»Vorlesungszeit«

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Als Entschuldigung heute ein extralanges Kapitel, 

inklusive Gefühlschaos und Wendungen


Mit einem unordentlich zusammengebundenen Dutt flitzte ich durch den langen Flur der Universität und hechtete mit einer eindeutig zu eng genommenen Kurve um die nächste Ecke. Nach Luft ringend, schlüpfte ich gerade noch vor dem offiziellen Beginn der Vorlesung durch die Tür und atmete erleichtert aus. Mit einem klebrigen Pullover an meinem Rücken, ließ ich mich auf den erst besten Platz fallen und bemerkte gar nicht die allzu vertraute Gestalt neben mir.

»So sieht man sich wieder, nicht wahr?«, erklang die düstere Stimme von Nick und ein vergnügtes Lächeln zierte seine Lippen. »Auch wenn du selbst nicht danach verlangst, so findest du doch immer zu mir.«

»Könnten wir es einfach dabei belassen, dass du deine Klappe hältst?«, entgegnete ich nur genervt und drehte mich von ihm weg. Ich wollte ihm nicht die Genugtuung geben, zu sehen, wie dreckig es mir in Wirklichkeit ging. Nick Claster war die letzte Person in meinem Leben, die es verdiente zu wissen, was ich in meinem Inneren leider immer noch für ihn empfand. Dieses Anrecht hatte er ohne zu überlegen ausgeschlagen, ohne dass ich es ihn jemals angeboten hatte und er würde es auch nie wieder zurückerhalten. Die Überraschung hatte mir zwar gezeigt, dass ich nichts romantisches mehr für ihn fühlte und er mir diesbezüglich egal war, doch sein Betrug formte den hinterlistigen Charakter von ihm. Ich traute ihm einfach nicht mehr über den Weg und das bedeutete, dass ich ihn auf gar keinen Fall auf das Geschenk ansprechen würde. Für ihn wäre es eine Reaktion, die ihm bestätigte, dass ich mir Gedanken um ihn machte, obwohl dies nicht der Fall war. Zumindest nicht in der Art und Weise wie er es zu provozieren versuchte. Alles an ihm ließ meine Alarmglocken schrillen und sobald ich ihn sah, begleitete mich ein unwohles Gefühl. Eine Empfindung, die mich bedrückte und mir Unsicherheit einhauchte. Eine Gegebenheit, von der ich mir wünschte, sie würde nicht existieren und doch führt mir genau diese Verunsicherung den schlimmen Betrug vor Augen. Ein Verrat, der nichts als Hass in mir auslöste, sobald ich Nicks Gesicht erblickte und eine Tat, an der ich eigentlich keine Gedanken mehr verschenken wollte. Und doch passierte es. Zuhause in den eigenen vier Wänden war ich der festen Überzeugung, dass es vorüber war, doch wenn ich hier sitze und er so nahe bei mir ist, so bin ich mir nicht mehr so sicher.

»Hmm...mit dieser Antwort hatte ich schon gerechnet«, meinte er nur und warf mir aus seinen Augen einen belustigten Blick zu. »Aber was kümmert es mich schon? Denkst du wirklich ich laufe einer wie dir auf ewig hinterher?« Mit hochgezogener Augenbraue entblößte er ein kaltes Lachen. »Keine Sorge, ich habe bereits eine viel reizendere Dame kennengelernt.«

»Wie schön für dich.« Mit voller Hass warf ich ihm diese Worte entgegen, während mein Herz zu bröckeln begann. Wie konnte er nur so hinterlistig sein? Alles an ihm widersprach sich und ich konnte nicht verstehen, wie er noch wenige Tage zuvor vor meiner Tür hatte stehen können, um mir zu sagen, dass er meinen Entschluss nicht einfach so hinnahm. Seit Tagen hatte ich mir den Kopf darüber zerbrochen, nur um jetzt zu erfahren, dass ich ihm vollkommen egal war? War die Überraschung nur sein Trumpf gewesen, um sich erneut in meine Gedanken zu schleichen? Um mich noch mehr zu demütigen, als er es ohnehin schon tat?

»Dann sind wir immerhin gleich auf«, platzte es aus mir heraus, bevor ich genauer darüber nachdenken konnte. Instinktiv schlug ich mir peinlich berührt die Hand vor dem Mund, doch dann sah ich seinen auf mich gerichteten, überraschten Blick. Entschlossen sprach ich weiter, während meine Augen nichts als Kälte verkörperten. Er war derjenige, der mein Herz verdorben hat. Er war Schuld an all dem Drama, also warum sollte ich ihm zeigen, dass er mich mit seinen Worten immer noch verletzten konnte? Es war Zeit, sich nicht alles von ihm gefallen zu lassen.

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