»Ein Versprechen«

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»Wie bitte?«, platzte es mehrere Oktaven zu hoch aus mir heraus, bevor ich es unterdrücken konnte. Fassungslos starrte ich den Cole an, der vor wenigen Wochen nie auch nur auf die Idee gekommen wäre, solch intime Fragen zu stellen. Ich kannte ihn nur als den unscheinbaren jungen Mann, der sich im Hintergrund hielt und alles daran legte, den weniger netten Männern an unserer Uni aus dem Weg zu gehen.

»Du hast es schon richtig verstanden. Entweder du gibts mir einen innigen Zungenkuss oder du verrätst uns allen, mit wem du es als letztes getrieben hast«, entgegnete er drängend und zeigte auf die Flasche. »Du hast dich hierhin gesetzt, die Flasche hat dich gewählt und jetzt sprich oder küss.«

»Entschuldige Jazz, aber das wird mir jetzt wirklich zu blöd«, meinte ich zu ihr leicht gereizt und wollte mich gerade vom Boden erheben, als sich die freche Stimme von Cole erneut zu Wort meldete.

»Ach komm schon, jetzt auf einmal so schüchtern?«, provozierte er mich und stellte sich ebenfalls hin. »Von Nick habe ich da ganz andere Sachen zu hören bekommen. Laut ihm sollst du im Bett wohl eine ganz schöne Wildkatze sein.« Ein hinterlistiges Grinsen bildete sich auf seinem Gesicht, welches ich ihm gerade am liebsten mit meinen angeblichen Krallen, die ich nur im Bett auspackte, zerkratzen wollte.

»Interessant, was man sich so erzählt. Mit eigenem Leib wirst du es jedenfalls nicht erfahren«, erwiderte ich stattdessen nur mit feindseligen Blick.

»Und dem bist du dir sicher?«

»So sicher wie in sonst keiner Sache.«

»Interessant.«

»Durchaus Interessant.«

»Alles klar, Leute. Jetzt macht euch mal locker und nicht ins Hemdchen«, schritt Jazz schlichtend ein und bevor Cole sich bewusst war, wie ihm geschah, lagen die Lippen meiner besten Freundin auf dem jungen Mann, der mir immer unsympathischer wurde. Mit einem Schmatzen löste sie sich von ihm. »So die Aufgabe ist erfüllt, niemand hat gesagt, dass man für seine Freunde nicht einspringen kann.« Mit netten Worte nahm sie die Spannung, doch ihre Augen funkelten Cole nur förmlich vor Wut an. »Und da morgen mein besonderer Tag ist, machen wir uns jetzt vom Fleck. Ach und Cole?« Seine Augen richteten sich auf ihr Gesicht. »Du bist damit offiziell ausgeladen.«

Erhobenen Hauptes drehte sich Jazz auf dem Absatz um und klatsche meine Hand ab, welche ich ihr bereits grinsend hinhielt. Beste Freundinnen hielten einfach immer zusammen.

»Was ein Arsch«, gab ich von mir und warf Cole noch einen letzten zornigen Blick zu.

»Und was für einer!«, schlich sich die Stimme von Louis in unser Gespräch ein und kurz darauf legte sich eine Hand um meine Hüfte.

»Hast du mir etwa gerade auf mein wertvolles Hinterteil geguckt?«, entgegnete ich und ignorierte den belustigten Blick meiner besten Freundin. Sie fand Louis anscheinend beinahe genauso lustig wie ich.

»Ich? Das würde ich doch nie wagen. Ich habe mit hundertprozentiger Sicherheit von genau der gleichen Person gesprochen, über die ihr euch mit eurem langgezogenen Gesicht aufgeregt habt.«

»Ein Charmeur, wie es ihn heutzutage nicht mehr gibt«, steuerte Jazz bei und konnte sich das Lachen nicht verkneifen.

»Was verschafft uns denn die Ehre, dass du erneut mit uns umher ziehst? Wo hast du deine Schnitte gelassen?«, fuhr ich fort und warf ihm einen vielsagenden Blick zu.

»Na, was man so mit Schnitten macht. Ich habe sie vernascht«, meinte er nur schulterzuckend und warf mir ein schelmisches Zwinkern zu.

»Bitte keine Einzelheiten«, warf Jazz angeekelt ein und warf Louis zugleich ein widersprüchliches Grinsen zu. »Skala von 1 bis 10?«

»Jazz!" Empört schlug ich ihr auf die Schulter.

»Ein Gentleman schweigt und genießt!« Selbstsicher hob Louis seinen Kopf und schenkte uns einen herablassenden Blick. »Solch eine Frage, stellt keine anständige Dame.«

»Wer sagt, dass ich das wäre?», meinte Jazz nur mit einer wegwerfenden Handbewegung. »Wie dem auch sei, du müsstest uns entschuldigen. Wir treten den Heimmarsch an. Morgen ist noch viel zu erledigen. Du bist natürlich auch herzlichst eingeladen.«

»In eure fette Wohnung?« Neugierde und Freude flammten in Louis Augen auf. »Mit Alkohol und allem drum und dran?«

»Wenn dein drum und dran Nutten ausschließt, dann ja«, erwiderte Jazz grinsend und umarmte unseren neuen Freund zum Abschied. »Und nein, solltest du eine mitbringen, dann werde ich sie trotzdem nicht durchlassen. An dem Abend stiehlt mir nämlich keiner die Show.«

»Alles klar, Chef.« Mit einem Funkeln in den Augen salutierte er ehrfürchtig vor Jazz, was uns belustigte Blicke der in unserer Nähe befindlichen Studenten verschaffte.

»Na dann, bis morgen, Herr Charmeur«, meinte ich nur schulterzuckend und schloss ihn ebenfalls kurz in die Arme. Doch bevor ich mich von ihm lösen konnte, verstärkte sich seine Umarmung für einen kurzen Moment.

»Weißt du, solange du da bist, wird der Abend schon gut. Da brauche ich weder Blondi noch irgendwen anderes«, flüsterte er mir ins Ohr und zwickte mir in die Seite. »Als Verkupplerin taugst du echt super und deine Sprüche bringen jedem zum lachen. Von daher die perfekte Begleitung!« Erleichtert entspannte ich mich wieder. Kein Liebesgeständnis bedeutete keine Probleme. Einen Zustand, den ich beibehalten wollte. »Aber sei dir eins gesagt, morgen suche ich auch einen für dich aus! Und das ist ein Versprechen«, verkündete er entschieden, als ich mich von ihm löste.

»Louis, das - « Seine Hand legte sich entschlossen auf meinen Mund. »Nichts da, morgen haben wir beide Spaß!« Mit einem entschiedenen Ausdruck im Gesicht verschwand er in der Menge, bevor ich ihm widersprechen konnte. 

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 27, 2021 ⏰

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