Kapitel 1

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"Du bist der süßeste Hund der Welt!", flüsterte ich Barny unserem kleinen weißen Fellknäuel ins Ohr und drückte ihm einen Kuss in sein weiches Fell. Im nächsten Moment sah er mich aus seinen großen dunklen Augen als hätte er mich verstanden und ich musste kurz auflachen. In letzter Seite wich er mir nicht mehr von der Seite, sobald ich einen Fuß durch die Haustür setzte. Meine Mutter schob es darauf, dass ich wieder mehr mit ihm raus ging als vorher, aber das glaubte ich nicht. Ich war der festen Überzeugung, dass sich in meinem Leben gerade viel veränderte, da sich einfach viel zu viel auf einmal veränderte. Nicht die äußerlichen Einflüsse. Wir lebten immer noch in der gleichen öden Kleinstadt und auch sonst hatte sich, abgesehen von der Süßigkeitenvorliebe meiner jüngeren Schwester, wirklich nichts geändert. Aber ich veränderte mich. Ja, Pubertät, bla bla. Erwachsen werden, bla bla. Verantwortung und so weiter... Aber da war noch etwas anderes ich konnte es nur einfach nicht genau benennen.


Ich zwinkerte Barny zu und verwuschelte das Fell auf seinem Kopf. Danach bedeutete ich ihm mit der Hand, dass er auf dem Sofa liegen bleiben sollte. Ich wollte meiner Mutter in der Küche beim Kochen helfen. "Hey Mom", sagte ich, als ich unsere moderne Küche betrat und stapfte zum Waschbecken um mir die Hände zu waschen, "Kann ich dir helfen?" "Oh ja, sehr gerne, Schatz. Magst du den Brokkoli klein schneiden?", meine Mutter lächelte fröhlich und sichtlich erfreut über meine Anwesenheit. Ich half nicht oft beim Kochen.

"Was gibt es denn heute?", fragte ich während ich mir den Brokkoli schnappte und in unter dem fließenden Wasser kurz abspülte. "Veganen Nudel-Brokkoli-Auflauf."

Ich schluckte. Vegan? Das war die neue Einstellung meiner Schwester. Sie wollte sich fortan nur noch vegan ernähren und hatte nun sogar schon meine Mutter überzeugt. Gemüse. Ich mochte noch nie gerne Gemüse essen, aber in letzter Zeit schmeckte es mir zunehmend schlechter, weshalb ich immer mehr Fleisch zu mir nahm. Noch so eine seltsame Veränderung von mir selbst.


"Ally, magst du bitte das Radio anmachen? Es ist so still hier", forderte meine Mutter woraufhin ich das alte Radio auf der Fensterbank - ein Erbstück meines Großvaters - einschaltete. Verdammt, war die Musik laut! Sofort drehte ich den Lautstärkeregler soweit runter, bis es für meine Ohren angenehm war. "Also Ally, du hattest schon immer empfindliche Ohren, aber das ist schone in bisschen sehr leise, oder nicht? Ich höre hier hinten gar nichts mehr von der Musik...", sagte meine Mutter und sah mich an, während sie ein Stück Küchenpapier von der Rolle abriss. Ich hatte zwar gehört, dass sie was gesagt hatte, doch verstanden hatte ich es nicht. Ich war viel zu sehr mit den Abriss-Geräuschen des Küchenpapiers beschäftigt gewesen und starrte auf die Papierrolle in der Hand meiner Mutter. Ich hatte jedes kleine Verbindungsstück zwischen den beiden Papiertüchern einzeln abreißen hören. Jedes einzeln. Ich schüttelte den Kopf und sah meine Mutter an. "Entschuldige, was?", fragte ich und sie lächelte mich von der anderen Seite der Küche aus an. "Magst du die Musik ein bisschen lauter machen?" Ich nickte und drehte den Lautstärkeregler wieder ein bisschen lauter. Vielleicht war ich ja nur übermüdet und mein Körper spielte mir nur ein paar kleine Streiche. Vielleicht hatte ich mir das alles gerade nur eingebildet und ich hatte gerade nicht wirklich gehört.

Und dann hörte ich trotz der lauten Musik direkt neben mir, wie mein Vater hinter sich die Haustür wieder abschloss und die Schlüsselanhänger gegen die Tür schlugen. Da machte ich mir wirklich Sorgen. Der Einzige, der es sonst noch gehört hatte, war Barny, der bellend vom Sofa sprang und voller Freude zur Haustür sprintete um meinen Vater zu begrüßen.

Das war doch alles komisch hier. Was war bloß los mit mir?

Wolves - Allein unter WölfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt