Kapitel 29

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Ethan

Niemand anderes als mein Vater stand dort und fixierte mich, als ich ins Wohnzimmer gelaufen kam. „Du bist ein Volltrottel.", begrüßte er mich. „Ich freu mich auch dich zu sehen, Vater.", sagte ich und verschränkte die Arme vor der Brust. „Wieso zum Geier hast du nicht mich mit eingeweiht? Oder Sven? Nein, du musstest das alleine durchziehen. Und was hat es dir gebracht?", fragte er weiter nach und es war nicht zu überhören, wie enttäuscht er von mir war. Mal wieder.

„Ja, Vater. Ich habe meine Lektion gelernt. Das kannst du mir glauben.", gab ich kleinlaut und zerknirscht zu. „Anscheinend nicht. Denn sonst hättest du mich dazu geholt und nicht Sven. Was bin ich froh, dass dieser Bursche hier da war. Von alleine wärst du nie drauf gekommen, uns um Hilfe zu bitten.", zeterte mein Vater weiter und wuselte mit seinem Stab herum. „Vater, würdest du bitte deinen Stock unten halten. Du machst einem damit ganz schön Angst... Und ja, ich habe verstanden. Ich habe einen Fehler gemacht und dafür gebüßt. Aber jetzt bist du mit dabei und ich würde mich freuen, wenn du mir hilfst, hier etwas Ordnung rein zu bringen.", sagte ich. Mein Vater lies tatsächlich seinen Gehstock sinken und kam dann auf mich zu. Ich machte mich schon gedanklich auf eine Ohrfeige gefasst, doch es kam anders. Zum ersten Mal seit Jahren nahm mein Vater mich in den Arm. „Ich bin dein Vater, verdammt! Wenn du jemand das hättest anvertrauen können, dann mir.", schluchzte er. „Dad...", murmelte ich und erwiderte seine Umarmung. „Gruppenkuscheln!", rief Sven und umarmte uns ebenfalls. Lachend lösten wir uns voneinander und ich verstand. Ich war nie alleine gewesen. Nein, ich war nur zu blind gewesen, zu erkennen, dass ich eine tolle Familie habe. Mein Vater und mein Bruder waren immer für mich da, wenn ich es nur zugelassen hätte. Doch ab jetzt und das schwor ich mir, würde sich das ändern. Ich würde mich ändern und Hilfe zulassen.

Nachdem wir uns noch einen Kaffee zur mentalen Stärkung gegönnt hatten, begannen wir in Leenies Zimmer mit aufräumen. Dieser Raum war am wenigsten Verwüstet worden, deswegen fiel unsere Wahl auf ihn. Wir wollten erst das kleine Übel beseitigen, bevor die Burg erstürmten, wie Sven es zusammen gefasst hatte. Mich nervten seine Witze, aber ich verstand den Sinn dahinter. So lange ich mich darüber aufregen würde, würde ich nicht mehr an jene Nach denken.
Schweigend machten wir uns dran, bis mein Vater mich fragte, ob ich das, was unter ihr Bett gefallen war, hervor holen könnte. „Klar, kein Problem, alter Mann.", erklärte ich grinsend und ging auf die Knie. Ich angelte es hervor und als ich ertastete, um was es sich genau handelte, gefrier mir das Blut in den Adern. Es war ihr Bettlerarband. Jenes, welches ich ihr nie gegeben hatte. Nach der Trennung hatte ich es in ihrer Schmuckschatulle verstaut und fast vergessen. Es jetzt zu sehen, riss alte Wunden wieder auf.
„Was war es denn, mein Sohn?", fragte mich mein Vater. Wortlos reichte ich ihm das Schmuckstück und setzte mich auf den Boden. „Und ich dachte, nur ich würde an Alzheimer leiden.", kommentierte mein Vater, nachdem er das Armband betrachtet hatte. „Wie kommst du denn darauf, Jon?", fragte nun Sven, der das Fensterbrett abgewischt hatte. „Dieses Armband hier hat mein Sohn damals, noch vor der Gartenparty, für Leenie gekauft. Ich hab immer gedacht, es habe ihr nicht gefallen, weil sie es nie getragen hatte. Aber mein Sohn hat es wohl vergessen ihr zu geben.", erzählte mein Vater. „Das wundert mich jetzt allerdings auch. Wobei, wenn ich mich richtig erinnere, dann hat meine Exfrau mal was in der Richtung erzählt, dass sie dir einen Tipp bezüglich eines Schmuckstückes gegeben hatte.", sinnierte Sven und kratzte sich am Kinn. Ich jedoch seufzte. „Ja, ich hab es einfach vergessen. Aber nachdem wir sie damals gerettet hatten, ist so viel auf einmal geschehen. Ihr langer Krankenhausaufenthalt, der Prozess und dann eure Weltreise. Da ist das Armband einfach in Vergessenheit geraten.", gestand ich. „Na dann passt es gut in meinen Plan.", erklärte Sven. Ich sah ihn mit hochgezogener Augenbraue an. „Na, willst du Leenie für den Rest ihres Lebens alleine lassen oder sie wieder zurück erobern? Du kannst allerdings auch diesem komischen Assistensarzt den Vortritt lassen.", sagte Sven. Ich stand auf und fixierte meinen Freund. „Wie war das?", fragte ich wütend nach. „Naja, es gibt im Krankenhaus jemanden, der ganz schön ein Auge auf meine Schwester geworfen hat.", erzählte Sven. „Ich kann mir schon denken wer.", grummelte ich. Dann ging ich wütend zurück ins Schlafzimmer, schnappte mir den erstbesten Müllbeutel und warf meine ganzen Sexspielzeuge hinein. Wie konnte es sich dieser Kerl auch nur wagen, meine Freundin anzubaggern! Ich wusste ganz genau, wen Sven gemeint hatte. Wie als wäre es gestern gewesen, stand mir die Szene vor Augen, als ich Leenie in der Mensa mit diesem Typen habe sitzen sehen. Damals hatte ich noch Gründe, mich nicht einzumischen. Aber die waren bald Geschichte und dann würde ich alles dafür tun, dass Leenie wieder an meiner Seite stand. Eifersucht war vorher nie ein Thema für mich gewesen, aber mit Leenie war wie immer alles so anders. Aber auch viel besser. Und um nichts auf der Welt würde ich das einfach wegwerfen. Nun sah ich auch meinen Fehler ein. Wenn ich ihr damals die Wahrheit gesagt hätte, hätten wir uns ‚trennen können', ohne jemals getrennt zu sein. Wir hätten Svetlana aufs Glatteis führen können, wenn ich nicht so verdammt idiotisch gewesen wäre. Doch jetzt musste ich erst einmal für meinen Fehler büßen. Doch sobald der Plan aufging, würde ich zu Kreuze kriechen.
Sven hatte mir mit seiner Aussage den nötigen Anreiz gegeben, dieses Chaos endgültig zu beseitigen. Je schneller ich hier einzog umso schneller konnte ich meinen Alptraum hinter Gitter sehen und Leenie endlich wieder zurückerobern.
Ich hoffte jedoch, dass ich noch schnell genug war und sich nicht jemand anderes meinen Platz erkämpft hatte.

Babysitter 4 Bigbrother Part 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt