»Des Teufels Besuch«

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»Sara?«, erklang die Stimme von Jazz und die Tür knallte grob ins Schloss. Kurz darauf öffnete sich meine Zimmertür und ihr sonnengeküsstes Gesicht erschien zwischen dem selbsterschaffenen Türspalt.

»Ich habe dir etwas aus dem Café um die Ecke mitgebracht. Josy meinte, dass das echt super sein soll und ich muss ihm definitiv recht geben. Die kleinen Blaubeermuffins sahen unwiderstehlich aus und das kleine Gebäude befindet sich fast am Campus«, erklärte sie und hielt eine goldbraune Tüte in der Hand. »Das war der kleine Laden, der noch in den Renovierungsarbeiten gesteckt hat, bevor wir nach Neuseeland geflogen sind.«

Lächelnd streckte sie mir eine heiße Schokolade entgegen und ließ sich neben mir auf meinem Bett nieder. Neugierig entfaltete sie die feine Tüte mit dem Emblem des Cafés drauf und fischte ihre süße Verführung heraus.

»Es war echt unfassbar voll dort, wird bestimmt die neue Anlaufstelle für Studenten«, fuhr sie fort und biss behutsam in den fruchtigen Muffin. »Ach und das habe ich dir auch noch mitgebracht!« Entschlossen zog sie einen Zettel aus ihrer Jackentasche und legte ihn mir auf meinen von der Decke umhüllten Bauch.

»Was ist das?«, entgegnete ich verwirrt.

»Ein Flyer. Die suchen noch Aushilfen, ich dachte das wäre vielleicht etwas für dich. Du meintest doch, dass du lieber unabhängiger von deiner Mum sein möchtest. Die Wohnung wirst du zwar nicht vollkommen abbezahlt bekommen mit dem eigenen Geld, aber dann sieht Clarissa immerhin nicht deine Ausgaben für Freizeitaktivitäten.«

»Die heiße Schokolade ist auf jeden Fall sehr lecker, was durchaus für das Café spricht«, stimmte ich ihr zu und ging nicht näher auf meine Mutter an. Seit Tagen ging Clarissa mir auf die Nerven mit ihren Telefonaten. Sie merkte einfach nicht, dass ich ihre Stimme nicht ertrug und es interessierte sie nicht, wie ungerne ich ihr von meinen Tag berichtete. Anhand ihrer Aussagen erkannte ich immerhin genau, dass ihr Kontrollzwang durchkam. Seit des Bankrotts der Firma hatte sich diese Angewohnheit bei ihr zu einem richtigen Zwang entwickelt. Anscheinend beschäftigte es sie bis heute, dass sie nach den Käufer meines Vaters nicht noch genauer recherchiert hatte und das zeigte sich in ihrer Kontrolle. Jasmine hatte durchaus damit Recht, dass sie meine Ausgaben einsehen konnte. Einen Überblick, der es ihr vermachte, immer wieder Themen auszugreifen, von denen ich sonst nicht erzählen würde. Eine Möglichkeit für sie, die Gespräche länger erhalten zu können, als ich es wollte.

»Und du meinst, die suchen immer noch?«, meinte ich unsicher zu Jasmine und beäugte das Datum vom Flyer. Bereits über eine Woche war vergangen, seitdem wir wieder hier waren und der Flyer schien schon ausgelegt worden zu sein, als wir uns noch in Neuseeland befunden hatten.

»Mit Sicherheit! Es waren zwar nur noch wenige auf dem Tresen übrig, aber an deiner Stelle würde ich morgen Mittag nach deiner ersten Vorlesung einfach einmal nachfragen. Die suchen bestimmt mehr als genug Leute. Ich bezweifle, dass die selbst mit diesem Andrang gerechnet haben«, erwiderte Jazz ermutigend. »Hinzukommt, dass die wirklich vieles anbieten. Neben Süßspeisen, kann man bei denen auch Frühstücken oder sich zur Mittagszeit eine Lunchbowl zusammenstellen. Und eines sei dir gesagt, die Marketingstrategie von denen ist echt schlau. Die bieten sowohl sündenhaft zuckerhaltige Köstlichkeiten sowie sehr gesunde frische Kleinigkeiten an.«

»Das klingt interessant«, stimmt ich ihr zu. »Vielleicht erhält man bei denen auch Prozente für eigene Bestellungen, das wäre perfekt für mich.«

»Und für mich«, ergänzte Jazz und zwinkerte mir zu. »Der Blaubeermuffin jedenfalls schmeckt himmlisch.« Mit einer gespielten Traurigkeit blickte sie auf das leere Papier hinab und warf es in die Tüte. »Nur leider war das Vergnügen viel zu kurz.«

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