichen Problemlösungen hatten wir dann in einer Art Brainstorming zusammen gefasst. Doch der schwierigste Teil kam noch. Das Stufenprogramm... Ich hatte zwar eine grobe Richtung, aber keine Ahnung, wie wir das Umsetzen sollten. Zum Glück musste sich darüber jetzt auch Sven den Kopf zerbrechen. Denn das war meine Bedingung, wenn ich ihm schon meine Verlobte auslieh.

„Also werde ich morgen dann bei Sven anfangen?", fragte Leenie, als wir endlich oben ankamen. Heute war wieder einer dieser Tage gewesen an denen der Fahrstuhl kein Ende fand und wir einmal quer durch die Firma fuhren.
„Ich dachte heute schon? Hatten wir das nicht vor knapp einer Stunde so ausgemacht, dass du so schnell wie möglich unten anfängst, damit du ganz schnell wieder bei mir bist.", fragte ich zurück. „Ethan, ich hab nachher einen Arzttermin. Und die dauern immer ewig. Deswegen habe ich doch den halben Tag frei. Habe ich dir aber gestern gesagt...", erklärte Leenie, zog dabei eine Augenbraue hoch und begann dann ihre Tasche zu packen. „Stimmt, jetzt wo du es sagst. Hatte ich bei dem ganzen Sven Debakel vergessen. Vergiss du aber nicht, dir etwas gegen deine weiße Nase verschreiben zu lassen. Ich hab die Befürchtung, dass du doch eine leichte Lebensmittelvergiftung haben könntest. Immerhin hast du gestern Abend dich noch einmal erbrochen und heute früh ebenfalls.", sagte ich und nahm meine Freundin in den Arm. „Deswegen gehe ich ja heute auch zum Arzt. Ich mach mir ja auch Sorgen. Alleine der Gedanke an etwas anderes als Fencheltee und Zwieback lässt mich würgen...", meinte Leenie. „Also fällt heute Sex in der Mittagspause aus...?", fragte ich, aber nur um sie von ihrer Sorge abzulenken. Mir stand nicht wirklich der Sinn nach vögeln, denn Leenie sah wirklich etwas mitgenommen aus. Das war auch Sven aufgefallen, der natürlich mich dafür verantwortlich machte und uns vor dem eigentlichen Meeting noch eine Standpauke gehalten hatte, bezüglich Kühlketten und verdorbenen Meersachen.

„Du denkst echt nur an das eine.", kicherte Leenie und kuschelte sich weiter an mich heran. „Aber auch dafür liebe ich dich.". „Ich dich auch, meine Verlobte.", flüstere ich und gab ihr einen Kuss auf die Stirn. „Schon komisch, diesen Titel jetzt zu tragen. Aber ich bin echt stolz drauf.", sagte Leenie und grinste mich an. „Ich muss stolz sein. So eine tolle Frau bald die meine nennen zu dürfen. Aber leider muss ich dir sagen, dass du mit dem Taxi fahren musst. Mir ist eben eingefallen, dass ich ein Meeting am anderen Ende der Stadt habe und daher den Firmenwagen brauche...", erklärte ich verlegen. „Ach kein Sorge. Nur weil du mich die letzten Jahre kutschiert hast, heißt das nicht, dass ich vergessen habe wie Bus und Bahn funktioniert. Und es wird bestimmt toll sein, wieder wie jemand nicht reiches zu leben. Und wenn es nur für ein paar Stunden ist.", kicherte Leenie. „Also hättest du mich als armer Schlucker genommen?", fragte ich mit hochgezogener Augenbraue nach. „Natürlich. Denn dein Geld macht doch deinen Charakter nicht aus. Du bist Ethan, der Mann der nur Sex im Kopf hat. Aber eine Etage tiefer verbirgt dieser Ethan ein so großes und warmes Herz, dass man sich nur in ihn verlieben kann.", antwortete Leenie und schaffte es so, dass ich mich noch mehr in sie verliebte. Womit hatte ich diese tolle Frau nur verdient?

„Also sehen wir uns heute Abend dann?", fragte ich. Ein Nicken ihrerseits war mir Antwort genug. Ich brachte sie noch zu nächstgelegen Haltestelle und mit einem Abschiedskuss ging jeder seiner Wege. Sie zum Arzt und ich zu meinem Chauffeur, der mich ans andere Ende der Stadt bringen sollte. Während der Fahrt betete ich, dass sie wirklich nur eine leichte Lebensmittelvergiftung hatte und nicht eine schwere. Denn dann würde ich sie in ein Krankenhaus einliefern lassen müssen und ich wusste, wie sehr sie diese Häuser hasste.
Endlich am Ort der Meetings angekommen musste ich doch tatsächlich auf meinen Geschäftspartner warten. Und das war nicht mal das Schlimmste an diesem Nachmittag. Ich musste drei ultralangweilige Meetings hinter mich bringen. Die Meetings waren nicht nur öde sondern so gar nicht zielbringend gewesen. Doch der krönende Abschluss des Tages war jedoch, dass mein Handy zwischendurch den Geist aufgab und sich einfach nicht mehr anschalten lies.

Gestresst und genervt kam ich endlich gegen neun Uhr abends an. Ich hasste solche Tage, an denen alles mögliche schief ging. Diese dämlichen Meeting hatten meinen Zeitplan ganz schön durcheinander gebracht. Statt sie ein Ende brachten, hatten sie nur noch mehr Arbeit bedeutet. Arbeit für mich alleine... Denn Leenie war ja ab morgen nicht mehr meine Sekretärin. Und dann das mit meinem Handy. Gerade als Leenie mir schreiben wollte, was raus kam beim Arzt gab diese Mistding seinen Geist auf. Und ich war mir sicher, dass es nicht am Akku lag, denn der war bei achtzig Prozent gewesen.
Schlimmer konnte der Tag nicht werden... Dachte ich zumindest. Doch zu Hause erwartete mich absolute Dunkelheit. Kein Licht brannte und das gab mir zu bedenken. Leenie lies sonst immer ein Licht brennen, wenn sie vor mir ins Bett ging. Das war so eine ihrer Macken, die seit damals besaß, aber auch das liebte ich an ihr. Ihre kleinen Ticks und Macken machten sie noch viel perfekter, als sie für mich sowieso schon war. Der Einzige Grund der mir einfiel, wieso sie das Licht nicht brennen lies, war dass sie gleich nach dem Heimkommen ins Bett gegangen war. Und das war sehr untypisch für sie gewesen. Aber gut, sie war auch wirklich ziemlich fertig gewesen. Ich schaltete das Licht in der Küchenzeile an und erschrak. Dort lag ein Briefumschlag mit meinem Namen. Und diese Handschrift kannte ich zu gut. Mit Herzklopfen nahm ich den Brief an mich und öffnete ihn. Dort waren zwei Zettel drin. Auf dem ersten stand: „Meine Lebensmittelvergiftung". Verwirrt legte ich diesen Zettel beiseite und nahm den zweiten, der aus glänzendem Papier bestand heraus. Es handelte sich um ein Ultraschallbild. Aber viel konnte ich damit nicht anfangen. Nur das etwas markiert war. Und Leenies Name stand oben.

„Bei deinem fragenden Gesicht hätte ich vielleicht ‚Hallo Dad!' schreiben sollen, oder was meinst du?", erklang Leenies Stimme von der anderen Seite der Theke. „Hast du mich erschreckt.", war das Erste was ich erwiderte und dann sackte das, was sie eben gesagt hatte. „Dad?", fragte ich. Leenie lächelte mich an und nickte. Doch so wirklich raffen konnte ich es nicht. Leenie stand auf und stellte sich neben mich. Dann zeigte sie auf einen kleinen Punkt auf dem Ultraschallbild und erklärte: „Das hier wird dich in einem Jahr oder so Dad nennen.". „Willst du damit sagen...?", begann ich. Doch ein Nicken ihrerseits bestätigte meine Vermutung. Überglück hob ich sie hoch und schrie es raus: „Wir werden Eltern!".

Babysitter 4 Bigbrother Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt