»Eine andere Sicht«

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Zuerst möchte ich mich für meine Pause entschuldigen, die mir aufrichtig leid tut. Jedoch hat meine Klausurenphase erst letzte Woche geendet und ich habe somit vorher einfach keine Zeit zum Schreiben gefunden. Von nun an gibt es wieder regelmäßige Updates. Ich hoffe, das könnt ihr mir verzeihen und jetzt wünsche ich euch viel Spaß mit dem neuen Kapitel

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Seine dunklen Augen lagen auf dem Mann Reihen vor ihm. Gleichgültig wirkte sein Blick, doch in seinen Adern brodelte ein Feuer, welches er mit geballten Fäusten zu trotzen versuchte. In dem Moment als er seine engelsgleiche und zugleich boshafte Visage erblickte, hatten ihn seine Gefühle eingeholt. Hass in dem eigenen Herzen zu streuen war schmerzhaft. Sich den Tod einer verabscheuenden Person vorzustellen war beflügelnd und doch ein Begehren, welches der junge Mann am Liebsten direkt im Keim ersticken wollte.

»Es freut mich sehr, dass Sie alle die Pflichtveranstaltung wahrgenommen werden!«, rollte die sanfte Stimme des Opfers seiner Begierden über die Menschen hinüber und verseuchte ihre Sicht auf dessen wahre Gestalt. Verträumt starrte die weibliche Front ihn an, während der Großteil der Männer in einen psychischen Zwiespalt gelangte, da sie sich auf einmal doch nicht mehr so sicher waren, ob die Wirkung dieses Professors selbst sie verführte. Nur wenige unter ihnen trotzdem dieser Illusion und verspürten verzehrende Eifersucht. Jene, die sich fürchten, der Professor würde sich jene Dame schnappen, auf die sie ein Auge geworfen hatten. Genau auf diese hatte es der junge Mann aus einer fremden Welt abgesehen. Er musste ihnen die Worte entlocken, die wichtig für ihn waren. Er musste herausfinden, nach wem sich sein guter alter Freund sehnte und es ihm mit einem Zug entreißen. Diese schwachen Seelen, gesteuert von durch Testosteron ausgelöste Begierden, würden ihm diese Informationen geben. Sie waren die perfekte Vorlage für eine Manipulation im übersinnlichen Ausmaß.

»Ich hoffe doch sehr darauf, dass Sie bei der heutigen Besichtigung ihre sonst nicht vorzufindende Begeisterung ein wenig anfeuern könnten und meinem langjährigen Partner dem Respekt entgegenbringen, den ich von meinen Studenten erwarte.«

»Das ich nicht lache. Er ist doch nur Professor geworden, um jene Sorte mit Rundungen an Brust und Po hinterherstehen zu können«, murmelte das arrogante Gesicht direkt neben dem jungen Mann. Interessiert richteten sich die Augen des Fremden auf seinen Sitznachbarn. Sein Blick war verhasst, seine blonden Haare perfekt zurecht frisiert und seine Körperspannung versteift. Er besaß eine eindeutige Abscheu gegen einen Mann, der sie beide in naher Zukunft verbinden würden.

»Ich verstehe ohnehin nicht, warum die ganzen Weiber auf ihn abfahren«, stimmte der Fremde ihm entschlossen zu und versuchte sein Vertrauen zu gewinnen. Er brauchte eine Kontaktperson. Einen Menschen, der ihn in die Gruppe integrierte und ihn näher zu Elejandro brachte. Auch wenn er dank des Deals mit seinem vergangenem Opfer, die Gestalt eines Studenten annehmen konnte, war der Weg schwer. Er kannte sich nicht in dieser Umgebung aus. Nur die Düsterheit war ihm allzeit bekannt und sein stetiger Begleiter. Der Untergrund war seine Heimat, das Nachtleben entlockte ihm Freude und der Tod ließ ihn lächeln. Er war es nicht gewohnt bei Licht die Menschen heimzusuchen und erst recht nicht, sich mit ihnen zu verbünden. Für sie waren die Wesen nichts weiter als eine träge Begleiterscheinung der Erde. Die menschliche Spezies bedeutete ihm nichts, für sie war die Menschheit ein Abschaum geleitet von widersprüchlichen Emotionen, die seine Finsternis nährten. Ihre Angst, war seine Ekstase. Ihre Furcht, seine Emotion der Leidenschaft.

»Cole? Seit wann redest du denn bitte mit mir?«, entgegnete sein wohl doch nicht so durchschaubarer Sitznachbar und beäugte ihn mit einem kritischen Blick von der Seite.

»Besser spät als nie, nicht wahr?«

»Vergiss es, kein Interesse.«

»Wie bitte?«

»Ich bin nicht an deinem Geschlecht interessiert, Cole. Probier's besser mal bei Fred«, meinte sein menschlicher Sitznachbar selbstsicher und deutete auf das unschuldige Gesicht auf der anderen Seite des Busses. Eine Seele, bei der der Fremde keine Chance hatte. In ihm konnte er keinen Hass streuen, zu begeistert war dieser von seinem neuen Professor. Aber der junge Herr neben ihm, dieser war die perfekte Wahl. Nach ihm verzehrten sich die spitzen Klauen des Fremden und ließen seinen Hunger nach niederträchtigen Gedanken und Empfindungen ins Unermessliche steigen.

»Wie gut, dass ich auch nicht an deinem Geschlecht interessiert bin.« Mit hochgezogener Augenbraue warf der Unscheinbare ihm einen belustigten Blick zu. »Viele reden und nur wenige kennen die Wahrheit. Wenn ich etwas mit Kerlen am Laufen habe, dann nur bei einem Dreier.«

»Aber, ich dachte das mit dir und Jona...-«

»War nur eine belanglose Nacht mit Druck und eine Möglichkeit, die ich nicht unversucht lassen konnte. Das größte Machtgefühl erhältst du, wenn du jemanden das Herz brichst. Das müsstest du schließlich nur allzu gut wissen.«

»Interessant. Macht also...«, murmelte der Junge nachdenklich und seine Augen richteten sich reflexartig auf eine zierliches Mädchen wenige Reihen vor uns.

»Wie ist dein Name?«, versuchte der Fremde, der für alle anderen wie ein Vertrauter wirkte, das Gespräch weiterzuführen. Er musste dieses menschliche Gesindel zum Reden bringen.

»Machst du Scherze? Du kennst mich doch schon seit dem ersten Semester.«

Unbehaglich versuchte der Unscheinbare sein bröckelndes schelmisches Grinsen aufrechtzuerhalten und klopfte seinem neuen und zugleich alten Bekannten auf die Schulter.

»Ey, Nick. Fang!«, rief eine männliche Stimme hinter dem Eindringling aus dem Untergrund und der Student neben ihm sprang auf, nur um Sekunden später ein Trinkpäckchen in der Hand zu halten.

»Wie sieht's aus? Willst du dir den Ausflug heute auch ein wenig versüßen?«, fragte ihn der nicht mehr namenlose Junge und hielt ihm die kleine Packung entgegen. Augenblick strömte ihm der Duft der düsteren Versuchung in die Nase und bereitete in ihm wohlige Wärme.

»Aber natürlich, Nick«, meinte er nur und betonte den Namen seines ersten Verbündeten mit einem Funkeln in den Augen. Dieser junge Student würde ihm die Pforten öffnen, ohne zu wissen, dass er nicht der besagte Cole war. Nein, dieser lag in einer Art Trauma in einer seiner Industriehallen. Schwebte zwischen Tod und Leben, einem Zustand, der es dem Unscheinbaren ermöglichte seine Gestalt anzunehmen. Ein Gestaltwandel, der nur funktionierte, weil ihm zuvor eine andere Seele versprochen hatte. Sein Plan war perfekt, seine Rache niederschmetternd. Alles fing mit ihm an und alles endete mit ihm. Alles begann mit Elejandro und sein Tod würde die Auferstehung des Unscheinbaren besiegeln, begründet auf den Verräter in seinen eigenen Reihen. Ein Verbannter, der seiner Täuschung verfallen und einen Deal eingegangen war, auf den der Unscheinbare schon seit Jahrhunderten wartete.


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Lasst mir gerne eure Meinungen und Vermutungen in den Kommentaren da. Nächste Woche kommt dann das nächste Kapitel :)

Eure Michelle

The Only OneWo Geschichten leben. Entdecke jetzt