Kapitel 23

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"Hey?! Ally !?!", ertönte seine Stimme in meinem Kopf und riss mich aus meinen Gedanken. Ich saß neben Seth, seine Hand unter dem Tisch haltend, im Matheunterricht und langweilte mich zu Tode, weshalb ich wohl in Gedanken versunken war. Ich sah Seth an und er erwiderte meinen Blick liebevoll. Lächelnd blickte ich wieder zur Tafel. Eine wilde Verbindung aus Zahlen schmückte diese und fünf Minuten später klingelte es endlich zur Pause. Alle Schüler strömten aus den Klassen auf die Flure und auf den Pausenhof. Mitten in dem Gedrängel befanden sich auch Seth und ich und plötzlich spürte ich seinen Atem an meinem Ohr und er flüsterte: "LAUF!" 'Toll, eine Übung', dachte ich, ließ seine Hand los und rannte. Ich drängelte mich so schnell wie möglich durch die Schülermasse und gelangte meilenweit vor Seth auf den Hof. Ich saß in der Sonne auf einer Bank und schaute den kommenden Schülern entgegen, als sich eine Hand auf meine Schulter legte. Ich sah mich um und blickte direkt in das Gesicht von Mex. "Oh hey", lächelte ich und er setzte sich neben mich.

"Wie geht es dir?", fragte er.

"Sehr sehr gut und dir?"

"Joa... Auch recht gut...", er lächelte.

"Das ist doch schön", ich lächelte ebenfalls.

"Ähm... Ich wollte dich etwas fragen?!"

"Ja?"

"Hättest du vielleicht", er kratzte sich am Hinterkopf, "Lust mit mir einen Abend am Strand zu verbringen? Heute Abend?"

"Ja, klar", ich lächelte weiter, "wir sind doch Freunde."

Er nickte und murmelte ganz ganz leise, sodass es für mich kaum verständlich war: "Freunde...."

"Heute Abend um 17:00 Uhr?", fragte ich und er nickte. Danach kam Seth lächelnd zu uns. Er setzte sich auf meine andere Seite. "Super, umgeben von Jungs", sagte ich ironisch und lehnte mich an Seths Schulter. "Tja", grinste dieser und nahm meine Hand. Ich spürte Mex's Blick, er sah uns an, und bevor ich etwas dazu sagen konnte, störte jemand den Lichteinfall und wir saßen plötzlich im Schatten. Ich hob den Kopf und blickte empört auf. "Hier seid ihr alle", Jake stand dort, in der Sonne und sah uns an. "Willst du dazu kommen?!", fragte ich grinsend.
Dann setzte er sich zu uns und wir redeten über dies und das. Kein Wort von dem Treffen mit Mex heute Abend. Ich wusste nicht, wie Seth reagieren würde und ich wollte nichts riskieren. Auch wenn es komisch war ihm etwas zu verheimlichen.

Der restliche Schultag ging schnell vorbei und nach der Schule fuhr ich mit Seth zusammen nach Hause. Ich sagte ihm, dass ich heute Abend nicht kommen würde, weil ich ein bisschen Schlaf nachzuholen hätte und er verstand grinsend: "Wenn du erstmal vollständig aufgenommen bist, brauchst du nur noch sehr sehr wenig Schlaf." Und ich nickte lächelnd. Wir kamen bei mir zu Hause an und ich ließ ihn kurz vor der Tür stehen und lief rein. "Maaa?! Kann Seth hier mit essen?", rief ich und kam in die große Küche gelaufen. Meine Mutter zuckte mit den Schultern und stimmte zu. Also durfte Seth mit essen und als wir alle zusammen am Esstisch saßen und Seth und ich Händchen hielten, war glaube ich allen klar, dass wir mehr als nur 'Beste Freunde' sind. Ich war zufrieden. Ich hatte alle Leute die ich liebte um mich versammelt. Was für ein schönes Gefühl. Nach dem Essen saßen wir noch lange einfach nur da und unterhielten uns. Seth und ich machten danach auch noch zusammen Hausaufgaben und erst um kurz vor fünf schmiss ich ihm raus, weil ich noch 'wohin' musste.

Ich fuhr zum Strand, wo Mex schon auf mich wartete. Ich lächelte und setzte mich neben ihm in den Sand. Komisch war es irgendwie schon, dass er sich alleine mit mir treffen wollte. Aber mal sehen was auf mich zu kommen würde. Wir unterhielten uns lange, über dies und jenes und irgendwann kamen wir auf das Thema 'Liebe und was wir für unsere Freunde tun würden'. "Was würdest du für z.B. Jake tun?", fragte Mex mich. "Hm... Eigentlich alles... Er gehört mit zum Stamm und ist einer meiner Besten Freunde, also so gut wie alles...", ich lächelte leicht.

"Ich auch", sagte er.

"Sag mal, bist du momentan irgendwie verliebt? In jemanden aus der Schule z.B.?", fragte ich ihn. Er war mit der Zeit unauffällig immer dichter gerutscht. Ich sah ihn an und er nickte leicht. "In wen?", harkte ich weiter nach.

"In...", er biss sich auf die Lippe und langsam näherte sich sein Kopf meinem.

"In wen?", fragte ich wieder und versuchte etwas Abstand zwischen uns zu bringen, ich hatte Angst er würde mich küssen wollen und ich wollte Seth ja schließlich nicht betrügen. Ich sah ihn wieder an und er erwiderte meinen Blick erwartungsvoll, als hätte er gerade was gesagt. 'Verdammt! Ich war so in Gedanken versunken, dass ich nicht mitbekommen hatte, was er gesagt hat. Was sag ich jetzt bloß?! Hat er meinen Namen gesagt? Oh nein... Hoffentlich nicht... Ich muss...' Plötzlich drückte sich etwas auf meine Lippen und ich war wieder bei klarem Verstand. Er küsste mich. Allen Ernstes?! Er weiß genau, dass ich mit Seth zusammen bin, das Seth und ich füreinander bestimmt sind! Die Zeit verging wie in Zeitlupe. Alles schien ganz langsam zu gehen und der Kuss schien eine Ewigkeit zu dauern. Ich versuchte meinen Kopf weg zu ziehen, doch es ging irgendwie nicht. Ein einseitiger Kuss und doch schien er es zu genießen.
Er sah mich an. Mein Mund stand vor Erstaunen offen. Er hatte mich einfach geküsst. Gerade als ich etwas sagen wollte, hörte ich ein Knacken aus dem Gebüsch. Und eine Stimme ertönte, die mir Gänsehaut machte. Ich drehte mich zum Gebüsch. "Du mieses A****loch! Schmeißt dich an meine Freundin ran, wenn ich nicht dabei bin! Und du?!", Seth sah mich an, "Warum hast du mir nichts davon erzählt?! Warum bist du nicht zurück gewichen!?!" Er war stinksauer und es bildeten sich Tränen in meinen Augen. "Seth, Seth bitte...", versuchte ich zu Wort zu kommen, doch er regte sich immer weiter auf. Mex stand auf und schrie Seth dazwischen: "Was zum Henker kann ich dafür, wenn ich mich in die verliebe?! Soll ich meine Gefühle unterdrücken?! Du hast doch selber gerade gesehen, sie hatte nichts gegen den Kuss!" Heiße brennende Tränen schossen mir aus den Augen und liefen meine Wangen herunter. "Du miese Schlange! Ich dachte du liebst mich?!", schrie Seth mich wütend und irgendwie verzweifelt an. Doch ich konnte nicht antworten, das war alles viel zu viel für mich. Er schüttelte wütend den Kopf und funkelte Mex an. Mex sah von mir zu Seth. Ich hielt mir die Hände vors Gesicht und weinte nun heiße nasse Tränen in meine sandigen Hände. Das nächste was ich hörte war geknurre. Die beiden knurrten sich an und so wie es sich anhörte und schien einer von beiden abzuhauen. Die schweren Schritte entfernten sich und ich hoffte allzu sehr, dass es Mex war, der abgehauen war, doch als nächstes stupste mich eine kalte Feuchte Nase an. Die beiden hatten sich wohl verwandelt und mich aus ihrer Gedankenkappelei ausgeschlossen. Ich wischte mir die Tränen weg und sah hoffnungsvoll Seths schöne braune Augen vor mir zu sehen auf. Doch ich sah Mex's Augen und meine Augen füllten sich wieder mit Tränen. Er hatte es tatsächlich geschafft: Seth und mich zu trennen. Mex verwandelte sich zurück: "Stimmt das was Seth behauptet hat? Liebst du mich?" Bei der Art von Hass mit der er Seths Namen aussprach, lief mir ein Schauder über den Rücken. "Ally?", fragte Mex wieder und legte seine Hand auf meine Schulter. Ich schluckte und schüttelte den Kopf. "Nein Mex", sagte ich schluchzend, "Nein! Dank dir ist er jetzt sauer auf mich! Dank dir ist meine heile wunderbare Welt zerstört worden! Ich dachte wir würden uns nur freundschaftlich treffen, aber dem war wohl nicht so", ich stand auf. Die Tränen brannten auf meinen Wangen und in meinen Augen. Ich sah alles nur verschwommen. "Aber was war das dann eben?", fragte er verwirrt und ich sah ihn aufstehen, "der Kuss?!" "Du hast mich geküsst und nicht anders herum! Man, verstehst du es nicht?! Ich liebe Seth über alles auf der Welt und dank dir, ist sein Herz jetzt gebrochen! Ich hasse dich!", mit diesen Worten schnappte ich mir meine Tasche und meine Flip Flops und rannte weg. Ich rannte auf direktem Wege nach Hause. Und zu Hause angekommen, warf ich mich aufs Bett. Ich weinte. Ich weinte endlos. Ich weinte mich in den Schlaf.

Wolves - Allein unter WölfenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt